los von Olimpia's verführerischem Anblick, bis ihn Freund und Bruder Siegmund abrief in's Collegium bei dem Professor Spalanzani. Die Gardine vor dem verhängnißvollen Zimmer war dicht zugezogen, er konnte Olimpia eben so wenig hier, als die beiden folgenden Tage hin¬ durch in ihrem Zimmer, entdecken, unerachtet er kaum das Fenster verließ und fortwährend durch Coppola's Perspektiv hinüberschaute. Am dritten Tage wurden sogar die Fenster verhängt. Ganz verzweifelt und getrieben von Sehnsucht und glühendem Verlangen lief er hinaus vor's Thor. Olimpia's Gestalt schwebte vor ihm her in den Lüften und trat aus dem Gebüsch, und guckte ihn an mit großen strahlenden Augen, aus dem hellen Bach. Clara's Bild war ganz aus sei¬ nem Innern gewichen, er dachte nichts, als Olim¬ pia und klagte ganz laut und weinerlich: Ach Du mein hoher herrlicher Liebesstern, bist Du mir denn nur aufgegangen, um gleich wieder zu verschwinden, und mich zu lassen in finstrer hoff[¬] nungsloser Nacht?
los von Olimpia's verfuͤhreriſchem Anblick, bis ihn Freund und Bruder Siegmund abrief in's Collegium bei dem Profeſſor Spalanzani. Die Gardine vor dem verhaͤngnißvollen Zimmer war dicht zugezogen, er konnte Olimpia eben ſo wenig hier, als die beiden folgenden Tage hin¬ durch in ihrem Zimmer, entdecken, unerachtet er kaum das Fenſter verließ und fortwaͤhrend durch Coppola's Perſpektiv hinuͤberſchaute. Am dritten Tage wurden ſogar die Fenſter verhaͤngt. Ganz verzweifelt und getrieben von Sehnſucht und gluͤhendem Verlangen lief er hinaus vor's Thor. Olimpia's Geſtalt ſchwebte vor ihm her in den Luͤften und trat aus dem Gebuͤſch, und guckte ihn an mit großen ſtrahlenden Augen, aus dem hellen Bach. Clara's Bild war ganz aus ſei¬ nem Innern gewichen, er dachte nichts, als Olim¬ pia und klagte ganz laut und weinerlich: Ach Du mein hoher herrlicher Liebesſtern, biſt Du mir denn nur aufgegangen, um gleich wieder zu verſchwinden, und mich zu laſſen in finſtrer hoff[¬] nungsloſer Nacht?
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los von Olimpia's verfuͤhreriſchem Anblick, bis
ihn Freund und Bruder Siegmund abrief in's
Collegium bei dem Profeſſor Spalanzani.
Die Gardine vor dem verhaͤngnißvollen Zimmer
war dicht zugezogen, er konnte Olimpia eben
ſo wenig hier, als die beiden folgenden Tage hin¬
durch in ihrem Zimmer, entdecken, unerachtet er
kaum das Fenſter verließ und fortwaͤhrend durch
Coppola's Perſpektiv hinuͤberſchaute. Am
dritten Tage wurden ſogar die Fenſter verhaͤngt.
Ganz verzweifelt und getrieben von Sehnſucht und
gluͤhendem Verlangen lief er hinaus vor's Thor.
Olimpia's Geſtalt ſchwebte vor ihm her in
den Luͤften und trat aus dem Gebuͤſch, und guckte
ihn an mit großen ſtrahlenden Augen, aus dem
hellen Bach. Clara's Bild war ganz aus ſei¬
nem Innern gewichen, er dachte nichts, als Olim¬
pia und klagte ganz laut und weinerlich: Ach
Du mein hoher herrlicher Liebesſtern, biſt Du
mir denn nur aufgegangen, um gleich wieder zu
verſchwinden, und mich zu laſſen in finſtrer hoff¬
nungsloſer Nacht?
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/63>, abgerufen am 24.11.2024.
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