der Mann willkommen, und ich stand nicht an, ihn zu fragen, ob er sich getraue, meine durch die lange Reise, und noch dazu durch übles Verschneiden ganz in Verwirrung ge¬ rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er sah meinen Kopf mit kunstrichterlichen Augen an, und sprach, indem er die rechte Hand, graziös gekrümmt, mit ausgespreitzten Fin¬ gern auf die rechte Brust legte. "In Ord¬ nung bringen? -- O Gott! Pietro Belcampo, Du, den die schnöden Neider schlechtweg Pe¬ ter Schönfeld nennen, wie den göttlichen Regimentspfeifer und Hornisten Giacomo Punto, Jakob Stich, Du wirst verkannt. Aber stellst Du nicht selbst Dein Licht unter den Scheffel, statt es leuchten zu lassen vor der Welt? Sollte der Bau dieser Hand, sollte der Funke des Genies, der aus diesem Auge strahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die Nase färbt im Vorbeistreifen, sollte Dein gan¬ zes Wesen nicht dem ersten Blick des Ken¬ ners verrathen, daß der Geist Dir einwohnt,
der Mann willkommen, und ich ſtand nicht an, ihn zu fragen, ob er ſich getraue, meine durch die lange Reiſe, und noch dazu durch uͤbles Verſchneiden ganz in Verwirrung ge¬ rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er ſah meinen Kopf mit kunſtrichterlichen Augen an, und ſprach, indem er die rechte Hand, grazioͤs gekruͤmmt, mit ausgeſpreitzten Fin¬ gern auf die rechte Bruſt legte. „In Ord¬ nung bringen? — O Gott! Pietro Belcampo, Du, den die ſchnoͤden Neider ſchlechtweg Pe¬ ter Schoͤnfeld nennen, wie den goͤttlichen Regimentspfeifer und Horniſten Giacomo Punto, Jakob Stich, Du wirſt verkannt. Aber ſtellſt Du nicht ſelbſt Dein Licht unter den Scheffel, ſtatt es leuchten zu laſſen vor der Welt? Sollte der Bau dieſer Hand, ſollte der Funke des Genies, der aus dieſem Auge ſtrahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die Naſe faͤrbt im Vorbeiſtreifen, ſollte Dein gan¬ zes Weſen nicht dem erſten Blick des Ken¬ ners verrathen, daß der Geiſt Dir einwohnt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0218"n="202"/>
der Mann willkommen, und ich ſtand nicht<lb/>
an, ihn zu fragen, ob er ſich getraue, meine<lb/>
durch die lange Reiſe, und noch dazu durch<lb/>
uͤbles Verſchneiden ganz in Verwirrung ge¬<lb/>
rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er<lb/>ſah meinen Kopf mit kunſtrichterlichen Augen<lb/>
an, und ſprach, indem er die rechte Hand,<lb/>
grazioͤs gekruͤmmt, mit ausgeſpreitzten Fin¬<lb/>
gern auf die rechte Bruſt legte. „In Ord¬<lb/>
nung bringen? — O Gott! Pietro Belcampo,<lb/>
Du, den die ſchnoͤden Neider ſchlechtweg Pe¬<lb/>
ter Schoͤnfeld nennen, wie den goͤttlichen<lb/>
Regimentspfeifer und Horniſten Giacomo<lb/>
Punto, Jakob Stich, Du wirſt verkannt. Aber<lb/>ſtellſt Du nicht ſelbſt Dein Licht unter den<lb/>
Scheffel, ſtatt es leuchten zu laſſen vor der<lb/>
Welt? Sollte der Bau dieſer Hand, ſollte<lb/>
der Funke des Genies, der aus dieſem Auge<lb/>ſtrahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die<lb/>
Naſe faͤrbt im Vorbeiſtreifen, ſollte Dein gan¬<lb/>
zes Weſen nicht dem erſten Blick des Ken¬<lb/>
ners verrathen, daß der Geiſt Dir einwohnt,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[202/0218]
der Mann willkommen, und ich ſtand nicht
an, ihn zu fragen, ob er ſich getraue, meine
durch die lange Reiſe, und noch dazu durch
uͤbles Verſchneiden ganz in Verwirrung ge¬
rathene Haare in Ordnung zu bringen! Er
ſah meinen Kopf mit kunſtrichterlichen Augen
an, und ſprach, indem er die rechte Hand,
grazioͤs gekruͤmmt, mit ausgeſpreitzten Fin¬
gern auf die rechte Bruſt legte. „In Ord¬
nung bringen? — O Gott! Pietro Belcampo,
Du, den die ſchnoͤden Neider ſchlechtweg Pe¬
ter Schoͤnfeld nennen, wie den goͤttlichen
Regimentspfeifer und Horniſten Giacomo
Punto, Jakob Stich, Du wirſt verkannt. Aber
ſtellſt Du nicht ſelbſt Dein Licht unter den
Scheffel, ſtatt es leuchten zu laſſen vor der
Welt? Sollte der Bau dieſer Hand, ſollte
der Funke des Genies, der aus dieſem Auge
ſtrahlt, und wie ein lieblich Morgenroth die
Naſe faͤrbt im Vorbeiſtreifen, ſollte Dein gan¬
zes Weſen nicht dem erſten Blick des Ken¬
ners verrathen, daß der Geiſt Dir einwohnt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/218>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.