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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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ich unter vielen Thränen, sie haben mich
hier allein gelassen, ich wollte ja nicht hier
bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das
Bild verschwunden, da rief ich: Ach das
schöne Bild, wo ist das schöne Bild! --
Die Mutter hob mich in die Höhe, küßte
und herzte mich und sprach: "Du bist mein
gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬
mand sehen, auch ist es nun auf immer fort!"
Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬
ren, nur zu Hermogen sprach ich einmal:
Höre! die Mutter spricht nicht mit dem Teu¬
fel, sondern mit einem schönen Mann, aber
der ist nur ein Bild, und springt aus der
Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da sah Her¬
mogen starr vor sich hin und murmelte: "Der
Teufel kann aussehen wie er will, sagt der
Herr Pater, aber der Mutter thut er doch
nichts." -- Mich überfiel ein Grauen, und
ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht
wieder von dem Teufel zu sprechen. Wir
gingen nach der Hauptstadt, das Bild ver¬

ich unter vielen Thraͤnen, ſie haben mich
hier allein gelaſſen, ich wollte ja nicht hier
bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das
Bild verſchwunden, da rief ich: Ach das
ſchoͤne Bild, wo iſt das ſchoͤne Bild! —
Die Mutter hob mich in die Hoͤhe, kuͤßte
und herzte mich und ſprach: „Du biſt mein
gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬
mand ſehen, auch iſt es nun auf immer fort!“
Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬
ren, nur zu Hermogen ſprach ich einmal:
Hoͤre! die Mutter ſpricht nicht mit dem Teu¬
fel, ſondern mit einem ſchoͤnen Mann, aber
der iſt nur ein Bild, und ſpringt aus der
Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da ſah Her¬
mogen ſtarr vor ſich hin und murmelte: „Der
Teufel kann ausſehen wie er will, ſagt der
Herr Pater, aber der Mutter thut er doch
nichts.“ — Mich uͤberfiel ein Grauen, und
ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht
wieder von dem Teufel zu ſprechen. Wir
gingen nach der Hauptſtadt, das Bild ver¬

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[120/0128] ich unter vielen Thraͤnen, ſie haben mich hier allein gelaſſen, ich wollte ja nicht hier bleiben. Aber als ich wahrnahm, daß das Bild verſchwunden, da rief ich: Ach das ſchoͤne Bild, wo iſt das ſchoͤne Bild! — Die Mutter hob mich in die Hoͤhe, kuͤßte und herzte mich und ſprach: „Du biſt mein gutes, liebes Kind, aber das Bild darf nie¬ mand ſehen, auch iſt es nun auf immer fort!“ Niemand vertraute ich, was mir widerfah¬ ren, nur zu Hermogen ſprach ich einmal: Hoͤre! die Mutter ſpricht nicht mit dem Teu¬ fel, ſondern mit einem ſchoͤnen Mann, aber der iſt nur ein Bild, und ſpringt aus der Wand, wenn Mutter ihn ruft. Da ſah Her¬ mogen ſtarr vor ſich hin und murmelte: „Der Teufel kann ausſehen wie er will, ſagt der Herr Pater, aber der Mutter thut er doch nichts.“ — Mich uͤberfiel ein Grauen, und ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht wieder von dem Teufel zu ſprechen. Wir gingen nach der Hauptſtadt, das Bild ver¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/128>, abgerufen am 03.05.2024.