Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

und ich sah nur den albernen Knaben, der in kin¬
discher Verkehrtheit die papierne Krone, die er sich
auf den heißen Kopf stülpte, für ächtes Gold ge¬
halten. -- Ich eilte zum Alten, der schon auf
mich wartete. "Nun Vetter, wo bleibst du denn,
wo bleibst du denn?" rief er mir entgegen. "Ich
habe mit dem Baron gesprochen," warf ich schnell
und leise hin, ohne den Alten anschauen zu kön¬
nen. "Tausend Sapperlot!" -- sprach der Alte
wie verwundert, "Tausend Sapperlot, dacht' ich's
doch gleich! -- der Baron hat dich gewiß her¬
ausgefordert, Vetter?" -- Das schallende Geläch¬
ter, das der Alte gleich hinterher aufschlug, be¬
wies mir, daß er auch dieses Mal, wie immer,
ganz und gar mich durchschaute -- Ich biß die
Zähne zusammen -- ich mochte kein Wort erwi¬
dern, denn wohl wußt' ich, daß es dessen nur be¬
durfte, um sogleich von den tausend Neckereien
überschüttet zu werden, die schon auf des Alten
Lippen schwebten.

L 2

und ich ſah nur den albernen Knaben, der in kin¬
diſcher Verkehrtheit die papierne Krone, die er ſich
auf den heißen Kopf ſtuͤlpte, fuͤr aͤchtes Gold ge¬
halten. — Ich eilte zum Alten, der ſchon auf
mich wartete. „Nun Vetter, wo bleibſt du denn,
wo bleibſt du denn?“ rief er mir entgegen. „Ich
habe mit dem Baron geſprochen,“ warf ich ſchnell
und leiſe hin, ohne den Alten anſchauen zu koͤn¬
nen. „Tauſend Sapperlot!“ — ſprach der Alte
wie verwundert, „Tauſend Sapperlot, dacht' ich's
doch gleich! — der Baron hat dich gewiß her¬
ausgefordert, Vetter?“ — Das ſchallende Gelaͤch¬
ter, das der Alte gleich hinterher aufſchlug, be¬
wies mir, daß er auch dieſes Mal, wie immer,
ganz und gar mich durchſchaute — Ich biß die
Zaͤhne zuſammen — ich mochte kein Wort erwi¬
dern, denn wohl wußt' ich, daß es deſſen nur be¬
durfte, um ſogleich von den tauſend Neckereien
uͤberſchuͤttet zu werden, die ſchon auf des Alten
Lippen ſchwebten.

L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0171" n="163"/>
und ich &#x017F;ah nur den albernen Knaben, der in kin¬<lb/>
di&#x017F;cher Verkehrtheit die papierne Krone, die er &#x017F;ich<lb/>
auf den heißen Kopf &#x017F;tu&#x0364;lpte, fu&#x0364;r a&#x0364;chtes Gold ge¬<lb/>
halten. &#x2014; Ich eilte zum Alten, der &#x017F;chon auf<lb/>
mich wartete. &#x201E;Nun Vetter, wo bleib&#x017F;t du denn,<lb/>
wo bleib&#x017F;t du denn?&#x201C; rief er mir entgegen. &#x201E;Ich<lb/>
habe mit dem Baron ge&#x017F;prochen,&#x201C; warf ich &#x017F;chnell<lb/>
und lei&#x017F;e hin, ohne den Alten an&#x017F;chauen zu ko&#x0364;<lb/>
nen. &#x201E;Tau&#x017F;end Sapperlot!&#x201C; &#x2014; &#x017F;prach der Alte<lb/>
wie verwundert, &#x201E;Tau&#x017F;end Sapperlot, dacht' ich's<lb/>
doch gleich! &#x2014; der Baron hat dich gewiß her¬<lb/>
ausgefordert, Vetter?&#x201C; &#x2014; Das &#x017F;challende Gela&#x0364;ch¬<lb/>
ter, das der Alte gleich hinterher auf&#x017F;chlug, be¬<lb/>
wies mir, daß er auch die&#x017F;es Mal, wie immer,<lb/>
ganz und gar mich durch&#x017F;chaute &#x2014; Ich biß die<lb/>
Za&#x0364;hne zu&#x017F;ammen &#x2014; ich mochte kein Wort erwi¬<lb/>
dern, denn wohl wußt' ich, daß es de&#x017F;&#x017F;en nur be¬<lb/>
durfte, um &#x017F;ogleich von den tau&#x017F;end Neckereien<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;chu&#x0364;ttet zu werden, die &#x017F;chon auf des Alten<lb/>
Lippen &#x017F;chwebten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">L 2<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0171] und ich ſah nur den albernen Knaben, der in kin¬ diſcher Verkehrtheit die papierne Krone, die er ſich auf den heißen Kopf ſtuͤlpte, fuͤr aͤchtes Gold ge¬ halten. — Ich eilte zum Alten, der ſchon auf mich wartete. „Nun Vetter, wo bleibſt du denn, wo bleibſt du denn?“ rief er mir entgegen. „Ich habe mit dem Baron geſprochen,“ warf ich ſchnell und leiſe hin, ohne den Alten anſchauen zu koͤn¬ nen. „Tauſend Sapperlot!“ — ſprach der Alte wie verwundert, „Tauſend Sapperlot, dacht' ich's doch gleich! — der Baron hat dich gewiß her¬ ausgefordert, Vetter?“ — Das ſchallende Gelaͤch¬ ter, das der Alte gleich hinterher aufſchlug, be¬ wies mir, daß er auch dieſes Mal, wie immer, ganz und gar mich durchſchaute — Ich biß die Zaͤhne zuſammen — ich mochte kein Wort erwi¬ dern, denn wohl wußt' ich, daß es deſſen nur be¬ durfte, um ſogleich von den tauſend Neckereien uͤberſchuͤttet zu werden, die ſchon auf des Alten Lippen ſchwebten. L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/171
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/171>, abgerufen am 22.11.2024.