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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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"Zweifel, mein Peregrinus? Kann ein Mädchen
"wohl das beginnen, was ich begann, wenn nicht die
"glühendste Liebe ihre Brust erfüllt? Peregrinus,
"ich liebe dich, wie keinen Andern, und willst du
"mein seyn, so bin ich dein mit ganzer Seele und
"bleibe bei dir, weil ich nicht von dir lassen kann und
"nicht etwa bloß um der Tyrannei des Onkels zu ent¬
"fliehen."

Die Silberfaden waren verschwunden und die
gehörig geordneten Gedanken lauteten: "Wie ist das
"zugegangen? Erst heuchelte ich ihm Liebe, bloß um
"den Meister Floh mir und dem Leuwenhöck wieder
"zu gewinnen und jetzt bin ich ihm in der That gut
"geworden. Ich habe mich in meinen eigenen Fall¬
"stricken gefangen. Ich denke kaum mehr an den
"Meister Floh, ich möchte ewig dem Mann angehö¬
"ren, der mir liebenswürdiger vorkömmt, als alle,
"die ich bis jetzt gesehen."

Man kann sich vorstellen, wie diese Gedanken
alles selige Entzücken in Peregrinus Brust entflamm¬
ten. Er fiel vor der Holden nieder, bedeckte ihre
Händchen mit tausend glühenden Küssen, nannte sie
seine Wonne, seinen Himmel, sein ganzes Glück. --

"Nun," lispelte die Kleine, indem sie ihn
sanft an ihre Seite zog, "nun, mein Theurer, wirst

»Zweifel, mein Peregrinus? Kann ein Mädchen
»wohl das beginnen, was ich begann, wenn nicht die
»glühendſte Liebe ihre Bruſt erfüllt? Peregrinus,
»ich liebe dich, wie keinen Andern, und willſt du
»mein ſeyn, ſo bin ich dein mit ganzer Seele und
»bleibe bei dir, weil ich nicht von dir laſſen kann und
»nicht etwa bloß um der Tyrannei des Onkels zu ent¬
»fliehen.»

Die Silberfaden waren verſchwunden und die
gehörig geordneten Gedanken lauteten: »Wie iſt das
»zugegangen? Erſt heuchelte ich ihm Liebe, bloß um
»den Meiſter Floh mir und dem Leuwenhöck wieder
»zu gewinnen und jetzt bin ich ihm in der That gut
»geworden. Ich habe mich in meinen eigenen Fall¬
»ſtricken gefangen. Ich denke kaum mehr an den
»Meiſter Floh, ich möchte ewig dem Mann angehö¬
»ren, der mir liebenswürdiger vorkömmt, als alle,
»die ich bis jetzt geſehen.»

Man kann ſich vorſtellen, wie dieſe Gedanken
alles ſelige Entzücken in Peregrinus Bruſt entflamm¬
ten. Er fiel vor der Holden nieder, bedeckte ihre
Händchen mit tauſend glühenden Küſſen, nannte ſie
ſeine Wonne, ſeinen Himmel, ſein ganzes Glück. —

»Nun,» lispelte die Kleine, indem ſie ihn
ſanft an ihre Seite zog, »nun, mein Theurer, wirſt

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[146/0151] »Zweifel, mein Peregrinus? Kann ein Mädchen »wohl das beginnen, was ich begann, wenn nicht die »glühendſte Liebe ihre Bruſt erfüllt? Peregrinus, »ich liebe dich, wie keinen Andern, und willſt du »mein ſeyn, ſo bin ich dein mit ganzer Seele und »bleibe bei dir, weil ich nicht von dir laſſen kann und »nicht etwa bloß um der Tyrannei des Onkels zu ent¬ »fliehen.» Die Silberfaden waren verſchwunden und die gehörig geordneten Gedanken lauteten: »Wie iſt das »zugegangen? Erſt heuchelte ich ihm Liebe, bloß um »den Meiſter Floh mir und dem Leuwenhöck wieder »zu gewinnen und jetzt bin ich ihm in der That gut »geworden. Ich habe mich in meinen eigenen Fall¬ »ſtricken gefangen. Ich denke kaum mehr an den »Meiſter Floh, ich möchte ewig dem Mann angehö¬ »ren, der mir liebenswürdiger vorkömmt, als alle, »die ich bis jetzt geſehen.» Man kann ſich vorſtellen, wie dieſe Gedanken alles ſelige Entzücken in Peregrinus Bruſt entflamm¬ ten. Er fiel vor der Holden nieder, bedeckte ihre Händchen mit tauſend glühenden Küſſen, nannte ſie ſeine Wonne, ſeinen Himmel, ſein ganzes Glück. — »Nun,» lispelte die Kleine, indem ſie ihn ſanft an ihre Seite zog, »nun, mein Theurer, wirſt

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/151>, abgerufen am 10.05.2024.