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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Freund! meine Frau, der sie so arg mitgespielt
haben, ohne es zu wollen, die müssen Sie wie¬
der herstellen, -- Sie allein können das." Ich
fühlte mich erröthend, und stand ich dem Spiegel
gegenüber, so erblickte ich gewiß in demselben ein
sehr albernes verdutztes Gesicht. Der Baron schien
sich an meiner Verlegenheit zu weiden, er blickte
mir unverwandt ins Auge mit einem recht fata¬
len ironischen Lächeln. "Wie in aller Welt sollte
ich es anfangen," stotterte ich endlich mühsam her¬
aus. "Nun, nun," unterbrach mich der Baron,
"Sie haben es mit keiner gefährlichen Patientin
zu thun. Ich nehme jetzt ausdrücklich Ihre Kunst
in Anspruch. Die Baronin ist nun einmal her¬
eingezogen in den Zauberkreis Ihrer Musik, und
sie plötzlich heraus zu reißen, würde thörigt und
grausam seyn. Setzen Sie die Musik fort. Sie
werden zur Abendstunde in den Zimmern meiner
Frau jedesmal willkommen seyn. Aber gehen Sie
nach und nach über zu kräftigerer Musik, verbin¬
den Sie geschickt das Heitere mit dem Ernsten --

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Freund! meine Frau, der ſie ſo arg mitgeſpielt
haben, ohne es zu wollen, die muͤſſen Sie wie¬
der herſtellen, — Sie allein koͤnnen das.“ Ich
fuͤhlte mich erroͤthend, und ſtand ich dem Spiegel
gegenuͤber, ſo erblickte ich gewiß in demſelben ein
ſehr albernes verdutztes Geſicht. Der Baron ſchien
ſich an meiner Verlegenheit zu weiden, er blickte
mir unverwandt ins Auge mit einem recht fata¬
len ironiſchen Laͤcheln. „Wie in aller Welt ſollte
ich es anfangen,“ ſtotterte ich endlich muͤhſam her¬
aus. „Nun, nun,“ unterbrach mich der Baron,
„Sie haben es mit keiner gefaͤhrlichen Patientin
zu thun. Ich nehme jetzt ausdruͤcklich Ihre Kunſt
in Anſpruch. Die Baronin iſt nun einmal her¬
eingezogen in den Zauberkreis Ihrer Muſik, und
ſie ploͤtzlich heraus zu reißen, wuͤrde thoͤrigt und
grauſam ſeyn. Setzen Sie die Muſik fort. Sie
werden zur Abendſtunde in den Zimmern meiner
Frau jedesmal willkommen ſeyn. Aber gehen Sie
nach und nach uͤber zu kraͤftigerer Muſik, verbin¬
den Sie geſchickt das Heitere mit dem Ernſten —

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[161/0169] Freund! meine Frau, der ſie ſo arg mitgeſpielt haben, ohne es zu wollen, die muͤſſen Sie wie¬ der herſtellen, — Sie allein koͤnnen das.“ Ich fuͤhlte mich erroͤthend, und ſtand ich dem Spiegel gegenuͤber, ſo erblickte ich gewiß in demſelben ein ſehr albernes verdutztes Geſicht. Der Baron ſchien ſich an meiner Verlegenheit zu weiden, er blickte mir unverwandt ins Auge mit einem recht fata¬ len ironiſchen Laͤcheln. „Wie in aller Welt ſollte ich es anfangen,“ ſtotterte ich endlich muͤhſam her¬ aus. „Nun, nun,“ unterbrach mich der Baron, „Sie haben es mit keiner gefaͤhrlichen Patientin zu thun. Ich nehme jetzt ausdruͤcklich Ihre Kunſt in Anſpruch. Die Baronin iſt nun einmal her¬ eingezogen in den Zauberkreis Ihrer Muſik, und ſie ploͤtzlich heraus zu reißen, wuͤrde thoͤrigt und grauſam ſeyn. Setzen Sie die Muſik fort. Sie werden zur Abendſtunde in den Zimmern meiner Frau jedesmal willkommen ſeyn. Aber gehen Sie nach und nach uͤber zu kraͤftigerer Muſik, verbin¬ den Sie geſchickt das Heitere mit dem Ernſten — L

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/169>, abgerufen am 17.05.2024.