ich ihm von jeder Sünde, die er begangen, Absolution zusage: da stand er auf, seine Augenbraunen zogen sich zusammen, die Au¬ gen brannten, eine glühende Röthe überflog sein leichenblasses Gesicht, und mit seltsam gellender Stimme rief er: "Bist Du denn rein von der Sünde, daß Du es wagst, wie der Reinste, ja wie Gott selbst, den Du ver¬ höhnest, in meine Brust schauen zu wollen, daß Du es wagst, mir Vergebung der Sün¬ de zuzusagen, Du, der Du selbst vergeblich ringen wirst nach der Entsündigung, nach der Seeligkeit des Himmels, die sich Dir auf ewig verschloß? Elender Heuchler, bald kommt die Stunde der Vergeltung, und in den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm, zuckst Du im schmachvollen Tode vergebens nach Hülfe, nach Erlösung von unnennbarer Quaal ächzend, bis Du verdirbst in Wahn¬ sinn und Verzweiflung!" -- Er schritt rasch von dannen, ich war zerschmettert, vernich¬ tet, all' meine Fassung, mein Muth, war
ich ihm von jeder Suͤnde, die er begangen, Abſolution zuſage: da ſtand er auf, ſeine Augenbraunen zogen ſich zuſammen, die Au¬ gen brannten, eine gluͤhende Roͤthe uͤberflog ſein leichenblaſſes Geſicht, und mit ſeltſam gellender Stimme rief er: „Biſt Du denn rein von der Suͤnde, daß Du es wagſt, wie der Reinſte, ja wie Gott ſelbſt, den Du ver¬ hoͤhneſt, in meine Bruſt ſchauen zu wollen, daß Du es wagſt, mir Vergebung der Suͤn¬ de zuzuſagen, Du, der Du ſelbſt vergeblich ringen wirſt nach der Entſuͤndigung, nach der Seeligkeit des Himmels, die ſich Dir auf ewig verſchloß? Elender Heuchler, bald kommt die Stunde der Vergeltung, und in den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm, zuckſt Du im ſchmachvollen Tode vergebens nach Huͤlfe, nach Erloͤſung von unnennbarer Quaal aͤchzend, bis Du verdirbſt in Wahn¬ ſinn und Verzweiflung!“ — Er ſchritt raſch von dannen, ich war zerſchmettert, vernich¬ tet, all' meine Faſſung, mein Muth, war
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0163"n="147"/>
ich ihm von jeder Suͤnde, die er begangen,<lb/>
Abſolution zuſage: da ſtand er auf, ſeine<lb/>
Augenbraunen zogen ſich zuſammen, die Au¬<lb/>
gen brannten, eine gluͤhende Roͤthe uͤberflog<lb/>ſein leichenblaſſes Geſicht, und mit ſeltſam<lb/>
gellender Stimme rief er: „Biſt Du denn<lb/>
rein von der Suͤnde, daß Du es wagſt, wie<lb/>
der Reinſte, ja wie Gott ſelbſt, den Du ver¬<lb/>
hoͤhneſt, in meine Bruſt ſchauen zu wollen,<lb/>
daß Du es wagſt, mir Vergebung der Suͤn¬<lb/>
de zuzuſagen, Du, der Du ſelbſt vergeblich<lb/>
ringen wirſt nach der Entſuͤndigung, nach<lb/>
der Seeligkeit des Himmels, die ſich Dir<lb/>
auf ewig verſchloß? Elender Heuchler, bald<lb/>
kommt die Stunde der Vergeltung, und in<lb/>
den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm,<lb/>
zuckſt Du im ſchmachvollen Tode vergebens<lb/>
nach Huͤlfe, nach Erloͤſung von unnennbarer<lb/>
Quaal aͤchzend, bis Du verdirbſt in Wahn¬<lb/>ſinn und Verzweiflung!“— Er ſchritt raſch<lb/>
von dannen, ich war zerſchmettert, vernich¬<lb/>
tet, all' meine Faſſung, mein Muth, war<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[147/0163]
ich ihm von jeder Suͤnde, die er begangen,
Abſolution zuſage: da ſtand er auf, ſeine
Augenbraunen zogen ſich zuſammen, die Au¬
gen brannten, eine gluͤhende Roͤthe uͤberflog
ſein leichenblaſſes Geſicht, und mit ſeltſam
gellender Stimme rief er: „Biſt Du denn
rein von der Suͤnde, daß Du es wagſt, wie
der Reinſte, ja wie Gott ſelbſt, den Du ver¬
hoͤhneſt, in meine Bruſt ſchauen zu wollen,
daß Du es wagſt, mir Vergebung der Suͤn¬
de zuzuſagen, Du, der Du ſelbſt vergeblich
ringen wirſt nach der Entſuͤndigung, nach
der Seeligkeit des Himmels, die ſich Dir
auf ewig verſchloß? Elender Heuchler, bald
kommt die Stunde der Vergeltung, und in
den Staub getreten, wie ein giftiger Wurm,
zuckſt Du im ſchmachvollen Tode vergebens
nach Huͤlfe, nach Erloͤſung von unnennbarer
Quaal aͤchzend, bis Du verdirbſt in Wahn¬
ſinn und Verzweiflung!“ — Er ſchritt raſch
von dannen, ich war zerſchmettert, vernich¬
tet, all' meine Faſſung, mein Muth, war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/163>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.