bist jetzt, sprach der Richter mit feierlich er¬ habener Stimme: dem geistlichen Gericht über¬ geben, da Du, verstockter, frevelicher Mönch, vergebens Deinen Stand und Namen ver¬ läugnet hast. Franciskus, mit dem Kloster- Namen Medardus genannt, sprich, welcher Verbrechen bist Du beziehen worden?" -- Ich wollte Alles, was ich je sündhaftes und freve¬ liches begangen, offen eingestehen, aber zu meinem Entsetzen war das, was ich sprach, durchaus nicht das, was ich dachte und sa¬ gen wollte. Statt des ernsten, reuigen Be¬ kenntnisses, verlor ich mich in ungereimte, unzusammenhängende Reden. Da sagte der Dominikaner, riesengroß vor mir dastehend, und mit gräßlich funkelndem Blick mich durch¬ bohrend: "Auf die Folter mit Dir, Du hals¬ starriger, verstockter Mönch." Die seltsamen Gestalten rings umher erhoben sich und streck¬ ten ihre langen Arme nach mir aus, und rie¬ fen in heiseren grausigem Einklang: "Auf die Folter mit ihm." Ich riß das Messer heraus
biſt jetzt, ſprach der Richter mit feierlich er¬ habener Stimme: dem geiſtlichen Gericht uͤber¬ geben, da Du, verſtockter, frevelicher Moͤnch, vergebens Deinen Stand und Namen ver¬ laͤugnet haſt. Franciskus, mit dem Kloſter- Namen Medardus genannt, ſprich, welcher Verbrechen biſt Du beziehen worden?“ — Ich wollte Alles, was ich je ſuͤndhaftes und freve¬ liches begangen, offen eingeſtehen, aber zu meinem Entſetzen war das, was ich ſprach, durchaus nicht das, was ich dachte und ſa¬ gen wollte. Statt des ernſten, reuigen Be¬ kenntniſſes, verlor ich mich in ungereimte, unzuſammenhaͤngende Reden. Da ſagte der Dominikaner, rieſengroß vor mir daſtehend, und mit graͤßlich funkelndem Blick mich durch¬ bohrend: „Auf die Folter mit Dir, Du hals¬ ſtarriger, verſtockter Moͤnch.“ Die ſeltſamen Geſtalten rings umher erhoben ſich und ſtreck¬ ten ihre langen Arme nach mir aus, und rie¬ fen in heiſeren grauſigem Einklang: „Auf die Folter mit ihm.“ Ich riß das Meſſer heraus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0068"n="60"/>
biſt jetzt, ſprach der Richter mit feierlich er¬<lb/>
habener Stimme: dem geiſtlichen Gericht uͤber¬<lb/>
geben, da Du, verſtockter, frevelicher Moͤnch,<lb/>
vergebens Deinen Stand und Namen ver¬<lb/>
laͤugnet haſt. Franciskus, mit dem Kloſter-<lb/>
Namen Medardus genannt, ſprich, welcher<lb/>
Verbrechen biſt Du beziehen worden?“— Ich<lb/>
wollte Alles, was ich je ſuͤndhaftes und freve¬<lb/>
liches begangen, offen eingeſtehen, aber zu<lb/>
meinem Entſetzen war das, was ich ſprach,<lb/>
durchaus nicht das, was ich dachte und ſa¬<lb/>
gen wollte. Statt des ernſten, reuigen Be¬<lb/>
kenntniſſes, verlor ich mich in ungereimte,<lb/>
unzuſammenhaͤngende Reden. Da ſagte der<lb/>
Dominikaner, rieſengroß vor mir daſtehend,<lb/>
und mit graͤßlich funkelndem Blick mich durch¬<lb/>
bohrend: „Auf die Folter mit Dir, Du hals¬<lb/>ſtarriger, verſtockter Moͤnch.“ Die ſeltſamen<lb/>
Geſtalten rings umher erhoben ſich und ſtreck¬<lb/>
ten ihre langen Arme nach mir aus, und rie¬<lb/>
fen in heiſeren grauſigem Einklang: „Auf die<lb/>
Folter mit ihm.“ Ich riß das Meſſer heraus<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[60/0068]
biſt jetzt, ſprach der Richter mit feierlich er¬
habener Stimme: dem geiſtlichen Gericht uͤber¬
geben, da Du, verſtockter, frevelicher Moͤnch,
vergebens Deinen Stand und Namen ver¬
laͤugnet haſt. Franciskus, mit dem Kloſter-
Namen Medardus genannt, ſprich, welcher
Verbrechen biſt Du beziehen worden?“ — Ich
wollte Alles, was ich je ſuͤndhaftes und freve¬
liches begangen, offen eingeſtehen, aber zu
meinem Entſetzen war das, was ich ſprach,
durchaus nicht das, was ich dachte und ſa¬
gen wollte. Statt des ernſten, reuigen Be¬
kenntniſſes, verlor ich mich in ungereimte,
unzuſammenhaͤngende Reden. Da ſagte der
Dominikaner, rieſengroß vor mir daſtehend,
und mit graͤßlich funkelndem Blick mich durch¬
bohrend: „Auf die Folter mit Dir, Du hals¬
ſtarriger, verſtockter Moͤnch.“ Die ſeltſamen
Geſtalten rings umher erhoben ſich und ſtreck¬
ten ihre langen Arme nach mir aus, und rie¬
fen in heiſeren grauſigem Einklang: „Auf die
Folter mit ihm.“ Ich riß das Meſſer heraus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/68>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.