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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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ich in Halle, es war ein großer Hornist, wir blie¬
sen Bizinien zur Nachtzeit mit einfallenden Chören
obligater Hündelein und Kater! -- Sie sollen
Dir nichts thun des ehrlichen Mords wegen --
Aber vergifte sie -- vergifte sie --" "Man ist,"
unterbrach der Doktor den sprudelnden Kapellmei¬
ster, "man ist doch schon ziemlich hoch in Jahren,
muß sich das Haar pudern seit geraumer Zeit und
doch noch vorzüglich die Musik anlangend vel
quasi
ein Hasenfuß. Man schreie nicht so, man
spreche nicht so verwegen vom sündlichen Mord
und Todschlag, man setze sich ruhig hin dort in
jenen bequemen Lehnstuhl und höre mich gelassen
an." Der Kapellmeister rief mit sehr weinerlicher
Stimme: "Was werd' ich hören und that übri¬
gens wie ihm geheißen. "Es ist, fing der Dok¬
tor an, es ist in der That in Bettina's Zu¬
stand etwas ganz sonderbares und verwunderliches.
Sie spricht laut, mit voller Kraft des Organs,
an irgend eines der gewöhnlichen Halsübel ist gar
nicht zu denken, sie ist selbst im Stande einen

ich in Halle, es war ein großer Horniſt, wir blie¬
ſen Bizinien zur Nachtzeit mit einfallenden Choͤren
obligater Huͤndelein und Kater! — Sie ſollen
Dir nichts thun des ehrlichen Mords wegen —
Aber vergifte ſie — vergifte ſie —“ „Man iſt,“
unterbrach der Doktor den ſprudelnden Kapellmei¬
ſter, „man iſt doch ſchon ziemlich hoch in Jahren,
muß ſich das Haar pudern ſeit geraumer Zeit und
doch noch vorzuͤglich die Muſik anlangend vel
quasi
ein Haſenfuß. Man ſchreie nicht ſo, man
ſpreche nicht ſo verwegen vom ſuͤndlichen Mord
und Todſchlag, man ſetze ſich ruhig hin dort in
jenen bequemen Lehnſtuhl und hoͤre mich gelaſſen
an.“ Der Kapellmeiſter rief mit ſehr weinerlicher
Stimme: „Was werd' ich hoͤren und that uͤbri¬
gens wie ihm geheißen. „Es iſt, fing der Dok¬
tor an, es iſt in der That in Bettina's Zu¬
ſtand etwas ganz ſonderbares und verwunderliches.
Sie ſpricht laut, mit voller Kraft des Organs,
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[283/0291] ich in Halle, es war ein großer Horniſt, wir blie¬ ſen Bizinien zur Nachtzeit mit einfallenden Choͤren obligater Huͤndelein und Kater! — Sie ſollen Dir nichts thun des ehrlichen Mords wegen — Aber vergifte ſie — vergifte ſie —“ „Man iſt,“ unterbrach der Doktor den ſprudelnden Kapellmei¬ ſter, „man iſt doch ſchon ziemlich hoch in Jahren, muß ſich das Haar pudern ſeit geraumer Zeit und doch noch vorzuͤglich die Muſik anlangend vel quasi ein Haſenfuß. Man ſchreie nicht ſo, man ſpreche nicht ſo verwegen vom ſuͤndlichen Mord und Todſchlag, man ſetze ſich ruhig hin dort in jenen bequemen Lehnſtuhl und hoͤre mich gelaſſen an.“ Der Kapellmeiſter rief mit ſehr weinerlicher Stimme: „Was werd' ich hoͤren und that uͤbri¬ gens wie ihm geheißen. „Es iſt, fing der Dok¬ tor an, es iſt in der That in Bettina's Zu¬ ſtand etwas ganz ſonderbares und verwunderliches. Sie ſpricht laut, mit voller Kraft des Organs, an irgend eines der gewoͤhnlichen Halsuͤbel iſt gar nicht zu denken, ſie iſt ſelbſt im Stande einen

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/291>, abgerufen am 18.06.2024.