Der General-Vikar schloß mit dem französischen General einen schmachvollen Waffenstillstand, und bald kamen die französischen Commissarien, um die Summe, die gezahlt werden sollte, in Em¬ pfang zu nehmen. Der General-Vikar entfloh, um der Wuth des Volks, das sich von ihm, von der Citta, von allen, die ihm Schutz gewähren konnten gegen den andringenden Feind, verlassen glaubte, zu entgehen. Da waren alle Bande der Gesellschaft aufgelöst; in wilder Anarchie ver¬ höhnte der Pöbel Ordnung und Gesetz, und un¬ ter dem Geschrei: viva la santa fede rannten seine wahnsinnigen Horden durch die Straßen, die Häuser der Großen, von welchen sie sich an den Feind verkauft wähnten, plündernd und in Brand steckend. Vergebens waren die Bemühun¬ gen Moliterno's und Rocca Romana's, Günstlinge des Volks und zu Anführern gewählt, die Rasenden zu bändigen. Die Herzoge della Torre und Clemens Filomarino waren ermordet, aber noch war des wüthenden Pöbels
Der General-Vikar ſchloß mit dem franzoͤſiſchen General einen ſchmachvollen Waffenſtillſtand, und bald kamen die franzoͤſiſchen Commiſſarien, um die Summe, die gezahlt werden ſollte, in Em¬ pfang zu nehmen. Der General-Vikar entfloh, um der Wuth des Volks, das ſich von ihm, von der Citta, von allen, die ihm Schutz gewaͤhren konnten gegen den andringenden Feind, verlaſſen glaubte, zu entgehen. Da waren alle Bande der Geſellſchaft aufgeloͤſt; in wilder Anarchie ver¬ hoͤhnte der Poͤbel Ordnung und Geſetz, und un¬ ter dem Geſchrei: viva la santa fede rannten ſeine wahnſinnigen Horden durch die Straßen, die Haͤuſer der Großen, von welchen ſie ſich an den Feind verkauft waͤhnten, pluͤndernd und in Brand ſteckend. Vergebens waren die Bemuͤhun¬ gen Moliterno's und Rocca Romana's, Guͤnſtlinge des Volks und zu Anfuͤhrern gewaͤhlt, die Raſenden zu baͤndigen. Die Herzoge della Torre und Clemens Filomarino waren ermordet, aber noch war des wuͤthenden Poͤbels
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Der General-Vikar ſchloß mit dem franzoͤſiſchen
General einen ſchmachvollen Waffenſtillſtand, und
bald kamen die franzoͤſiſchen Commiſſarien, um
die Summe, die gezahlt werden ſollte, in Em¬
pfang zu nehmen. Der General-Vikar entfloh,
um der Wuth des Volks, das ſich von ihm, von
der Citta, von allen, die ihm Schutz gewaͤhren
konnten gegen den andringenden Feind, verlaſſen
glaubte, zu entgehen. Da waren alle Bande
der Geſellſchaft aufgeloͤſt; in wilder Anarchie ver¬
hoͤhnte der Poͤbel Ordnung und Geſetz, und un¬
ter dem Geſchrei: viva la santa fede rannten
ſeine wahnſinnigen Horden durch die Straßen,
die Haͤuſer der Großen, von welchen ſie ſich an
den Feind verkauft waͤhnten, pluͤndernd und in
Brand ſteckend. Vergebens waren die Bemuͤhun¬
gen Moliterno's und Rocca Romana's,
Guͤnſtlinge des Volks und zu Anfuͤhrern gewaͤhlt,
die Raſenden zu baͤndigen. Die Herzoge della
Torre und Clemens Filomarino waren
ermordet, aber noch war des wuͤthenden Poͤbels
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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