fleißig und sorgfältig, damit Du die Praktik des Darstellens erlangen mögest, aber halte die Prak¬ tik nicht für die Kunst selbst. Bist Du einge¬ drungen in den tiefern Sinn der Natur, so wer¬ den selbst in Deinem Innern ihre Bilder in hoh¬ er glänzender Pracht aufgehen." -- Der Mal¬ theser schwieg; als aber Berthold tief ergriffen, gebückten Hauptes, keines Wortes mächtig da stand, verließ ihn der Maltheser mit den Wor¬ ten: "Ich habe Dich durchaus nicht verwirren wollen in Deinem Beruf; aber ich weiß, daß ein hoher Geist in Dir schlummert: ich rief ihn an mit starken Worten, damit er erwache und frisch und frei seine Fittige rege. Lebe wohl!" --
Dem Berthold war es so, als habe der Maltheser nur dem, was in seiner Seele gährte und brauste, Worte gegeben; die innere Stimme brach hervor -- Nein! Alles dieses Streben -- dieses Mühen ist das ungewisse, trügerische Umher¬ tappen des Blinden, weg -- weg mit Allem, was mich geblendet bis jetzt! -- Er war nicht im
Stande
fleißig und ſorgfaͤltig, damit Du die Praktik des Darſtellens erlangen moͤgeſt, aber halte die Prak¬ tik nicht fuͤr die Kunſt ſelbſt. Biſt Du einge¬ drungen in den tiefern Sinn der Natur, ſo wer¬ den ſelbſt in Deinem Innern ihre Bilder in hoh¬ er glaͤnzender Pracht aufgehen.“ — Der Mal¬ theſer ſchwieg; als aber Berthold tief ergriffen, gebuͤckten Hauptes, keines Wortes maͤchtig da ſtand, verließ ihn der Maltheſer mit den Wor¬ ten: „Ich habe Dich durchaus nicht verwirren wollen in Deinem Beruf; aber ich weiß, daß ein hoher Geiſt in Dir ſchlummert: ich rief ihn an mit ſtarken Worten, damit er erwache und friſch und frei ſeine Fittige rege. Lebe wohl!“ —
Dem Berthold war es ſo, als habe der Maltheſer nur dem, was in ſeiner Seele gaͤhrte und brauſte, Worte gegeben; die innere Stimme brach hervor — Nein! Alles dieſes Streben — dieſes Muͤhen iſt das ungewiſſe, truͤgeriſche Umher¬ tappen des Blinden, weg — weg mit Allem, was mich geblendet bis jetzt! — Er war nicht im
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Darſtellens erlangen moͤgeſt, aber halte die Prak¬
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drungen in den tiefern Sinn der Natur, ſo wer¬
den ſelbſt in Deinem Innern ihre Bilder in hoh¬
er glaͤnzender Pracht aufgehen.“ — Der Mal¬
theſer ſchwieg; als aber Berthold tief ergriffen,
gebuͤckten Hauptes, keines Wortes maͤchtig da
ſtand, verließ ihn der Maltheſer mit den Wor¬
ten: „Ich habe Dich durchaus nicht verwirren
wollen in Deinem Beruf; aber ich weiß, daß
ein hoher Geiſt in Dir ſchlummert: ich rief ihn
an mit ſtarken Worten, damit er erwache und
friſch und frei ſeine Fittige rege. Lebe wohl!“ —
Dem Berthold war es ſo, als habe der
Maltheſer nur dem, was in ſeiner Seele gaͤhrte
und brauſte, Worte gegeben; die innere Stimme
brach hervor — Nein! Alles dieſes Streben —
dieſes Muͤhen iſt das ungewiſſe, truͤgeriſche Umher¬
tappen des Blinden, weg — weg mit Allem, was
mich geblendet bis jetzt! — Er war nicht im
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/264>, abgerufen am 22.11.2024.
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