aber indem ich den Hochbegabten glücklich pries, war es mir, als rege sich eine innere Kraft, die mich mächtig antrieb, es ihm gleich zu thun. Hatte ich ihn gehört, so predigte ich auf meiner einsamen Stube, mich ganz der Begeisterung des Moments überlassend, bis es mir gelang, meine Ideen, meine Worte festzuhalten und aufzuschreiben. -- Der Bru¬ der, welcher im Kloster zu predigen pflegte, wurde zusehends schwächer, seine Reden schlichen wie ein halbversiegter Bach müh¬ sam und tonlos dahin, und die ungewöhnlich gedehnte Sprache, welche der Mangel an Ideen und Worten erzeugte, da er ohne Con¬ zept sprach, machte seine Reden so unaussteh¬ lich lang, daß vor dem Amen schon der größte Theil der Gemeinde, wie bei dem bedeu¬ tungslosen eintönigen Geklapper einer Mühle, sanft eingeschlummert war, und nur durch den Klang der Orgel wieder erweckt werden konnte. Der Prior Leonardus war zwar ein ganz vorzüglicher Redner, indessen trug er
aber indem ich den Hochbegabten gluͤcklich pries, war es mir, als rege ſich eine innere Kraft, die mich maͤchtig antrieb, es ihm gleich zu thun. Hatte ich ihn gehoͤrt, ſo predigte ich auf meiner einſamen Stube, mich ganz der Begeiſterung des Moments uͤberlaſſend, bis es mir gelang, meine Ideen, meine Worte feſtzuhalten und aufzuſchreiben. — Der Bru¬ der, welcher im Kloſter zu predigen pflegte, wurde zuſehends ſchwaͤcher, ſeine Reden ſchlichen wie ein halbverſiegter Bach muͤh¬ ſam und tonlos dahin, und die ungewoͤhnlich gedehnte Sprache, welche der Mangel an Ideen und Worten erzeugte, da er ohne Con¬ zept ſprach, machte ſeine Reden ſo unausſteh¬ lich lang, daß vor dem Amen ſchon der groͤßte Theil der Gemeinde, wie bei dem bedeu¬ tungsloſen eintoͤnigen Geklapper einer Muͤhle, ſanft eingeſchlummert war, und nur durch den Klang der Orgel wieder erweckt werden konnte. Der Prior Leonardus war zwar ein ganz vorzuͤglicher Redner, indeſſen trug er
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[54/0070]
aber indem ich den Hochbegabten gluͤcklich
pries, war es mir, als rege ſich eine innere
Kraft, die mich maͤchtig antrieb, es ihm gleich
zu thun. Hatte ich ihn gehoͤrt, ſo predigte
ich auf meiner einſamen Stube, mich ganz
der Begeiſterung des Moments uͤberlaſſend,
bis es mir gelang, meine Ideen, meine Worte
feſtzuhalten und aufzuſchreiben. — Der Bru¬
der, welcher im Kloſter zu predigen pflegte,
wurde zuſehends ſchwaͤcher, ſeine Reden
ſchlichen wie ein halbverſiegter Bach muͤh¬
ſam und tonlos dahin, und die ungewoͤhnlich
gedehnte Sprache, welche der Mangel an
Ideen und Worten erzeugte, da er ohne Con¬
zept ſprach, machte ſeine Reden ſo unausſteh¬
lich lang, daß vor dem Amen ſchon der groͤßte
Theil der Gemeinde, wie bei dem bedeu¬
tungsloſen eintoͤnigen Geklapper einer Muͤhle,
ſanft eingeſchlummert war, und nur durch
den Klang der Orgel wieder erweckt werden
konnte. Der Prior Leonardus war zwar ein
ganz vorzuͤglicher Redner, indeſſen trug er
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/70>, abgerufen am 27.11.2024.
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