Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797.Aber was soll mir das? Das Geschrei des Jakals, der unter den Steinhaufen des Altertums sein wildes Grablied singt, schrökt ja aus meinen Träumen mich auf. Wohl dem Manne, dem ein blühend Vaterland das Herz erfreut und stärkt! Mir ist, als würd' ich in den Sumpf geworfen, als schlüge man den Sargdekel über mir zu, wenn einer an das meinige mich mahnt, und wenn mich einer einen Griechen nennt, so wird mir immer, als schnürt' er mit dem Halsband eines Hundes mir die Kehle zu. Und siehe, mein Bellarmin! wenn manchmal mir so ein Wort entfuhr, wohl auch im Zorne mir eine Thräne in's Auge trat, so kamen dann die weisen Herren, die unter euch Deutschen so gerne spuken, die Elenden, denen ein leidend Gemüth so gerade recht ist, ihre Sprüche anzubringen, die thaten dann sich gütlich, liessen sich beigehn, mir zu sagen: klage nicht, handle! O hätt' ich doch nie gehandelt! um wie manche Hoffnung wär' ich reicher! - Ja, vergiss nur, dass es Menschen giebt, darbendes, angefochtenes, tausendfach geärgertes Herz! und kehre wieder dahin, wo du aus- Aber was soll mir das? Das Geschrei des Jakals, der unter den Steinhaufen des Altertums sein wildes Grablied singt, schrökt ja aus meinen Träumen mich auf. Wohl dem Manne, dem ein blühend Vaterland das Herz erfreut und stärkt! Mir ist, als würd’ ich in den Sumpf geworfen, als schlüge man den Sargdekel über mir zu, wenn einer an das meinige mich mahnt, und wenn mich einer einen Griechen nennt, so wird mir immer, als schnürt’ er mit dem Halsband eines Hundes mir die Kehle zu. Und siehe, mein Bellarmin! wenn manchmal mir so ein Wort entfuhr, wohl auch im Zorne mir eine Thräne in’s Auge trat, so kamen dann die weisen Herren, die unter euch Deutschen so gerne spuken, die Elenden, denen ein leidend Gemüth so gerade recht ist, ihre Sprüche anzubringen, die thaten dann sich gütlich, liessen sich beigehn, mir zu sagen: klage nicht, handle! O hätt’ ich doch nie gehandelt! um wie manche Hoffnung wär’ ich reicher! – Ja, vergiss nur, dass es Menschen giebt, darbendes, angefochtenes, tausendfach geärgertes Herz! und kehre wieder dahin, wo du aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="chapter" n="2"> <pb facs="#f0014"/> <p>Aber was soll mir das? Das Geschrei des Jakals, der unter den Steinhaufen des Altertums sein wildes Grablied singt, schrökt ja aus meinen Träumen mich auf.</p><lb/> <p>Wohl dem Manne, dem ein blühend Vaterland das Herz erfreut und stärkt! Mir ist, als würd’ ich in den Sumpf geworfen, als schlüge man den Sargdekel über mir zu, wenn einer an das meinige mich mahnt, und wenn mich einer einen Griechen nennt, so wird mir immer, als schnürt’ er mit dem Halsband eines Hundes mir die Kehle zu.</p><lb/> <p>Und siehe, mein <hi rendition="#g">Bellarmin!</hi> wenn manchmal mir so ein Wort entfuhr, wohl auch im Zorne mir eine Thräne in’s Auge trat, so kamen dann die weisen Herren, die unter euch Deutschen so gerne spuken, die Elenden, denen ein leidend Gemüth so gerade recht ist, ihre Sprüche anzubringen, die thaten dann sich gütlich, liessen sich beigehn, mir zu sagen: klage nicht, handle!</p><lb/> <p>O hätt’ ich doch nie gehandelt! um wie manche Hoffnung wär’ ich reicher! –</p><lb/> <p>Ja, vergiss nur, dass es Menschen giebt, darbendes, angefochtenes, tausendfach geärgertes Herz! und kehre wieder dahin, wo du aus- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0014]
Aber was soll mir das? Das Geschrei des Jakals, der unter den Steinhaufen des Altertums sein wildes Grablied singt, schrökt ja aus meinen Träumen mich auf.
Wohl dem Manne, dem ein blühend Vaterland das Herz erfreut und stärkt! Mir ist, als würd’ ich in den Sumpf geworfen, als schlüge man den Sargdekel über mir zu, wenn einer an das meinige mich mahnt, und wenn mich einer einen Griechen nennt, so wird mir immer, als schnürt’ er mit dem Halsband eines Hundes mir die Kehle zu.
Und siehe, mein Bellarmin! wenn manchmal mir so ein Wort entfuhr, wohl auch im Zorne mir eine Thräne in’s Auge trat, so kamen dann die weisen Herren, die unter euch Deutschen so gerne spuken, die Elenden, denen ein leidend Gemüth so gerade recht ist, ihre Sprüche anzubringen, die thaten dann sich gütlich, liessen sich beigehn, mir zu sagen: klage nicht, handle!
O hätt’ ich doch nie gehandelt! um wie manche Hoffnung wär’ ich reicher! –
Ja, vergiss nur, dass es Menschen giebt, darbendes, angefochtenes, tausendfach geärgertes Herz! und kehre wieder dahin, wo du aus-
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Erster Band. Tübingen, 1797, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_hyperion01_1797/14>, abgerufen am 16.02.2025. |