deten, trieben auch den jungen Freiherrn Hubert fort in die Welt. So hatte der Großonkel Alles erzählt, nun nahm er meine Hand und sprach, in¬ dem ihm volle Thränen in die Augen traten, mit sehr weicher Stimme: "Vetter -- Vetter -- auch sie, die holde Frau, hat das böse Verhäng¬ niß, die unheimliche Macht, die dort auf dem Stammschlosse hauset, ereilt! Zwei Tage nachdem wir R..sitten verlassen, veranstaltete der Frei¬ herr zum Beschluß eine Schlittenfarth. Er selbst fährt seine Gemahlin, doch, als es Thalabwärts geht, reißen die Pferde plötzlich auf unbegreifliche Weise scheu geworden aus in vollem wüthenden Schnauben und Toben. "Der Alte -- der Alte ist hinter uns her," schreit die Baronin auf mit schneidender Stimme! In dem Augenblick wird sie durch den Stoß, der den Schlitten umwirft, weit fortgeschleudert. -- Man findet sie leblos -- sie ist hin! -- Der Freiherr kann sich nimmer trösten, seine Ruhe ist die eines Sterbenden! -- Nimmer kommen wir wieder nach R..sitten, Vetter! --
deten, trieben auch den jungen Freiherrn Hubert fort in die Welt. So hatte der Großonkel Alles erzaͤhlt, nun nahm er meine Hand und ſprach, in¬ dem ihm volle Thraͤnen in die Augen traten, mit ſehr weicher Stimme: „Vetter — Vetter — auch ſie, die holde Frau, hat das boͤſe Verhaͤng¬ niß, die unheimliche Macht, die dort auf dem Stammſchloſſe hauſet, ereilt! Zwei Tage nachdem wir R..ſitten verlaſſen, veranſtaltete der Frei¬ herr zum Beſchluß eine Schlittenfarth. Er ſelbſt faͤhrt ſeine Gemahlin, doch, als es Thalabwaͤrts geht, reißen die Pferde ploͤtzlich auf unbegreifliche Weiſe ſcheu geworden aus in vollem wuͤthenden Schnauben und Toben. „Der Alte — der Alte iſt hinter uns her,“ ſchreit die Baronin auf mit ſchneidender Stimme! In dem Augenblick wird ſie durch den Stoß, der den Schlitten umwirft, weit fortgeſchleudert. — Man findet ſie leblos — ſie iſt hin! — Der Freiherr kann ſich nimmer troͤſten, ſeine Ruhe iſt die eines Sterbenden! — Nimmer kommen wir wieder nach R..ſitten, Vetter! —
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fort in die Welt. So hatte der Großonkel Alles
erzaͤhlt, nun nahm er meine Hand und ſprach, in¬
dem ihm volle Thraͤnen in die Augen traten, mit
ſehr weicher Stimme: „Vetter — Vetter —
auch ſie, die holde Frau, hat das boͤſe Verhaͤng¬
niß, die unheimliche Macht, die dort auf dem
Stammſchloſſe hauſet, ereilt! Zwei Tage nachdem
wir R..ſitten verlaſſen, veranſtaltete der Frei¬
herr zum Beſchluß eine Schlittenfarth. Er ſelbſt
faͤhrt ſeine Gemahlin, doch, als es Thalabwaͤrts
geht, reißen die Pferde ploͤtzlich auf unbegreifliche
Weiſe ſcheu geworden aus in vollem wuͤthenden
Schnauben und Toben. „Der Alte — der Alte iſt
hinter uns her,“ ſchreit die Baronin auf mit
ſchneidender Stimme! In dem Augenblick wird
ſie durch den Stoß, der den Schlitten umwirft,
weit fortgeſchleudert. — Man findet ſie leblos —
ſie iſt hin! — Der Freiherr kann ſich nimmer troͤſten,
ſeine Ruhe iſt die eines Sterbenden! — Nimmer
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/258>, abgerufen am 24.11.2024.
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