Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

und aufs neue dem Criminalgericht in die
Hände zu fallen, aber wie konnte ich ohne
herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten,
wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem
irdischen Glück zu trachten mich vermaß, dem
ich Gottgeweihter ja entsagt hatte -- ach, wo
ich, dem ewigen reinen Geist der Liebe abge¬
wandt, für des Lebens höchsten Lichtpunkt,
in dem das sinnliche und übersinnliche in ei¬
ner
Flamme auflodert, den Moment der Be¬
friedigung des irdischen Triebes nahm: wo
mir die rege Fülle des Lebens, genährt von
seinem eigenen üppigen Reichthum, als das
Prinzip erschien, das sich kräftig auflehnen
müsse gegen jenes Aufstreben nach dem Himm¬
lischen, das ich nur unnatürliche Selbstver¬
läugnung nennen konnte! -- Aber noch mehr!
-- tief im Innern fühlte ich, trotz der Er¬
kräftigung, die mir durch unsträflichen Wan¬
del, durch anhaltende schwere Buße werden
sollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich
zu bestehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬

und aufs neue dem Criminalgericht in die
Haͤnde zu fallen, aber wie konnte ich ohne
herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten,
wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem
irdiſchen Gluͤck zu trachten mich vermaß, dem
ich Gottgeweihter ja entſagt hatte — ach, wo
ich, dem ewigen reinen Geiſt der Liebe abge¬
wandt, fuͤr des Lebens hoͤchſten Lichtpunkt,
in dem das ſinnliche und uͤberſinnliche in ei¬
ner
Flamme auflodert, den Moment der Be¬
friedigung des irdiſchen Triebes nahm: wo
mir die rege Fuͤlle des Lebens, genaͤhrt von
ſeinem eigenen uͤppigen Reichthum, als das
Prinzip erſchien, das ſich kraͤftig auflehnen
muͤſſe gegen jenes Aufſtreben nach dem Himm¬
liſchen, das ich nur unnatuͤrliche Selbſtver¬
laͤugnung nennen konnte! — Aber noch mehr!
— tief im Innern fuͤhlte ich, trotz der Er¬
kraͤftigung, die mir durch unſtraͤflichen Wan¬
del, durch anhaltende ſchwere Buße werden
ſollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich
zu beſtehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0303" n="295"/>
und aufs neue dem Criminalgericht in die<lb/>
Ha&#x0364;nde zu fallen, aber wie konnte ich ohne<lb/>
herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten,<lb/>
wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem<lb/>
irdi&#x017F;chen Glu&#x0364;ck zu trachten mich vermaß, dem<lb/>
ich Gottgeweihter ja ent&#x017F;agt hatte &#x2014; ach, wo<lb/>
ich, dem ewigen reinen Gei&#x017F;t der Liebe abge¬<lb/>
wandt, fu&#x0364;r des Lebens ho&#x0364;ch&#x017F;ten Lichtpunkt,<lb/>
in dem das &#x017F;innliche und u&#x0364;ber&#x017F;innliche in <hi rendition="#g">ei¬<lb/>
ner</hi> Flamme auflodert, den Moment der Be¬<lb/>
friedigung des irdi&#x017F;chen Triebes nahm: wo<lb/>
mir die rege Fu&#x0364;lle des Lebens, gena&#x0364;hrt von<lb/>
&#x017F;einem eigenen u&#x0364;ppigen Reichthum, als das<lb/>
Prinzip er&#x017F;chien, das &#x017F;ich kra&#x0364;ftig auflehnen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gegen jenes Auf&#x017F;treben nach dem Himm¬<lb/>
li&#x017F;chen, das ich nur unnatu&#x0364;rliche Selb&#x017F;tver¬<lb/>
la&#x0364;ugnung nennen konnte! &#x2014; Aber noch mehr!<lb/>
&#x2014; tief im Innern fu&#x0364;hlte ich, trotz der Er¬<lb/>
kra&#x0364;ftigung, die mir durch un&#x017F;tra&#x0364;flichen Wan¬<lb/>
del, durch anhaltende &#x017F;chwere Buße werden<lb/>
&#x017F;ollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich<lb/>
zu be&#x017F;tehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0303] und aufs neue dem Criminalgericht in die Haͤnde zu fallen, aber wie konnte ich ohne herzzerreißende Erinnerung den Ort betreten, wo ich in frevelnder Verkehrtheit nach einem irdiſchen Gluͤck zu trachten mich vermaß, dem ich Gottgeweihter ja entſagt hatte — ach, wo ich, dem ewigen reinen Geiſt der Liebe abge¬ wandt, fuͤr des Lebens hoͤchſten Lichtpunkt, in dem das ſinnliche und uͤberſinnliche in ei¬ ner Flamme auflodert, den Moment der Be¬ friedigung des irdiſchen Triebes nahm: wo mir die rege Fuͤlle des Lebens, genaͤhrt von ſeinem eigenen uͤppigen Reichthum, als das Prinzip erſchien, das ſich kraͤftig auflehnen muͤſſe gegen jenes Aufſtreben nach dem Himm¬ liſchen, das ich nur unnatuͤrliche Selbſtver¬ laͤugnung nennen konnte! — Aber noch mehr! — tief im Innern fuͤhlte ich, trotz der Er¬ kraͤftigung, die mir durch unſtraͤflichen Wan¬ del, durch anhaltende ſchwere Buße werden ſollte, die Ohnmacht, einen Kampf glorreich zu beſtehen, zu dem mich jene dunkle, grauen¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/303
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/303>, abgerufen am 24.11.2024.