Weise zu überraschen, er gestand mir unver¬ holen, daß er gerade diesesmal im Sinn ge¬ habt habe, selbst zu predigen, und daß des¬ halb schon das nöthige angeordnet sey, desto leichter sey indessen die Erfüllung meiner Bitte, da er sich mit Krankheit entschuldigen und mich statt seiner herausschicken werde. --
Das geschah wirklich! -- Ich sah meine Mutter, so wie die Fürstin, den Abend vor¬ her; mein Innres war aber so ganz von meiner Rede erfüllt, die den höchsten Gipfel der Beredsamkeit erreichen sollte, daß ihr Wiedersehen nur einen geringen Eindruck auf mich machte. Es war in der Stadt verbrei¬ tet, daß ich statt des erkrankten Leonardus predigen würde, und dies hatte vielleicht noch einen größeren Theil des gebildeten Publi¬ kums herbeigezogen. Ohne das mindeste auf¬ zuschreiben, nur in Gedanken die Rede, in ihren Theilen ordnend, rechnete ich auf die hohe Begeisterung, die das feierliche Hoch¬ amt, das versammelte andächtige Volk, ja
Weiſe zu uͤberraſchen, er geſtand mir unver¬ holen, daß er gerade dieſesmal im Sinn ge¬ habt habe, ſelbſt zu predigen, und daß des¬ halb ſchon das noͤthige angeordnet ſey, deſto leichter ſey indeſſen die Erfuͤllung meiner Bitte, da er ſich mit Krankheit entſchuldigen und mich ſtatt ſeiner herausſchicken werde. —
Das geſchah wirklich! — Ich ſah meine Mutter, ſo wie die Fuͤrſtin, den Abend vor¬ her; mein Innres war aber ſo ganz von meiner Rede erfuͤllt, die den hoͤchſten Gipfel der Beredſamkeit erreichen ſollte, daß ihr Wiederſehen nur einen geringen Eindruck auf mich machte. Es war in der Stadt verbrei¬ tet, daß ich ſtatt des erkrankten Leonardus predigen wuͤrde, und dies hatte vielleicht noch einen groͤßeren Theil des gebildeten Publi¬ kums herbeigezogen. Ohne das mindeſte auf¬ zuſchreiben, nur in Gedanken die Rede, in ihren Theilen ordnend, rechnete ich auf die hohe Begeiſterung, die das feierliche Hoch¬ amt, das verſammelte andaͤchtige Volk, ja
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0095"n="79"/>
Weiſe zu uͤberraſchen, er geſtand mir unver¬<lb/>
holen, daß er gerade dieſesmal im Sinn ge¬<lb/>
habt habe, ſelbſt zu predigen, und daß des¬<lb/>
halb ſchon das noͤthige angeordnet ſey, deſto<lb/>
leichter ſey indeſſen die Erfuͤllung meiner<lb/>
Bitte, da er ſich mit Krankheit entſchuldigen<lb/>
und mich ſtatt ſeiner herausſchicken werde. —</p><lb/><p>Das geſchah wirklich! — Ich ſah meine<lb/>
Mutter, ſo wie die Fuͤrſtin, den Abend vor¬<lb/>
her; mein Innres war aber ſo ganz von<lb/>
meiner Rede erfuͤllt, die den hoͤchſten Gipfel<lb/>
der Beredſamkeit erreichen ſollte, daß ihr<lb/>
Wiederſehen nur einen geringen Eindruck auf<lb/>
mich machte. Es war in der Stadt verbrei¬<lb/>
tet, daß ich ſtatt des erkrankten Leonardus<lb/>
predigen wuͤrde, und dies hatte vielleicht noch<lb/>
einen groͤßeren Theil des gebildeten Publi¬<lb/>
kums herbeigezogen. Ohne das mindeſte auf¬<lb/>
zuſchreiben, nur in Gedanken die Rede, in<lb/>
ihren Theilen ordnend, rechnete ich auf die<lb/>
hohe Begeiſterung, die das feierliche Hoch¬<lb/>
amt, das verſammelte andaͤchtige Volk, ja<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[79/0095]
Weiſe zu uͤberraſchen, er geſtand mir unver¬
holen, daß er gerade dieſesmal im Sinn ge¬
habt habe, ſelbſt zu predigen, und daß des¬
halb ſchon das noͤthige angeordnet ſey, deſto
leichter ſey indeſſen die Erfuͤllung meiner
Bitte, da er ſich mit Krankheit entſchuldigen
und mich ſtatt ſeiner herausſchicken werde. —
Das geſchah wirklich! — Ich ſah meine
Mutter, ſo wie die Fuͤrſtin, den Abend vor¬
her; mein Innres war aber ſo ganz von
meiner Rede erfuͤllt, die den hoͤchſten Gipfel
der Beredſamkeit erreichen ſollte, daß ihr
Wiederſehen nur einen geringen Eindruck auf
mich machte. Es war in der Stadt verbrei¬
tet, daß ich ſtatt des erkrankten Leonardus
predigen wuͤrde, und dies hatte vielleicht noch
einen groͤßeren Theil des gebildeten Publi¬
kums herbeigezogen. Ohne das mindeſte auf¬
zuſchreiben, nur in Gedanken die Rede, in
ihren Theilen ordnend, rechnete ich auf die
hohe Begeiſterung, die das feierliche Hoch¬
amt, das verſammelte andaͤchtige Volk, ja
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/95>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.