dem Schlaf, in den sie versunken, erwachte. Sie fühlte sich wunderbarlich gestärkt; auch der Knabe lächelte hold und lieblich an ihrer Brust. An¬ dres war außer sich vor Freude, er weinte, er betete, er jubelte durch das Haus. Der Knecht war indessen zurückgekommen und bereitete, so gut er es vermochte, von den mitgebrachten Le¬ bensmitteln das Mahl, an dem nun der Fremde Theil nehmen sollte. Der Fremde kochte selbst eine Kraftsuppe für Giorgina, und man sah, daß er allerlei Gewürz und andere Ingredienzien hineinwarf, die er bei sich getragen. Es war später Abend worden, der Fremde mußte daher bei dem Andres übernachten, und er bat, daß man ihm in derselben Stube, wo Andres und Giorgina schliefen, ein Strohlager bereiten möge. Das geschah. Andres, den die Be¬ sorgniß um Giorgina nicht schlafen ließ, be¬ merkte, wie der Fremde beinahe bei jedem stär¬ keren Athemzuge Giorgina's auffuhr, wie er stündlich aufstand, leise sich ihrem Bette
dem Schlaf, in den ſie verſunken, erwachte. Sie fuͤhlte ſich wunderbarlich geſtaͤrkt; auch der Knabe laͤchelte hold und lieblich an ihrer Bruſt. An¬ dres war außer ſich vor Freude, er weinte, er betete, er jubelte durch das Haus. Der Knecht war indeſſen zuruͤckgekommen und bereitete, ſo gut er es vermochte, von den mitgebrachten Le¬ bensmitteln das Mahl, an dem nun der Fremde Theil nehmen ſollte. Der Fremde kochte ſelbſt eine Kraftſuppe fuͤr Giorgina, und man ſah, daß er allerlei Gewuͤrz und andere Ingredienzien hineinwarf, die er bei ſich getragen. Es war ſpaͤter Abend worden, der Fremde mußte daher bei dem Andres uͤbernachten, und er bat, daß man ihm in derſelben Stube, wo Andres und Giorgina ſchliefen, ein Strohlager bereiten moͤge. Das geſchah. Andres, den die Be¬ ſorgniß um Giorgina nicht ſchlafen ließ, be¬ merkte, wie der Fremde beinahe bei jedem ſtaͤr¬ keren Athemzuge Giorgina's auffuhr, wie er ſtuͤndlich aufſtand, leiſe ſich ihrem Bette
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dem Schlaf, in den ſie verſunken, erwachte. Sie
fuͤhlte ſich wunderbarlich geſtaͤrkt; auch der Knabe
laͤchelte hold und lieblich an ihrer Bruſt. An¬
dres war außer ſich vor Freude, er weinte, er
betete, er jubelte durch das Haus. Der Knecht
war indeſſen zuruͤckgekommen und bereitete, ſo
gut er es vermochte, von den mitgebrachten Le¬
bensmitteln das Mahl, an dem nun der Fremde
Theil nehmen ſollte. Der Fremde kochte ſelbſt
eine Kraftſuppe fuͤr Giorgina, und man ſah,
daß er allerlei Gewuͤrz und andere Ingredienzien
hineinwarf, die er bei ſich getragen. Es war
ſpaͤter Abend worden, der Fremde mußte daher
bei dem Andres uͤbernachten, und er bat, daß
man ihm in derſelben Stube, wo Andres und
Giorgina ſchliefen, ein Strohlager bereiten
moͤge. Das geſchah. Andres, den die Be¬
ſorgniß um Giorgina nicht ſchlafen ließ, be¬
merkte, wie der Fremde beinahe bei jedem ſtaͤr¬
keren Athemzuge Giorgina's auffuhr, wie
er ſtuͤndlich aufſtand, leiſe ſich ihrem Bette
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/100>, abgerufen am 22.11.2024.
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