frau einige Tropfen eines bewährten Elixirs hin¬ eingethan, genoß, that sie alles dies unter den Schleiern, ohne sie nur im mindesten zu lüpfen. "Ihr habt doch, mein lieber, alter Herr!" wandte sich die Aebtissin zum Bürgermeister, "ihr habt doch Alles so bereitet, wie es gewünscht worden?" "Ja wohl," erwiederte der Alte, "ja wohl! ich hoffe, mein durchlauchtigster Fürst soll mit mir zufrieden seyn, so wie die Dame, für die ich Alles zu thun bereit bin, was nur in meinen Kräften steht." "So laßt mich," fuhr die Aebtissin fort, "mit meinem armen Kinde noch einige Augenblicke allein." Die Familie mußte das Zimmer verlassen. Man hörte, wie die Aebtissin eifrig und salbungs¬ voll der Dame zusprach, und wie diese endlich auch zu reden begann mit einem Ton, der tief bis in's Herz drang. Ohne gerade zu horchen, blieb denn doch die Hausfrau an der Thüre des Zimmers ste¬ hen, indessen wurde italiänisch gesprochen, und selbst dies machte für sie den ganzen Auftritt geheim¬ nißvoller und vermehrte die Beklommenheit, welche
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frau einige Tropfen eines bewaͤhrten Elixirs hin¬ eingethan, genoß, that ſie alles dies unter den Schleiern, ohne ſie nur im mindeſten zu luͤpfen. „Ihr habt doch, mein lieber, alter Herr!“ wandte ſich die Aebtiſſin zum Buͤrgermeiſter, „ihr habt doch Alles ſo bereitet, wie es gewuͤnſcht worden?“ „Ja wohl,“ erwiederte der Alte, „ja wohl! ich hoffe, mein durchlauchtigſter Fuͤrſt ſoll mit mir zufrieden ſeyn, ſo wie die Dame, fuͤr die ich Alles zu thun bereit bin, was nur in meinen Kraͤften ſteht.“ „So laßt mich,“ fuhr die Aebtiſſin fort, „mit meinem armen Kinde noch einige Augenblicke allein.“ Die Familie mußte das Zimmer verlaſſen. Man hoͤrte, wie die Aebtiſſin eifrig und ſalbungs¬ voll der Dame zuſprach, und wie dieſe endlich auch zu reden begann mit einem Ton, der tief bis in's Herz drang. Ohne gerade zu horchen, blieb denn doch die Hausfrau an der Thuͤre des Zimmers ſte¬ hen, indeſſen wurde italiaͤniſch geſprochen, und ſelbſt dies machte fuͤr ſie den ganzen Auftritt geheim¬ nißvoller und vermehrte die Beklommenheit, welche
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frau einige Tropfen eines bewaͤhrten Elixirs hin¬
eingethan, genoß, that ſie alles dies unter den
Schleiern, ohne ſie nur im mindeſten zu luͤpfen.
„Ihr habt doch, mein lieber, alter Herr!“ wandte
ſich die Aebtiſſin zum Buͤrgermeiſter, „ihr habt doch
Alles ſo bereitet, wie es gewuͤnſcht worden?“ „Ja
wohl,“ erwiederte der Alte, „ja wohl! ich hoffe,
mein durchlauchtigſter Fuͤrſt ſoll mit mir zufrieden
ſeyn, ſo wie die Dame, fuͤr die ich Alles zu
thun bereit bin, was nur in meinen Kraͤften
ſteht.“ „So laßt mich,“ fuhr die Aebtiſſin fort,
„mit meinem armen Kinde noch einige Augenblicke
allein.“ Die Familie mußte das Zimmer verlaſſen.
Man hoͤrte, wie die Aebtiſſin eifrig und ſalbungs¬
voll der Dame zuſprach, und wie dieſe endlich auch
zu reden begann mit einem Ton, der tief bis in's
Herz drang. Ohne gerade zu horchen, blieb denn
doch die Hausfrau an der Thuͤre des Zimmers ſte¬
hen, indeſſen wurde italiaͤniſch geſprochen, und ſelbſt
dies machte fuͤr ſie den ganzen Auftritt geheim¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/265>, abgerufen am 24.11.2024.
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