Herrliche, das ich verkündet, nochmals wie in einem flammenden Fokus zusammenfaßte, schloß ich meine Rede, deren Eindruck ganz ungewöhnlich, ganz unerhört war. Heftiges Weinen -- unwillkührlich den Lippen entflie¬ hende Ausrufe der andachtvollsten Wonne -- lautes Gebet, hallten meinen Worten nach. Die Brüder zollten mir ihre höchste Bewun¬ derung, Leonardus umarmte mich, er nannte mich den Stolz des Klosters. Mein Ruf verbreitete sich schnell, und um den Bruder Medardus zu hören, drängte sich der vor¬ nehmste, der gebildetste Theil der Stadtbe¬ wohner, schon eine Stunde vor dem Läuten, in die nicht allzugroße Klosterkirche. Mit der Bewunderung stieg mein Eifer und mei¬ ne Sorge, den Reden im stärksten Feuer Ründe und Gewandtheit zu geben. Immer mehr gelang es mir, die Zuhörer zu fesseln, und, immer steigend und steigend, glich bald die Verehrung, die sich überall, wo ich ging und stand in den stärksten Zügen an den Tag
Herrliche, das ich verkuͤndet, nochmals wie in einem flammenden Fokus zuſammenfaßte, ſchloß ich meine Rede, deren Eindruck ganz ungewoͤhnlich, ganz unerhoͤrt war. Heftiges Weinen — unwillkuͤhrlich den Lippen entflie¬ hende Ausrufe der andachtvollſten Wonne — lautes Gebet, hallten meinen Worten nach. Die Bruͤder zollten mir ihre hoͤchſte Bewun¬ derung, Leonardus umarmte mich, er nannte mich den Stolz des Kloſters. Mein Ruf verbreitete ſich ſchnell, und um den Bruder Medardus zu hoͤren, draͤngte ſich der vor¬ nehmſte, der gebildetſte Theil der Stadtbe¬ wohner, ſchon eine Stunde vor dem Laͤuten, in die nicht allzugroße Kloſterkirche. Mit der Bewunderung ſtieg mein Eifer und mei¬ ne Sorge, den Reden im ſtaͤrkſten Feuer Ruͤnde und Gewandtheit zu geben. Immer mehr gelang es mir, die Zuhoͤrer zu feſſeln, und, immer ſteigend und ſteigend, glich bald die Verehrung, die ſich uͤberall, wo ich ging und ſtand in den ſtaͤrkſten Zuͤgen an den Tag
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0073"n="57"/>
Herrliche, das ich verkuͤndet, nochmals wie<lb/>
in einem flammenden Fokus zuſammenfaßte,<lb/>ſchloß ich meine Rede, deren Eindruck ganz<lb/>
ungewoͤhnlich, ganz unerhoͤrt war. Heftiges<lb/>
Weinen — unwillkuͤhrlich den Lippen entflie¬<lb/>
hende Ausrufe der andachtvollſten Wonne —<lb/>
lautes Gebet, hallten meinen Worten nach.<lb/>
Die Bruͤder zollten mir ihre hoͤchſte Bewun¬<lb/>
derung, Leonardus umarmte mich, er nannte<lb/>
mich den Stolz des Kloſters. Mein Ruf<lb/>
verbreitete ſich ſchnell, und um den Bruder<lb/>
Medardus zu hoͤren, draͤngte ſich der vor¬<lb/>
nehmſte, der gebildetſte Theil der Stadtbe¬<lb/>
wohner, ſchon eine Stunde vor dem Laͤuten,<lb/>
in die nicht allzugroße Kloſterkirche. Mit<lb/>
der Bewunderung ſtieg mein Eifer und mei¬<lb/>
ne Sorge, den Reden im ſtaͤrkſten Feuer<lb/>
Ruͤnde und Gewandtheit zu geben. Immer<lb/>
mehr gelang es mir, die Zuhoͤrer zu feſſeln,<lb/>
und, immer ſteigend und ſteigend, glich bald<lb/>
die Verehrung, die ſich uͤberall, wo ich ging<lb/>
und ſtand in den ſtaͤrkſten Zuͤgen an den Tag<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[57/0073]
Herrliche, das ich verkuͤndet, nochmals wie
in einem flammenden Fokus zuſammenfaßte,
ſchloß ich meine Rede, deren Eindruck ganz
ungewoͤhnlich, ganz unerhoͤrt war. Heftiges
Weinen — unwillkuͤhrlich den Lippen entflie¬
hende Ausrufe der andachtvollſten Wonne —
lautes Gebet, hallten meinen Worten nach.
Die Bruͤder zollten mir ihre hoͤchſte Bewun¬
derung, Leonardus umarmte mich, er nannte
mich den Stolz des Kloſters. Mein Ruf
verbreitete ſich ſchnell, und um den Bruder
Medardus zu hoͤren, draͤngte ſich der vor¬
nehmſte, der gebildetſte Theil der Stadtbe¬
wohner, ſchon eine Stunde vor dem Laͤuten,
in die nicht allzugroße Kloſterkirche. Mit
der Bewunderung ſtieg mein Eifer und mei¬
ne Sorge, den Reden im ſtaͤrkſten Feuer
Ruͤnde und Gewandtheit zu geben. Immer
mehr gelang es mir, die Zuhoͤrer zu feſſeln,
und, immer ſteigend und ſteigend, glich bald
die Verehrung, die ſich uͤberall, wo ich ging
und ſtand in den ſtaͤrkſten Zuͤgen an den Tag
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/73>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.