Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Tübingen, 1799.diß gastfreundlicher die Inseln des Lichts! - dich wundert die Rede? Liebster! alle Scheidenden sprechen, wie Trunkne, und nehmen gerne sich festlich. Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenroths? Große Seele, rief ich, muß ich Mitleid für dich tragen? Ich fühlt' an seiner Höhe, wie tief er litt. Ich hatte solches Weh im Leben nie erfahren. Und doch, o Bellarmin! doch fühlt' ich auch die Größe aller Freuden, solch ein Götterbild in Augen und Armen zu haben. Ja! stirb nur, rief ich, stirb! Dein Herz ist herrlich genug, dein Leben ist reif, wie die Trauben am Herbsttag. Geh, Vollendeter! ich gienge mit dir, wenn es keine Diotima gäbe. Hab ich dich nun? erwiedert' Alabanda, sprichst du so? wie tief, wie seelenvoll wird alles, wenn mein Hyperion es einmal faßt! Er schmeichelt, rief ich, um das unbesonnene Wort zum zweitenmale mir abzuloken! gute Götter! um von mir Erlaubniß zu gewinnen zu der Reise nach dem Blutgericht! Ich schmeichle nicht, erwiedert' er mit Ernst, ich hab ein Recht, zu thun, was du verhindern willst, und kein gemeines! ehre das! diß gastfreundlicher die Inseln des Lichts! – dich wundert die Rede? Liebster! alle Scheidenden sprechen, wie Trunkne, und nehmen gerne sich festlich. Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenroths? Große Seele, rief ich, muß ich Mitleid für dich tragen? Ich fühlt’ an seiner Höhe, wie tief er litt. Ich hatte solches Weh im Leben nie erfahren. Und doch, o Bellarmin! doch fühlt’ ich auch die Größe aller Freuden, solch ein Götterbild in Augen und Armen zu haben. Ja! stirb nur, rief ich, stirb! Dein Herz ist herrlich genug, dein Leben ist reif, wie die Trauben am Herbsttag. Geh, Vollendeter! ich gienge mit dir, wenn es keine Diotima gäbe. Hab ich dich nun? erwiedert’ Alabanda, sprichst du so? wie tief, wie seelenvoll wird alles, wenn mein Hyperion es einmal faßt! Er schmeichelt, rief ich, um das unbesonnene Wort zum zweitenmale mir abzuloken! gute Götter! um von mir Erlaubniß zu gewinnen zu der Reise nach dem Blutgericht! Ich schmeichle nicht, erwiedert’ er mit Ernst, ich hab ein Recht, zu thun, was du verhindern willst, und kein gemeines! ehre das! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0089"/> diß gastfreundlicher die Inseln des Lichts! – dich wundert die Rede? Liebster! alle Scheidenden sprechen, wie Trunkne, und nehmen gerne sich festlich. Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenroths?</p><lb/> <p>Große Seele, rief ich, muß ich Mitleid für dich tragen?</p><lb/> <p>Ich fühlt’ an seiner Höhe, wie tief er litt. Ich hatte solches Weh im Leben nie erfahren. Und doch, o Bellarmin! doch fühlt’ ich auch die Größe aller Freuden, solch ein Götterbild in Augen und Armen zu haben. Ja! stirb nur, rief ich, stirb! Dein Herz ist herrlich genug, dein Leben ist reif, wie die Trauben am Herbsttag. Geh, Vollendeter! ich gienge mit dir, wenn es keine Diotima gäbe.</p><lb/> <p>Hab ich dich nun? erwiedert’ Alabanda, sprichst du so? wie tief, wie seelenvoll wird alles, wenn mein Hyperion es einmal faßt! Er schmeichelt, rief ich, um das unbesonnene Wort zum zweitenmale mir abzuloken! gute Götter! um von mir Erlaubniß zu gewinnen zu der Reise nach dem Blutgericht!</p><lb/> <p>Ich schmeichle nicht, erwiedert’ er mit Ernst, ich hab ein Recht, zu thun, was du verhindern willst, und kein gemeines! ehre das!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0089]
diß gastfreundlicher die Inseln des Lichts! – dich wundert die Rede? Liebster! alle Scheidenden sprechen, wie Trunkne, und nehmen gerne sich festlich. Wenn der Baum zu welken anfängt, tragen nicht alle seine Blätter die Farbe des Morgenroths?
Große Seele, rief ich, muß ich Mitleid für dich tragen?
Ich fühlt’ an seiner Höhe, wie tief er litt. Ich hatte solches Weh im Leben nie erfahren. Und doch, o Bellarmin! doch fühlt’ ich auch die Größe aller Freuden, solch ein Götterbild in Augen und Armen zu haben. Ja! stirb nur, rief ich, stirb! Dein Herz ist herrlich genug, dein Leben ist reif, wie die Trauben am Herbsttag. Geh, Vollendeter! ich gienge mit dir, wenn es keine Diotima gäbe.
Hab ich dich nun? erwiedert’ Alabanda, sprichst du so? wie tief, wie seelenvoll wird alles, wenn mein Hyperion es einmal faßt! Er schmeichelt, rief ich, um das unbesonnene Wort zum zweitenmale mir abzuloken! gute Götter! um von mir Erlaubniß zu gewinnen zu der Reise nach dem Blutgericht!
Ich schmeichle nicht, erwiedert’ er mit Ernst, ich hab ein Recht, zu thun, was du verhindern willst, und kein gemeines! ehre das!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Arbeitsstelle Zentralbegriffe der »Kunstperiode«, Prof. Dr. Jochen A. Bär, Universität Vechta, Institut für Geistes- und Kulturwissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription.
(2019-12-12T13:52:36Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andre Pietsch, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2019-11-13T13:52:36Z)
Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat/ formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: stillschweigend korrigiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: stillschweigend; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |