ich nicht zu denken, nicht zu ahnen, was ich thun müsse, um dem Verderben zu ent¬ rinnen, das mir überall zu drohen schien. Vorüber war jene begeisterte Stimmung, in der mein ganzes Leben, mein verhängnißvol¬ ler Aufenthalt auf dem Schlosse des Barons von F. mir nur ein schwerer Traum schien. In düstrer Verzagtheit sah ich in mir nur den gemeinen Lüstling und Verbrecher. Al¬ les, was ich dem Richter, dem Leibarzt ge¬ sagt, war nun nichts, als alberne, schlecht erfundene Lüge, nicht eine innere Stimme, hatte gesprochen, wie ich sonst mich selbst überreden wollte.
Tief in mich gekehrt, nichts außer mir bemerkend und vernehmend, schlich ich über die Straße. Der laute Zuruf des Kutschers, das Gerassel des Wagens weckte mich, schnell sprang ich zur Seite. Der Wagen der Für¬ stin rollte vorüber, der Leibarzt bückte sich aus dem Schlage und winkte mir freundlich zu; ich folgte ihm nach seiner Wohnung.
ich nicht zu denken, nicht zu ahnen, was ich thun muͤſſe, um dem Verderben zu ent¬ rinnen, das mir uͤberall zu drohen ſchien. Voruͤber war jene begeiſterte Stimmung, in der mein ganzes Leben, mein verhaͤngnißvol¬ ler Aufenthalt auf dem Schloſſe des Barons von F. mir nur ein ſchwerer Traum ſchien. In duͤſtrer Verzagtheit ſah ich in mir nur den gemeinen Luͤſtling und Verbrecher. Al¬ les, was ich dem Richter, dem Leibarzt ge¬ ſagt, war nun nichts, als alberne, ſchlecht erfundene Luͤge, nicht eine innere Stimme, hatte geſprochen, wie ich ſonſt mich ſelbſt uͤberreden wollte.
Tief in mich gekehrt, nichts außer mir bemerkend und vernehmend, ſchlich ich uͤber die Straße. Der laute Zuruf des Kutſchers, das Geraſſel des Wagens weckte mich, ſchnell ſprang ich zur Seite. Der Wagen der Fuͤr¬ ſtin rollte voruͤber, der Leibarzt buͤckte ſich aus dem Schlage und winkte mir freundlich zu; ich folgte ihm nach ſeiner Wohnung.
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ich nicht zu denken, nicht zu ahnen, was
ich thun muͤſſe, um dem Verderben zu ent¬
rinnen, das mir uͤberall zu drohen ſchien.
Voruͤber war jene begeiſterte Stimmung, in
der mein ganzes Leben, mein verhaͤngnißvol¬
ler Aufenthalt auf dem Schloſſe des Barons
von F. mir nur ein ſchwerer Traum ſchien.
In duͤſtrer Verzagtheit ſah ich in mir nur
den gemeinen Luͤſtling und Verbrecher. Al¬
les, was ich dem Richter, dem Leibarzt ge¬
ſagt, war nun nichts, als alberne, ſchlecht
erfundene Luͤge, nicht eine innere Stimme,
hatte geſprochen, wie ich ſonſt mich ſelbſt
uͤberreden wollte.
Tief in mich gekehrt, nichts außer mir
bemerkend und vernehmend, ſchlich ich uͤber
die Straße. Der laute Zuruf des Kutſchers,
das Geraſſel des Wagens weckte mich, ſchnell
ſprang ich zur Seite. Der Wagen der Fuͤr¬
ſtin rollte voruͤber, der Leibarzt buͤckte ſich
aus dem Schlage und winkte mir freundlich
zu; ich folgte ihm nach ſeiner Wohnung.
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/108>, abgerufen am 05.12.2024.
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