Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite

Land trug, und in dem duftenden Walde er¬
tönten die holden Engelsstimmen, und der
wunderbare Knabe, trat wie aus hohen Li¬
lienbüschen mir entgegen, und frug mich lä¬
chelnd: wo warst du denn so lange, Francis¬
cus? -- ich habe viele schöne bunte Blu¬
men, die will ich dir alle schenken, wenn
du bei mir bleibst, und mich liebst immer¬
dar. --

Nach dem Hochamt hielten die Nonnen,
unter dem Vortritt der Aebtissin, die mit
der Inful geschmückt war, und den silber¬
nen Hirtenstab trug, eine feierliche Prozes¬
sion durch die Gänge des Klosters und durch
die Kirche. Welche Heiligkeit, welche Wür¬
de, welche überirrdische Größe strahlte aus
jedem Blick der herrlichen Frau, leitete jede
ihrer Bewegungen! Es war die triumphi¬
rende Kirche selbst, die dem frommen gläu¬
bigen Volke Gnade und Seegen verhieß.
Ich hätte mich vor ihr in den Staub wer¬
fen mögen, wenn ihr Blick zufällig auf mich

Land trug, und in dem duftenden Walde er¬
toͤnten die holden Engelsſtimmen, und der
wunderbare Knabe, trat wie aus hohen Li¬
lienbuͤſchen mir entgegen, und frug mich laͤ¬
chelnd: wo warſt du denn ſo lange, Francis¬
cus? — ich habe viele ſchoͤne bunte Blu¬
men, die will ich dir alle ſchenken, wenn
du bei mir bleibſt, und mich liebſt immer¬
dar. —

Nach dem Hochamt hielten die Nonnen,
unter dem Vortritt der Aebtiſſin, die mit
der Inful geſchmuͤckt war, und den ſilber¬
nen Hirtenſtab trug, eine feierliche Prozeſ¬
ſion durch die Gaͤnge des Kloſters und durch
die Kirche. Welche Heiligkeit, welche Wuͤr¬
de, welche uͤberirrdiſche Groͤße ſtrahlte aus
jedem Blick der herrlichen Frau, leitete jede
ihrer Bewegungen! Es war die triumphi¬
rende Kirche ſelbſt, die dem frommen glaͤu¬
bigen Volke Gnade und Seegen verhieß.
Ich haͤtte mich vor ihr in den Staub wer¬
fen moͤgen, wenn ihr Blick zufaͤllig auf mich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0037" n="21"/>
Land trug, und in dem duftenden Walde er¬<lb/>
to&#x0364;nten die holden Engels&#x017F;timmen, und der<lb/>
wunderbare Knabe, trat wie aus hohen Li¬<lb/>
lienbu&#x0364;&#x017F;chen mir entgegen, und frug mich la&#x0364;¬<lb/>
chelnd: wo war&#x017F;t du denn &#x017F;o lange, Francis¬<lb/>
cus? &#x2014; ich habe viele &#x017F;cho&#x0364;ne bunte Blu¬<lb/>
men, die will ich dir alle &#x017F;chenken, wenn<lb/>
du bei mir bleib&#x017F;t, und mich lieb&#x017F;t immer¬<lb/>
dar. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Nach dem Hochamt hielten die Nonnen,<lb/>
unter dem Vortritt der Aebti&#x017F;&#x017F;in, die mit<lb/>
der Inful ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt war, und den &#x017F;ilber¬<lb/>
nen Hirten&#x017F;tab trug, eine feierliche Proze&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;ion durch die Ga&#x0364;nge des Klo&#x017F;ters und durch<lb/>
die Kirche. Welche Heiligkeit, welche Wu&#x0364;<lb/>
de, welche u&#x0364;berirrdi&#x017F;che Gro&#x0364;ße &#x017F;trahlte aus<lb/>
jedem Blick der herrlichen Frau, leitete jede<lb/>
ihrer Bewegungen! Es war die triumphi¬<lb/>
rende Kirche &#x017F;elb&#x017F;t, die dem frommen gla&#x0364;<lb/>
bigen Volke Gnade und Seegen verhieß.<lb/>
Ich ha&#x0364;tte mich vor ihr in den Staub wer¬<lb/>
fen mo&#x0364;gen, wenn ihr Blick zufa&#x0364;llig auf mich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0037] Land trug, und in dem duftenden Walde er¬ toͤnten die holden Engelsſtimmen, und der wunderbare Knabe, trat wie aus hohen Li¬ lienbuͤſchen mir entgegen, und frug mich laͤ¬ chelnd: wo warſt du denn ſo lange, Francis¬ cus? — ich habe viele ſchoͤne bunte Blu¬ men, die will ich dir alle ſchenken, wenn du bei mir bleibſt, und mich liebſt immer¬ dar. — Nach dem Hochamt hielten die Nonnen, unter dem Vortritt der Aebtiſſin, die mit der Inful geſchmuͤckt war, und den ſilber¬ nen Hirtenſtab trug, eine feierliche Prozeſ¬ ſion durch die Gaͤnge des Kloſters und durch die Kirche. Welche Heiligkeit, welche Wuͤr¬ de, welche uͤberirrdiſche Groͤße ſtrahlte aus jedem Blick der herrlichen Frau, leitete jede ihrer Bewegungen! Es war die triumphi¬ rende Kirche ſelbſt, die dem frommen glaͤu¬ bigen Volke Gnade und Seegen verhieß. Ich haͤtte mich vor ihr in den Staub wer¬ fen moͤgen, wenn ihr Blick zufaͤllig auf mich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/37
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/37>, abgerufen am 23.11.2024.