Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

men, aber die Person stelle dir nach mit seltsamen
Verlockungen. Doch das ist beileibe noch nicht das
Schlimmste, denke dir mein geliebter Peregrinus, die
alte Muhme gerade über, -- du kennst sie wohl, die
alte Frau mit der spitzen Nase, die so freundlich hin¬
über grüßt, wenn sie dich sieht, und von der du ein¬
mal sagtest, als du sie Sonntags in ihrem bunten
stoffenen Ehrenkleide nach der Kirche ziehen sahst, --
ich muß noch lachen, wenn ich daran denke, -- es
wolle dich gemahnen, als wandle ein Feuerlilien-
Strauch über die Straße, diese mißtrauische Muhme
hat mir allerlei Böses in den Kopf setzen wollen.

So freundlich sie dich auch grüßt, so hat sie
mich doch stets vor dir gewarnt und nichts geringeres
behauptet, als daß in deinem Hause Satanskünste
getrieben würden, und daß die kleine Dörtje gar nichts
anders sey, als ein kleines verkapptes Teufelchen, wel¬
ches, um dich zu verlocken, in Menschengestalt umher¬
wandle, und zwar in gar anmuthiger und verfüh¬
rerischer.

Peregrinus! mein holder, geliebter Peregrinus,
sich mir ins Auge, du wirst keine Spur des leisesten
Argwohns finden, ich habe dein reines Gemüth er¬
kannt, niemals hat dein Wort, dein Blick, nur ei¬

men, aber die Perſon ſtelle dir nach mit ſeltſamen
Verlockungen. Doch das iſt beileibe noch nicht das
Schlimmſte, denke dir mein geliebter Peregrinus, die
alte Muhme gerade über, — du kennſt ſie wohl, die
alte Frau mit der ſpitzen Naſe, die ſo freundlich hin¬
über grüßt, wenn ſie dich ſieht, und von der du ein¬
mal ſagteſt, als du ſie Sonntags in ihrem bunten
ſtoffenen Ehrenkleide nach der Kirche ziehen ſahſt, —
ich muß noch lachen, wenn ich daran denke, — es
wolle dich gemahnen, als wandle ein Feuerlilien-
Strauch über die Straße, dieſe mißtrauiſche Muhme
hat mir allerlei Böſes in den Kopf ſetzen wollen.

So freundlich ſie dich auch grüßt, ſo hat ſie
mich doch ſtets vor dir gewarnt und nichts geringeres
behauptet, als daß in deinem Hauſe Satanskünſte
getrieben würden, und daß die kleine Dörtje gar nichts
anders ſey, als ein kleines verkapptes Teufelchen, wel¬
ches, um dich zu verlocken, in Menſchengeſtalt umher¬
wandle, und zwar in gar anmuthiger und verfüh¬
reriſcher.

Peregrinus! mein holder, geliebter Peregrinus,
ſich mir ins Auge, du wirſt keine Spur des leiſeſten
Argwohns finden, ich habe dein reines Gemüth er¬
kannt, niemals hat dein Wort, dein Blick, nur ei¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0250" n="245"/>
men, aber die Per&#x017F;on &#x017F;telle dir nach mit &#x017F;elt&#x017F;amen<lb/>
Verlockungen. Doch das i&#x017F;t beileibe noch nicht das<lb/>
Schlimm&#x017F;te, denke dir mein geliebter Peregrinus, die<lb/>
alte Muhme gerade über, &#x2014; du kenn&#x017F;t &#x017F;ie wohl, die<lb/>
alte Frau mit der &#x017F;pitzen Na&#x017F;e, die &#x017F;o freundlich hin¬<lb/>
über grüßt, wenn &#x017F;ie dich &#x017F;ieht, und von der du ein¬<lb/>
mal &#x017F;agte&#x017F;t, als du &#x017F;ie Sonntags in ihrem bunten<lb/>
&#x017F;toffenen Ehrenkleide nach der Kirche ziehen &#x017F;ah&#x017F;t, &#x2014;<lb/>
ich muß noch lachen, wenn ich daran denke, &#x2014; es<lb/>
wolle dich gemahnen, als wandle ein Feuerlilien-<lb/>
Strauch über die Straße, die&#x017F;e mißtraui&#x017F;che Muhme<lb/>
hat mir allerlei Bö&#x017F;es in den Kopf &#x017F;etzen wollen.</p><lb/>
          <p>So freundlich &#x017F;ie dich auch grüßt, &#x017F;o hat &#x017F;ie<lb/>
mich doch &#x017F;tets vor dir gewarnt und nichts geringeres<lb/>
behauptet, als daß in deinem Hau&#x017F;e Satanskün&#x017F;te<lb/>
getrieben würden, und daß die kleine Dörtje gar nichts<lb/>
anders &#x017F;ey, als ein kleines verkapptes Teufelchen, wel¬<lb/>
ches, um dich zu verlocken, in Men&#x017F;chenge&#x017F;talt umher¬<lb/>
wandle, und zwar in gar anmuthiger und verfüh¬<lb/>
reri&#x017F;cher.</p><lb/>
          <p>Peregrinus! mein holder, geliebter Peregrinus,<lb/>
&#x017F;ich mir ins Auge, du wir&#x017F;t keine Spur des lei&#x017F;e&#x017F;ten<lb/>
Argwohns finden, ich habe dein reines Gemüth er¬<lb/>
kannt, niemals hat dein Wort, dein Blick, nur ei¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0250] men, aber die Perſon ſtelle dir nach mit ſeltſamen Verlockungen. Doch das iſt beileibe noch nicht das Schlimmſte, denke dir mein geliebter Peregrinus, die alte Muhme gerade über, — du kennſt ſie wohl, die alte Frau mit der ſpitzen Naſe, die ſo freundlich hin¬ über grüßt, wenn ſie dich ſieht, und von der du ein¬ mal ſagteſt, als du ſie Sonntags in ihrem bunten ſtoffenen Ehrenkleide nach der Kirche ziehen ſahſt, — ich muß noch lachen, wenn ich daran denke, — es wolle dich gemahnen, als wandle ein Feuerlilien- Strauch über die Straße, dieſe mißtrauiſche Muhme hat mir allerlei Böſes in den Kopf ſetzen wollen. So freundlich ſie dich auch grüßt, ſo hat ſie mich doch ſtets vor dir gewarnt und nichts geringeres behauptet, als daß in deinem Hauſe Satanskünſte getrieben würden, und daß die kleine Dörtje gar nichts anders ſey, als ein kleines verkapptes Teufelchen, wel¬ ches, um dich zu verlocken, in Menſchengeſtalt umher¬ wandle, und zwar in gar anmuthiger und verfüh¬ reriſcher. Peregrinus! mein holder, geliebter Peregrinus, ſich mir ins Auge, du wirſt keine Spur des leiſeſten Argwohns finden, ich habe dein reines Gemüth er¬ kannt, niemals hat dein Wort, dein Blick, nur ei¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/250
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/250>, abgerufen am 10.05.2024.