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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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murmelte Hubert, indem er seitwärts wegblickte
und die Büchse anlegte. "Ja, wegschaffen,"
grinzte Daniel, "aber nicht so, nicht so" --
Nun vermaß er sich hoch und theuer, er werde den
Freiherrn ermorden und kein Hahn solle darnach
krähen. Hubert, als er endlich Geld erhalten,
that der Anschlag leid, er wollte fort, um jeder
weitern Versuchung zu widerstehen. Daniel selbst
sattelte in der Nacht das Pferd und führte es aus
dem Stalle, als aber der Baron sich aufschwingen
wollte, sprach Daniel mit schneidender Stimme:
"Ich dächte, Freiherr Hubert, du bliebst auf dem
Majorat, das dir in diesem Augenblick zugefallen,
denn der stolze Majoratsherr liegt zerschmettert in
der Gruft des Thurms!" -- Daniel hatte beobach¬
tet, daß, von Golddurst geplagt, Wolffgang oft
in der Nacht aufstand, vor die Thür trat, die sonst
zum Thurme führte und mit sehnsüchtigen Blicken
hinabschaute in die Tiefe, die nach Daniels Versi¬
cherung noch bedeutende Schätze bergen sollte.
Darauf gefaßt stand in jener verhängnißvollen

murmelte Hubert, indem er ſeitwaͤrts wegblickte
und die Buͤchſe anlegte. „Ja, wegſchaffen,“
grinzte Daniel, „aber nicht ſo, nicht ſo“ —
Nun vermaß er ſich hoch und theuer, er werde den
Freiherrn ermorden und kein Hahn ſolle darnach
kraͤhen. Hubert, als er endlich Geld erhalten,
that der Anſchlag leid, er wollte fort, um jeder
weitern Verſuchung zu widerſtehen. Daniel ſelbſt
ſattelte in der Nacht das Pferd und fuͤhrte es aus
dem Stalle, als aber der Baron ſich aufſchwingen
wollte, ſprach Daniel mit ſchneidender Stimme:
„Ich daͤchte, Freiherr Hubert, du bliebſt auf dem
Majorat, das dir in dieſem Augenblick zugefallen,
denn der ſtolze Majoratsherr liegt zerſchmettert in
der Gruft des Thurms!“ — Daniel hatte beobach¬
tet, daß, von Golddurſt geplagt, Wolffgang oft
in der Nacht aufſtand, vor die Thuͤr trat, die ſonſt
zum Thurme fuͤhrte und mit ſehnſuͤchtigen Blicken
hinabſchaute in die Tiefe, die nach Daniels Verſi¬
cherung noch bedeutende Schaͤtze bergen ſollte.
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[248/0256] murmelte Hubert, indem er ſeitwaͤrts wegblickte und die Buͤchſe anlegte. „Ja, wegſchaffen,“ grinzte Daniel, „aber nicht ſo, nicht ſo“ — Nun vermaß er ſich hoch und theuer, er werde den Freiherrn ermorden und kein Hahn ſolle darnach kraͤhen. Hubert, als er endlich Geld erhalten, that der Anſchlag leid, er wollte fort, um jeder weitern Verſuchung zu widerſtehen. Daniel ſelbſt ſattelte in der Nacht das Pferd und fuͤhrte es aus dem Stalle, als aber der Baron ſich aufſchwingen wollte, ſprach Daniel mit ſchneidender Stimme: „Ich daͤchte, Freiherr Hubert, du bliebſt auf dem Majorat, das dir in dieſem Augenblick zugefallen, denn der ſtolze Majoratsherr liegt zerſchmettert in der Gruft des Thurms!“ — Daniel hatte beobach¬ tet, daß, von Golddurſt geplagt, Wolffgang oft in der Nacht aufſtand, vor die Thuͤr trat, die ſonſt zum Thurme fuͤhrte und mit ſehnſuͤchtigen Blicken hinabſchaute in die Tiefe, die nach Daniels Verſi¬ cherung noch bedeutende Schaͤtze bergen ſollte. Darauf gefaßt ſtand in jener verhaͤngnißvollen

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/256>, abgerufen am 24.11.2024.