ich jetzt, mein Sohn Medardus! Ja ich nen¬ ne Dich so wieder, denn überstanden hast Du die Prüfungen, die über Dich Unglück¬ lichen, Bedauernswürdigen ergingen! Ach, Medardus, nur sie, nur sie, die am Thro¬ ne Gottes unsere Fürsprecherin seyn mag, ist rein von der Sünde. Stand ich nicht am Rande des Abgrundes, als ich, von dem Ge¬ danken an irdische Lust erfüllt, dem Mörder mich verkaufen wollte? -- Und doch! -- Sohn Medardus! -- verbrecherische Thränen hab' ich geweint, in einsamer Zelle, Deines Vaters gedenkend! -- Gehe, Sohn Medar¬ dus! Jeder Zweifel, daß ich vielleicht, zur mir selbst anzurechnenden Schuld in Dir den frevelichsten Sünder erzog, ist aus meiner Seele verschwunden." --
Leonardus, der gewiß der Aebtissin al¬ les enthüllt hatte, was ihr aus meinem Le¬ ben noch unbekannt geblieben, bewies mir durch sein Betragen, daß auch er mir ver¬ ziehen und dem Höchsten anheim gestellt
hatte,
ich jetzt, mein Sohn Medardus! Ja ich nen¬ ne Dich ſo wieder, denn uͤberſtanden haſt Du die Pruͤfungen, die uͤber Dich Ungluͤck¬ lichen, Bedauernswuͤrdigen ergingen! Ach, Medardus, nur ſie, nur ſie, die am Thro¬ ne Gottes unſere Fuͤrſprecherin ſeyn mag, iſt rein von der Suͤnde. Stand ich nicht am Rande des Abgrundes, als ich, von dem Ge¬ danken an irdiſche Luſt erfuͤllt, dem Moͤrder mich verkaufen wollte? — Und doch! — Sohn Medardus! — verbrecheriſche Thraͤnen hab' ich geweint, in einſamer Zelle, Deines Vaters gedenkend! — Gehe, Sohn Medar¬ dus! Jeder Zweifel, daß ich vielleicht, zur mir ſelbſt anzurechnenden Schuld in Dir den frevelichſten Suͤnder erzog, iſt aus meiner Seele verſchwunden.“ —
Leonardus, der gewiß der Aebtiſſin al¬ les enthuͤllt hatte, was ihr aus meinem Le¬ ben noch unbekannt geblieben, bewies mir durch ſein Betragen, daß auch er mir ver¬ ziehen und dem Hoͤchſten anheim geſtellt
hatte,
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ich jetzt, mein Sohn Medardus! Ja ich nen¬
ne Dich ſo wieder, denn uͤberſtanden haſt
Du die Pruͤfungen, die uͤber Dich Ungluͤck¬
lichen, Bedauernswuͤrdigen ergingen! Ach,
Medardus, nur ſie, nur ſie, die am Thro¬
ne Gottes unſere Fuͤrſprecherin ſeyn mag,
iſt rein von der Suͤnde. Stand ich nicht am
Rande des Abgrundes, als ich, von dem Ge¬
danken an irdiſche Luſt erfuͤllt, dem Moͤrder
mich verkaufen wollte? — Und doch! —
Sohn Medardus! — verbrecheriſche Thraͤnen
hab' ich geweint, in einſamer Zelle, Deines
Vaters gedenkend! — Gehe, Sohn Medar¬
dus! Jeder Zweifel, daß ich vielleicht, zur
mir ſelbſt anzurechnenden Schuld in Dir den
frevelichſten Suͤnder erzog, iſt aus meiner
Seele verſchwunden.“ —
Leonardus, der gewiß der Aebtiſſin al¬
les enthuͤllt hatte, was ihr aus meinem Le¬
ben noch unbekannt geblieben, bewies mir
durch ſein Betragen, daß auch er mir ver¬
ziehen und dem Hoͤchſten anheim geſtellt
hatte,
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/374>, abgerufen am 23.11.2024.
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