über die eigne Dürftigkeit erhob, und ent¬ zückt in den Genüssen eines höheren Lebens schwelgte, die ihm unbekannt gewesen. Es fehlte natürlicherweise nicht an Anbetern, die täglich zu der Gottheit mit Inbrunst fleh¬ ten; man konnte indessen nie mit Bestimmt¬ heit sagen, daß sie diesen oder jenen beson¬ ders auszeichne, vielmehr wußte sie mit schalkhafter Ironie, die, ohne zu beleidigen, nur wie starkes brennendes Gewürz anregte und reitzte, Alle mit einem unauflöslichen Bande zu umschlingen, daß sie sich, festgezau¬ bert in dem magischen Kreise froh und lu¬ stig bewegten. Auf den Baron hatte diese Cirze einen wunderbaren Eindruck gemacht. Sie bewies ihm gleich bei seinem Erscheinen eine Aufmerksamkeit, die von kindlicher Ehr¬ furcht erzeugt zu seyn schien; in jedem Ge¬ spräch mit ihm, zeigte sie den gebildetsten Verstand und tiefes Gefühl, wie er es kaum noch bei Weibern gefunden. Mit unbeschreib¬ licher Zartheit suchte und fand sie Aureliens
uͤber die eigne Duͤrftigkeit erhob, und ent¬ zuͤckt in den Genuͤſſen eines hoͤheren Lebens ſchwelgte, die ihm unbekannt geweſen. Es fehlte natuͤrlicherweiſe nicht an Anbetern, die taͤglich zu der Gottheit mit Inbrunſt fleh¬ ten; man konnte indeſſen nie mit Beſtimmt¬ heit ſagen, daß ſie dieſen oder jenen beſon¬ ders auszeichne, vielmehr wußte ſie mit ſchalkhafter Ironie, die, ohne zu beleidigen, nur wie ſtarkes brennendes Gewuͤrz anregte und reitzte, Alle mit einem unaufloͤslichen Bande zu umſchlingen, daß ſie ſich, feſtgezau¬ bert in dem magiſchen Kreiſe froh und lu¬ ſtig bewegten. Auf den Baron hatte dieſe Cirze einen wunderbaren Eindruck gemacht. Sie bewies ihm gleich bei ſeinem Erſcheinen eine Aufmerkſamkeit, die von kindlicher Ehr¬ furcht erzeugt zu ſeyn ſchien; in jedem Ge¬ ſpraͤch mit ihm, zeigte ſie den gebildetſten Verſtand und tiefes Gefuͤhl, wie er es kaum noch bei Weibern gefunden. Mit unbeſchreib¬ licher Zartheit ſuchte und fand ſie Aureliens
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uͤber die eigne Duͤrftigkeit erhob, und ent¬
zuͤckt in den Genuͤſſen eines hoͤheren Lebens
ſchwelgte, die ihm unbekannt geweſen. Es
fehlte natuͤrlicherweiſe nicht an Anbetern, die
taͤglich zu der Gottheit mit Inbrunſt fleh¬
ten; man konnte indeſſen nie mit Beſtimmt¬
heit ſagen, daß ſie dieſen oder jenen beſon¬
ders auszeichne, vielmehr wußte ſie mit
ſchalkhafter Ironie, die, ohne zu beleidigen,
nur wie ſtarkes brennendes Gewuͤrz anregte
und reitzte, Alle mit einem unaufloͤslichen
Bande zu umſchlingen, daß ſie ſich, feſtgezau¬
bert in dem magiſchen Kreiſe froh und lu¬
ſtig bewegten. Auf den Baron hatte dieſe
Cirze einen wunderbaren Eindruck gemacht.
Sie bewies ihm gleich bei ſeinem Erſcheinen
eine Aufmerkſamkeit, die von kindlicher Ehr¬
furcht erzeugt zu ſeyn ſchien; in jedem Ge¬
ſpraͤch mit ihm, zeigte ſie den gebildetſten
Verſtand und tiefes Gefuͤhl, wie er es kaum
noch bei Weibern gefunden. Mit unbeſchreib¬
licher Zartheit ſuchte und fand ſie Aureliens
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/134>, abgerufen am 23.11.2024.
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