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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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ein Wesen heimzuführen, die in jeder Hinsicht der
größten Opfer würdig sey.

Die geheimnißvolle Art, wie der Freiherr sich
über das vielleicht schon ins Geheim geschlossene
Bündniß äußerte, schnitt dem Justitiarius jede weitere
Frage ab, indessen fand er sich durch die Entschei¬
dung des Freiherrn in sofern beruhigt, als er wirk¬
lich in seinem Streben nach Reichthum mehr die
Begier, eine geliebte Person, das schönere Vater¬
land, dem sie entsagen mußte, ganz vergessen zu
lassen, als eigentlichen Geiz, finden wollte. Für
geizig, wenigstens für unausstehlich habsüchtig
mußte er sonst den Baron halten, der, im Golde
wühlend, die alten Friedrichsd'or beäugelnd, sich
nicht enthalten konnte, mürrisch aufzufahren: "Der
alte Hallunke hat uns gewiß den reichsten Schatz
verschwiegen, aber künftigen Frühling laß' ich den
Thurm ausräumen unter meinen Augen. --

Baumeister kamen, mit denen der Freiherr weit¬
läuftig überlegte, wie mit dem Bau am zweckmäßig¬

ein Weſen heimzufuͤhren, die in jeder Hinſicht der
groͤßten Opfer wuͤrdig ſey.

Die geheimnißvolle Art, wie der Freiherr ſich
uͤber das vielleicht ſchon ins Geheim geſchloſſene
Buͤndniß aͤußerte, ſchnitt dem Juſtitiarius jede weitere
Frage ab, indeſſen fand er ſich durch die Entſchei¬
dung des Freiherrn in ſofern beruhigt, als er wirk¬
lich in ſeinem Streben nach Reichthum mehr die
Begier, eine geliebte Perſon, das ſchoͤnere Vater¬
land, dem ſie entſagen mußte, ganz vergeſſen zu
laſſen, als eigentlichen Geiz, finden wollte. Fuͤr
geizig, wenigſtens fuͤr unausſtehlich habſuͤchtig
mußte er ſonſt den Baron halten, der, im Golde
wuͤhlend, die alten Friedrichsd'or beaͤugelnd, ſich
nicht enthalten konnte, muͤrriſch aufzufahren: „Der
alte Hallunke hat uns gewiß den reichſten Schatz
verſchwiegen, aber kuͤnftigen Fruͤhling laß' ich den
Thurm ausraͤumen unter meinen Augen. —

Baumeiſter kamen, mit denen der Freiherr weit¬
laͤuftig uͤberlegte, wie mit dem Bau am zweckmaͤßig¬

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[192/0200] ein Weſen heimzufuͤhren, die in jeder Hinſicht der groͤßten Opfer wuͤrdig ſey. Die geheimnißvolle Art, wie der Freiherr ſich uͤber das vielleicht ſchon ins Geheim geſchloſſene Buͤndniß aͤußerte, ſchnitt dem Juſtitiarius jede weitere Frage ab, indeſſen fand er ſich durch die Entſchei¬ dung des Freiherrn in ſofern beruhigt, als er wirk¬ lich in ſeinem Streben nach Reichthum mehr die Begier, eine geliebte Perſon, das ſchoͤnere Vater¬ land, dem ſie entſagen mußte, ganz vergeſſen zu laſſen, als eigentlichen Geiz, finden wollte. Fuͤr geizig, wenigſtens fuͤr unausſtehlich habſuͤchtig mußte er ſonſt den Baron halten, der, im Golde wuͤhlend, die alten Friedrichsd'or beaͤugelnd, ſich nicht enthalten konnte, muͤrriſch aufzufahren: „Der alte Hallunke hat uns gewiß den reichſten Schatz verſchwiegen, aber kuͤnftigen Fruͤhling laß' ich den Thurm ausraͤumen unter meinen Augen. — Baumeiſter kamen, mit denen der Freiherr weit¬ laͤuftig uͤberlegte, wie mit dem Bau am zweckmaͤßig¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/200>, abgerufen am 17.05.2024.