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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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Ehe ich, günstiger Leser! Dir zu erzählen fort¬
fahre, was sich weiter mit dem unglücklichen Na¬
thanael zugetragen, kann ich Dir, solltest Du
einigen Antheil an dem geschickten Mechanikus und
Automat-Fabrikanten Spalanzani nehmen,
versichern, daß er von seinen Wunden völlig geheilt
wurde. Er mußte indeß die Universität verlassen,
weil Nathanael's Geschichte Aufsehen erregt
hatte und es allgemein für gänzlich unerlaubten
Betrug gehalten wurde, vernünftigen Theezirkeln
(Olimpia hatte sie mit Glück besucht) statt der
lebendigen Person eine Holzpuppe einzuschwärzen.
Juristen nannten es sogar einen feinen und um so
härter zu bestrafenden Betrug, als er gegen das
Publikum gerichtet und so schlau angelegt worden,
daß kein Mensch (ganz kluge Studenten ausge¬
nommen) es gemerkt habe, unerachtet jetzt alle
weise thun und sich auf allerlei Thatsachen beru¬
fen wollten, die ihnen verdächtig vorgekommen.
Diese letzteren brachten aber eigentlich nichts ge¬
scheutes zu Tage. Denn konnte z. B. wohl irgend

Ehe ich, guͤnſtiger Leſer! Dir zu erzaͤhlen fort¬
fahre, was ſich weiter mit dem ungluͤcklichen Na¬
thanael zugetragen, kann ich Dir, ſollteſt Du
einigen Antheil an dem geſchickten Mechanikus und
Automat-Fabrikanten Spalanzani nehmen,
verſichern, daß er von ſeinen Wunden voͤllig geheilt
wurde. Er mußte indeß die Univerſitaͤt verlaſſen,
weil Nathanael's Geſchichte Aufſehen erregt
hatte und es allgemein fuͤr gaͤnzlich unerlaubten
Betrug gehalten wurde, vernuͤnftigen Theezirkeln
(Olimpia hatte ſie mit Gluͤck beſucht) ſtatt der
lebendigen Perſon eine Holzpuppe einzuſchwaͤrzen.
Juriſten nannten es ſogar einen feinen und um ſo
haͤrter zu beſtrafenden Betrug, als er gegen das
Publikum gerichtet und ſo ſchlau angelegt worden,
daß kein Menſch (ganz kluge Studenten ausge¬
nommen) es gemerkt habe, unerachtet jetzt alle
weiſe thun und ſich auf allerlei Thatſachen beru¬
fen wollten, die ihnen verdaͤchtig vorgekommen.
Dieſe letzteren brachten aber eigentlich nichts ge¬
ſcheutes zu Tage. Denn konnte z. B. wohl irgend

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[74/0082] Ehe ich, guͤnſtiger Leſer! Dir zu erzaͤhlen fort¬ fahre, was ſich weiter mit dem ungluͤcklichen Na¬ thanael zugetragen, kann ich Dir, ſollteſt Du einigen Antheil an dem geſchickten Mechanikus und Automat-Fabrikanten Spalanzani nehmen, verſichern, daß er von ſeinen Wunden voͤllig geheilt wurde. Er mußte indeß die Univerſitaͤt verlaſſen, weil Nathanael's Geſchichte Aufſehen erregt hatte und es allgemein fuͤr gaͤnzlich unerlaubten Betrug gehalten wurde, vernuͤnftigen Theezirkeln (Olimpia hatte ſie mit Gluͤck beſucht) ſtatt der lebendigen Perſon eine Holzpuppe einzuſchwaͤrzen. Juriſten nannten es ſogar einen feinen und um ſo haͤrter zu beſtrafenden Betrug, als er gegen das Publikum gerichtet und ſo ſchlau angelegt worden, daß kein Menſch (ganz kluge Studenten ausge¬ nommen) es gemerkt habe, unerachtet jetzt alle weiſe thun und ſich auf allerlei Thatſachen beru¬ fen wollten, die ihnen verdaͤchtig vorgekommen. Dieſe letzteren brachten aber eigentlich nichts ge¬ ſcheutes zu Tage. Denn konnte z. B. wohl irgend

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/82>, abgerufen am 24.11.2024.