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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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schöflichen Conzertmeister, welcher mich in
der Musik unterrichtete, erworben, so fühlte
ich mich doch in jeder Gesellschaft, und vor¬
züglich wenn Frauenzimmer zugegen waren,
auf unangenehme Weise befangen, und dies,
so wie überhaupt der Hang zum contempla¬
tiven Leben, schien meinen innern Beruf zum
Kloster zu entscheiden. --

Einst hatte der Prior viel Merkwürdiges
mit mir gesprochen, über das profane Leben;
er war eingedrungen in die schlüpfrigsten
Materien, die er aber mit seiner gewöhnli¬
chen Leichtigkeit und Anmuth des Ausdrucks
zu behandeln wußte, so daß er, alles nur
im mindesten Anstößige vermeidend, doch
immer auf den rechten Fleck traf. Er nahm
endlich meine Hand, sah mir scharf ins Au¬
ge, und frug, ob ich noch unschuldig sey? --
Ich fühlte mich erglühen, denn indem Leo¬
nardus mich so verfänglich frug, sprang ein
Bild in den lebendigsten Farben hervor,
welches so lange ganz von mir gewichen. --

Der

ſchoͤflichen Conzertmeiſter, welcher mich in
der Muſik unterrichtete, erworben, ſo fuͤhlte
ich mich doch in jeder Geſellſchaft, und vor¬
zuͤglich wenn Frauenzimmer zugegen waren,
auf unangenehme Weiſe befangen, und dies,
ſo wie uͤberhaupt der Hang zum contempla¬
tiven Leben, ſchien meinen innern Beruf zum
Kloſter zu entſcheiden. —

Einſt hatte der Prior viel Merkwuͤrdiges
mit mir geſprochen, uͤber das profane Leben;
er war eingedrungen in die ſchluͤpfrigſten
Materien, die er aber mit ſeiner gewoͤhnli¬
chen Leichtigkeit und Anmuth des Ausdrucks
zu behandeln wußte, ſo daß er, alles nur
im mindeſten Anſtoͤßige vermeidend, doch
immer auf den rechten Fleck traf. Er nahm
endlich meine Hand, ſah mir ſcharf ins Au¬
ge, und frug, ob ich noch unſchuldig ſey? —
Ich fuͤhlte mich ergluͤhen, denn indem Leo¬
nardus mich ſo verfaͤnglich frug, ſprang ein
Bild in den lebendigſten Farben hervor,
welches ſo lange ganz von mir gewichen. —

Der
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[32/0048] ſchoͤflichen Conzertmeiſter, welcher mich in der Muſik unterrichtete, erworben, ſo fuͤhlte ich mich doch in jeder Geſellſchaft, und vor¬ zuͤglich wenn Frauenzimmer zugegen waren, auf unangenehme Weiſe befangen, und dies, ſo wie uͤberhaupt der Hang zum contempla¬ tiven Leben, ſchien meinen innern Beruf zum Kloſter zu entſcheiden. — Einſt hatte der Prior viel Merkwuͤrdiges mit mir geſprochen, uͤber das profane Leben; er war eingedrungen in die ſchluͤpfrigſten Materien, die er aber mit ſeiner gewoͤhnli¬ chen Leichtigkeit und Anmuth des Ausdrucks zu behandeln wußte, ſo daß er, alles nur im mindeſten Anſtoͤßige vermeidend, doch immer auf den rechten Fleck traf. Er nahm endlich meine Hand, ſah mir ſcharf ins Au¬ ge, und frug, ob ich noch unſchuldig ſey? — Ich fuͤhlte mich ergluͤhen, denn indem Leo¬ nardus mich ſo verfaͤnglich frug, ſprang ein Bild in den lebendigſten Farben hervor, welches ſo lange ganz von mir gewichen. — Der

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/48>, abgerufen am 23.11.2024.