klangen im lauten Jubel -- Entzücken und Verzweif¬ lung spalteten mir das Herz, -- die Glut des Weins flammte in mir auf, alles drehte sich in Kreisen, es war, als müßte ich vor Aller Augen hinstürzen zu ihren Füßen, und mein Leben aushauchen! -- "Was ist Ihnen, lieber Freund?" Diese Frage meines Nachbars gab mir die Besinnung wieder, aber Se¬ raphine war verschwunden. -- Die Tafel wurde aufgehoben. Ich wollte fort, Adelheid hielt mich fest, sie sprach allerley, ich hörte, ich verstand kein Wort -- sie faßte mich bei beiden Händen, und rief mir laut lachend etwas in die Ohren -- Wie von der Starrsucht gelähmt, blieb ich stumm und re¬ gungslos. Ich weiß nur, daß ich endlich mecha¬ nisch ein Glas Likör aus Adelheids Hand nahm, und es austrank, daß ich mich einsam in einem Fenster wiederfand, daß ich dann hinausstürzte aus dem Saal, die Treppe hinab, und hinaus lief in den Wald. In dichten Flocken fiel der Schnee herab, die Föhren seufzten vom Sturm bewegt; wie ein Wahnsinniger sprang ich umher in weiten Kreisen,
klangen im lauten Jubel — Entzuͤcken und Verzweif¬ lung ſpalteten mir das Herz, — die Glut des Weins flammte in mir auf, alles drehte ſich in Kreiſen, es war, als muͤßte ich vor Aller Augen hinſtuͤrzen zu ihren Fuͤßen, und mein Leben aushauchen! — „Was iſt Ihnen, lieber Freund?“ Dieſe Frage meines Nachbars gab mir die Beſinnung wieder, aber Se¬ raphine war verſchwunden. — Die Tafel wurde aufgehoben. Ich wollte fort, Adelheid hielt mich feſt, ſie ſprach allerley, ich hoͤrte, ich verſtand kein Wort — ſie faßte mich bei beiden Haͤnden, und rief mir laut lachend etwas in die Ohren — Wie von der Starrſucht gelaͤhmt, blieb ich ſtumm und re¬ gungslos. Ich weiß nur, daß ich endlich mecha¬ niſch ein Glas Likoͤr aus Adelheids Hand nahm, und es austrank, daß ich mich einſam in einem Fenſter wiederfand, daß ich dann hinausſtuͤrzte aus dem Saal, die Treppe hinab, und hinaus lief in den Wald. In dichten Flocken fiel der Schnee herab, die Foͤhren ſeufzten vom Sturm bewegt; wie ein Wahnſinniger ſprang ich umher in weiten Kreiſen,
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klangen im lauten Jubel — Entzuͤcken und Verzweif¬
lung ſpalteten mir das Herz, — die Glut des Weins
flammte in mir auf, alles drehte ſich in Kreiſen, es
war, als muͤßte ich vor Aller Augen hinſtuͤrzen zu
ihren Fuͤßen, und mein Leben aushauchen! — „Was
iſt Ihnen, lieber Freund?“ Dieſe Frage meines
Nachbars gab mir die Beſinnung wieder, aber Se¬
raphine war verſchwunden. — Die Tafel wurde
aufgehoben. Ich wollte fort, Adelheid hielt mich
feſt, ſie ſprach allerley, ich hoͤrte, ich verſtand kein
Wort — ſie faßte mich bei beiden Haͤnden, und rief
mir laut lachend etwas in die Ohren — Wie von
der Starrſucht gelaͤhmt, blieb ich ſtumm und re¬
gungslos. Ich weiß nur, daß ich endlich mecha¬
niſch ein Glas Likoͤr aus Adelheids Hand nahm, und
es austrank, daß ich mich einſam in einem Fenſter
wiederfand, daß ich dann hinausſtuͤrzte aus dem
Saal, die Treppe hinab, und hinaus lief in den
Wald. In dichten Flocken fiel der Schnee herab,
die Foͤhren ſeufzten vom Sturm bewegt; wie ein
Wahnſinniger ſprang ich umher in weiten Kreiſen,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/174>, abgerufen am 28.11.2024.
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