jahte das und gab, jedoch nicht ohne inneres Widerstreben, den kleinen Knaben Dennern hin, der sich mit ihm vor die Hausthür setzte und Giorgina bat, ihm nun das Abendessen zu bereiten, weil er in einer Stunde fortmüßte. Kaum war Giorgina in die Küche getreten, als sie sah, wie Denner mit dem Kinde auf dem Arm in die Stube ging. Bald darauf ver¬ breitete sich ein seltsam riechender Dampf durch das Haus, der aus der Stube zu quillen schien. Giorgina wurde von unbeschreiblicher Angst er¬ griffen; sie lief schnell nach der Stube und fand die Thür von innen verriegelt. Es war ihr, als höre sie das Kind leise wimmern. "Rette, rette mein Kind aus den Klauen des Bösewichts!" so schrie sie, eine gräßliche That ahnend, dem Knecht entgegen, der eben in das Haus trat. Dieser ergriff schnell die Axt und sprengte die Thür. Dicker stinkender Dampf schlug ihnen entgegen. Mit einem Sprunge war Giorgina im Zim¬ mer; der Knabe lag nackt über einer Schüssel, in
K 2
jahte das und gab, jedoch nicht ohne inneres Widerſtreben, den kleinen Knaben Dennern hin, der ſich mit ihm vor die Hausthuͤr ſetzte und Giorgina bat, ihm nun das Abendeſſen zu bereiten, weil er in einer Stunde fortmuͤßte. Kaum war Giorgina in die Kuͤche getreten, als ſie ſah, wie Denner mit dem Kinde auf dem Arm in die Stube ging. Bald darauf ver¬ breitete ſich ein ſeltſam riechender Dampf durch das Haus, der aus der Stube zu quillen ſchien. Giorgina wurde von unbeſchreiblicher Angſt er¬ griffen; ſie lief ſchnell nach der Stube und fand die Thuͤr von innen verriegelt. Es war ihr, als hoͤre ſie das Kind leiſe wimmern. „Rette, rette mein Kind aus den Klauen des Boͤſewichts!“ ſo ſchrie ſie, eine graͤßliche That ahnend, dem Knecht entgegen, der eben in das Haus trat. Dieſer ergriff ſchnell die Axt und ſprengte die Thuͤr. Dicker ſtinkender Dampf ſchlug ihnen entgegen. Mit einem Sprunge war Giorgina im Zim¬ mer; der Knabe lag nackt uͤber einer Schuͤſſel, in
K 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0155"n="147"/>
jahte das und gab, jedoch nicht ohne inneres<lb/>
Widerſtreben, den kleinen Knaben <hirendition="#g">Dennern</hi><lb/>
hin, der ſich mit ihm vor die Hausthuͤr ſetzte<lb/>
und <hirendition="#g">Giorgina</hi> bat, ihm nun das Abendeſſen zu<lb/>
bereiten, weil er in einer Stunde fortmuͤßte.<lb/>
Kaum war <hirendition="#g">Giorgina</hi> in die Kuͤche getreten,<lb/>
als ſie ſah, wie <hirendition="#g">Denner</hi> mit dem Kinde auf<lb/>
dem Arm in die Stube ging. Bald darauf ver¬<lb/>
breitete ſich ein ſeltſam riechender Dampf durch<lb/>
das Haus, der aus der Stube zu quillen ſchien.<lb/><hirendition="#g">Giorgina</hi> wurde von unbeſchreiblicher Angſt er¬<lb/>
griffen; ſie lief ſchnell nach der Stube und fand<lb/>
die Thuͤr von innen verriegelt. Es war ihr, als<lb/>
hoͤre ſie das Kind leiſe wimmern. „Rette, rette<lb/>
mein Kind aus den Klauen des Boͤſewichts!“ſo<lb/>ſchrie ſie, eine graͤßliche That ahnend, dem Knecht<lb/>
entgegen, der eben in das Haus trat. Dieſer<lb/>
ergriff ſchnell die Axt und ſprengte die Thuͤr.<lb/>
Dicker ſtinkender Dampf ſchlug ihnen entgegen.<lb/>
Mit einem Sprunge war <hirendition="#g">Giorgina</hi> im Zim¬<lb/>
mer; der Knabe lag nackt uͤber einer Schuͤſſel, in<lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 2<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[147/0155]
jahte das und gab, jedoch nicht ohne inneres
Widerſtreben, den kleinen Knaben Dennern
hin, der ſich mit ihm vor die Hausthuͤr ſetzte
und Giorgina bat, ihm nun das Abendeſſen zu
bereiten, weil er in einer Stunde fortmuͤßte.
Kaum war Giorgina in die Kuͤche getreten,
als ſie ſah, wie Denner mit dem Kinde auf
dem Arm in die Stube ging. Bald darauf ver¬
breitete ſich ein ſeltſam riechender Dampf durch
das Haus, der aus der Stube zu quillen ſchien.
Giorgina wurde von unbeſchreiblicher Angſt er¬
griffen; ſie lief ſchnell nach der Stube und fand
die Thuͤr von innen verriegelt. Es war ihr, als
hoͤre ſie das Kind leiſe wimmern. „Rette, rette
mein Kind aus den Klauen des Boͤſewichts!“ ſo
ſchrie ſie, eine graͤßliche That ahnend, dem Knecht
entgegen, der eben in das Haus trat. Dieſer
ergriff ſchnell die Axt und ſprengte die Thuͤr.
Dicker ſtinkender Dampf ſchlug ihnen entgegen.
Mit einem Sprunge war Giorgina im Zim¬
mer; der Knabe lag nackt uͤber einer Schuͤſſel, in
K 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/155>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.