Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

aber hier sköne Glas" -- hatte er alle Brillen
zusammengerafft, eingesteckt und aus der Seiten¬
tasche des Rocks eine Menge großer und kleiner
Perspektive hervorgeholt. So wie die Brillen nur
fort waren, wurde Nathanael ganz ruhig und
an Clara denkend sah' er wohl ein, daß der
entsetzliche Spuk nur aus seinem Innern hervor¬
gegangen, so wie daß Coppola ein höchst ehr¬
licher Mechanicus und Opticus, keinesweges aber
Coppelii verfluchter Doppeltgänger und Reve¬
nant seyn könne. Zudem hatten alle Gläser, die
Coppola nun auf den Tisch gelegt, gar nichts
besonderes, am wenigsten so etwas gespenstisches
wie die Brillen und, um alles wieder gut zu ma¬
chen, beschloß Nathanael dem Coppola jetzt
wirklich etwas abzukaufen. Er ergriff ein kleines
sehr sauber gearbeitetes Taschenperspektiv und sah,
um es zu prüfen, durch das Fenster. Noch im
Leben war ihm kein Glas vorgekommen, das die
Gegenstände so rein, scharf und deutlich dicht
vor die Augen rückte. Unwillkührlich sah' er
hinein in Spalanzani's Zimmer; Olimpia

aber hier ſkoͤne Glas“ — hatte er alle Brillen
zuſammengerafft, eingeſteckt und aus der Seiten¬
taſche des Rocks eine Menge großer und kleiner
Perſpektive hervorgeholt. So wie die Brillen nur
fort waren, wurde Nathanael ganz ruhig und
an Clara denkend ſah' er wohl ein, daß der
entſetzliche Spuk nur aus ſeinem Innern hervor¬
gegangen, ſo wie daß Coppola ein hoͤchſt ehr¬
licher Mechanicus und Opticus, keinesweges aber
Coppelii verfluchter Doppeltgaͤnger und Reve¬
nant ſeyn koͤnne. Zudem hatten alle Glaͤſer, die
Coppola nun auf den Tiſch gelegt, gar nichts
beſonderes, am wenigſten ſo etwas geſpenſtiſches
wie die Brillen und, um alles wieder gut zu ma¬
chen, beſchloß Nathanael dem Coppola jetzt
wirklich etwas abzukaufen. Er ergriff ein kleines
ſehr ſauber gearbeitetes Taſchenperſpektiv und ſah,
um es zu pruͤfen, durch das Fenſter. Noch im
Leben war ihm kein Glas vorgekommen, das die
Gegenſtaͤnde ſo rein, ſcharf und deutlich dicht
vor die Augen ruͤckte. Unwillkuͤhrlich ſah' er
hinein in Spalanzani's Zimmer; Olimpia

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="52"/>
aber hier &#x017F;ko&#x0364;ne Glas&#x201C; &#x2014; hatte er alle Brillen<lb/>
zu&#x017F;ammengerafft, einge&#x017F;teckt und aus der Seiten¬<lb/>
ta&#x017F;che des Rocks eine Menge großer und kleiner<lb/>
Per&#x017F;pektive hervorgeholt. So wie die Brillen nur<lb/>
fort waren, wurde <hi rendition="#g">Nathanael</hi> ganz ruhig und<lb/>
an <hi rendition="#g">Clara</hi> denkend &#x017F;ah' er wohl ein, daß der<lb/>
ent&#x017F;etzliche Spuk nur aus &#x017F;einem Innern hervor¬<lb/>
gegangen, &#x017F;o wie daß <hi rendition="#g">Coppola</hi> ein ho&#x0364;ch&#x017F;t ehr¬<lb/>
licher Mechanicus und Opticus, keinesweges aber<lb/><hi rendition="#g">Coppelii</hi> verfluchter Doppeltga&#x0364;nger und Reve¬<lb/>
nant &#x017F;eyn ko&#x0364;nne. Zudem hatten alle Gla&#x0364;&#x017F;er, die<lb/><hi rendition="#g">Coppola</hi> nun auf den Ti&#x017F;ch gelegt, gar nichts<lb/>
be&#x017F;onderes, am wenig&#x017F;ten &#x017F;o etwas ge&#x017F;pen&#x017F;ti&#x017F;ches<lb/>
wie die Brillen und, um alles wieder gut zu ma¬<lb/>
chen, be&#x017F;chloß <hi rendition="#g">Nathanael</hi> dem <hi rendition="#g">Coppola</hi> jetzt<lb/>
wirklich etwas abzukaufen. Er ergriff ein kleines<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;auber gearbeitetes Ta&#x017F;chenper&#x017F;pektiv und &#x017F;ah,<lb/>
um es zu pru&#x0364;fen, durch das Fen&#x017F;ter. Noch im<lb/>
Leben war ihm kein Glas vorgekommen, das die<lb/>
Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;o rein, &#x017F;charf und deutlich dicht<lb/>
vor die Augen ru&#x0364;ckte. Unwillku&#x0364;hrlich &#x017F;ah' er<lb/>
hinein in <hi rendition="#g">Spalanzani's</hi> Zimmer; <hi rendition="#g">Olimpia</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0060] aber hier ſkoͤne Glas“ — hatte er alle Brillen zuſammengerafft, eingeſteckt und aus der Seiten¬ taſche des Rocks eine Menge großer und kleiner Perſpektive hervorgeholt. So wie die Brillen nur fort waren, wurde Nathanael ganz ruhig und an Clara denkend ſah' er wohl ein, daß der entſetzliche Spuk nur aus ſeinem Innern hervor¬ gegangen, ſo wie daß Coppola ein hoͤchſt ehr¬ licher Mechanicus und Opticus, keinesweges aber Coppelii verfluchter Doppeltgaͤnger und Reve¬ nant ſeyn koͤnne. Zudem hatten alle Glaͤſer, die Coppola nun auf den Tiſch gelegt, gar nichts beſonderes, am wenigſten ſo etwas geſpenſtiſches wie die Brillen und, um alles wieder gut zu ma¬ chen, beſchloß Nathanael dem Coppola jetzt wirklich etwas abzukaufen. Er ergriff ein kleines ſehr ſauber gearbeitetes Taſchenperſpektiv und ſah, um es zu pruͤfen, durch das Fenſter. Noch im Leben war ihm kein Glas vorgekommen, das die Gegenſtaͤnde ſo rein, ſcharf und deutlich dicht vor die Augen ruͤckte. Unwillkuͤhrlich ſah' er hinein in Spalanzani's Zimmer; Olimpia

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/60
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/60>, abgerufen am 24.11.2024.