Van't Hoff, Jakobus Heinrich: Gedächtnisrede auf Hans Heinrich Landolt. Berlin, 1911.Zürich (1831--1853).
Zürich (1831—1853).
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0005" n="5"/> <div> <head><lb/> Zürich (1831—1853).</head> <p><lb/> Am 15. März schied Hans Heinrich Landolt, der Älteste unserer che-<lb/> mischen wissenschaftlichen Generation, der Altmeister der physikalischen<lb/> Chemie, von uns. Er war am 5. Dezember 1831 in Zürich geboren und<lb/> hat also das hohe Alter von 78 Jahren erreicht, doch wurde ihm das<lb/> Glück zuteil, sich nicht überlebt zu haben. Nicht müde und vergessen<lb/> von seinen Zeitgenossen hat er sich nach ewiger Ruhe gesehnt; nein, fröh-<lb/> lich und arbeitsfroh, rastlos bis zum letzten Tage, wurde er von dem<lb/> Friedebringer überrascht, der ihm sanft und mild die Feder aus der Hand<lb/> nahm, nachdem das große Werk soeben vollendet war. Tätig und lebendig<lb/> wirkend bis zuletzt, so wird Landolt im Gedächtnis der wissenschaftlichen<lb/> Gefährten, im Herzen der Freunde und Verwandten fortleben.<lb/> »Landolt war ein Sproß derselben alten und angesehenen Züricher<lb/> Patrizierfamilie, der auch jener Salomon Landolt, ‘der Landvogt von<lb/> Greifensee’, angehörte, den Gottfried Keller in seinen ‘Züricher Novellen’<lb/> so köstlich geschildert hat. In seiner ganzen Persönlichkeit war diese Ab-<lb/> stammung unverkennbar ausgeprägt: schlicht und aufrecht, einfach und<lb/> doch vornehm vom Scheitel bis zur Sohle, frei in Denken, Fühlen und<lb/> Handeln, ohne irgendwelchen religiösen oder politischen Aberglauben, war<lb/> Landolt das Urbild des tüchtigen, freien Schweizer Bürgers.« Diese treff-<lb/> lichen Worte des langjährigen Mitarbeiters von Landolt, Prof. Brühl,<lb/> mögen das Bild des allverehrten und geliebten Kollegen einleitend zur Lebens-<lb/> skizze bei diesem feierlichen Anlaß noch einmal bringen.<lb/> Landolts in Zürich verlebte Jugend war eine überaus schöne und<lb/> sorglose. Er war von früh auf fleißig und zeigte alsbald seine wissen-<lb/> schaftliche Neigung, indem er auf dem Gute seiner Großeltern sich leiden-<lb/> schaftlich, auf Kosten von Vorhängen und Decken, mit chemischen Ver-<lb/> suchen und Feuerwerken beschäftigte; die Flamme und das Licht sollten<lb/> bekanntlich nachher öfters seine größeren Arbeiten heherrschen.<lb/> 1*</p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0005]
Zürich (1831—1853).
Am 15. März schied Hans Heinrich Landolt, der Älteste unserer che-
mischen wissenschaftlichen Generation, der Altmeister der physikalischen
Chemie, von uns. Er war am 5. Dezember 1831 in Zürich geboren und
hat also das hohe Alter von 78 Jahren erreicht, doch wurde ihm das
Glück zuteil, sich nicht überlebt zu haben. Nicht müde und vergessen
von seinen Zeitgenossen hat er sich nach ewiger Ruhe gesehnt; nein, fröh-
lich und arbeitsfroh, rastlos bis zum letzten Tage, wurde er von dem
Friedebringer überrascht, der ihm sanft und mild die Feder aus der Hand
nahm, nachdem das große Werk soeben vollendet war. Tätig und lebendig
wirkend bis zuletzt, so wird Landolt im Gedächtnis der wissenschaftlichen
Gefährten, im Herzen der Freunde und Verwandten fortleben.
»Landolt war ein Sproß derselben alten und angesehenen Züricher
Patrizierfamilie, der auch jener Salomon Landolt, ‘der Landvogt von
Greifensee’, angehörte, den Gottfried Keller in seinen ‘Züricher Novellen’
so köstlich geschildert hat. In seiner ganzen Persönlichkeit war diese Ab-
stammung unverkennbar ausgeprägt: schlicht und aufrecht, einfach und
doch vornehm vom Scheitel bis zur Sohle, frei in Denken, Fühlen und
Handeln, ohne irgendwelchen religiösen oder politischen Aberglauben, war
Landolt das Urbild des tüchtigen, freien Schweizer Bürgers.« Diese treff-
lichen Worte des langjährigen Mitarbeiters von Landolt, Prof. Brühl,
mögen das Bild des allverehrten und geliebten Kollegen einleitend zur Lebens-
skizze bei diesem feierlichen Anlaß noch einmal bringen.
Landolts in Zürich verlebte Jugend war eine überaus schöne und
sorglose. Er war von früh auf fleißig und zeigte alsbald seine wissen-
schaftliche Neigung, indem er auf dem Gute seiner Großeltern sich leiden-
schaftlich, auf Kosten von Vorhängen und Decken, mit chemischen Ver-
suchen und Feuerwerken beschäftigte; die Flamme und das Licht sollten
bekanntlich nachher öfters seine größeren Arbeiten heherrschen.
1*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Digitalisate und OCR.
(2020-03-03T12:13:05Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, OCR-D: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-03-04T12:13:05Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |