Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Und, wie Gewölk der Flamme, löseten
Im hohen Blau die Sorgen mir sich auf.
Pausanias.
O Sohn des Himmels!
(Auf dem Aetna.)
Empedokles, vom Schlaf erwachend; dann
Pausanias.
Euch ruf' ich über das Gefild herein
Vom langsamen Gewölk, ihr heißen Stralen
Des Mittags, ihr gereiftesten, daß ich
An euch den neuen Lebenstag erkenne.
Denn anders ists, wie sonst! vorbei, vorbei
Das menschliche Bekümmerniß! als wüchsen
Mir Schwingen an, so ist mir wohl und leicht
Hier oben, hier, und reich genug und froh
Und herrlich wohn' ich, wo den Feuerkelch,
Mit Geist gefüllt bis an den Rand, bekränzt
Mit Blumen, die er selber sich erzog,
Gastfreundlich mir der Vater Aetna beut.
Und wenn das unterirdische Gewitter
Itzt festlich auferwacht, zum Wolkensitz
Des nahverwandten Donners fliegt hinauf
Und zu den Sternen tönt, da wächst das Herz
mir auch.
Mit Adlern sing' ich hier Naturgesang.
Und, wie Gewoͤlk der Flamme, loͤſeten
Im hohen Blau die Sorgen mir ſich auf.
Pauſanias.
O Sohn des Himmels!
(Auf dem Aetna.)
Empedokles, vom Schlaf erwachend; dann
Pauſanias.
Euch ruf' ich uͤber das Gefild herein
Vom langſamen Gewoͤlk, ihr heißen Stralen
Des Mittags, ihr gereifteſten, daß ich
An euch den neuen Lebenstag erkenne.
Denn anders iſts, wie ſonſt! vorbei, vorbei
Das menſchliche Bekuͤmmerniß! als wuͤchſen
Mir Schwingen an, ſo iſt mir wohl und leicht
Hier oben, hier, und reich genug und froh
Und herrlich wohn' ich, wo den Feuerkelch,
Mit Geiſt gefuͤllt bis an den Rand, bekraͤnzt
Mit Blumen, die er ſelber ſich erzog,
Gaſtfreundlich mir der Vater Aetna beut.
Und wenn das unterirdiſche Gewitter
Itzt feſtlich auferwacht, zum Wolkenſitz
Des nahverwandten Donners fliegt hinauf
Und zu den Sternen toͤnt, da waͤchst das Herz
mir auch.
Mit Adlern ſing' ich hier Naturgeſang.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#EMP">
          <p><pb facs="#f0214" n="206"/>
Und, wie Gewo&#x0364;lk der Flamme, lo&#x0364;&#x017F;eten<lb/>
Im hohen Blau die Sorgen mir &#x017F;ich auf.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#PAU">
          <speaker><hi rendition="#g">Pau&#x017F;anias</hi>.</speaker><lb/>
          <p>O Sohn des Himmels!</p><lb/>
          <stage>(<hi rendition="#g">Auf dem Aetna</hi>.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EMP">
          <speaker><hi rendition="#g">Empedokles</hi>,</speaker>
          <stage>vom Schlaf erwachend; dann</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#PAU">
          <speaker><hi rendition="#g">Pau&#x017F;anias</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Euch ruf' ich u&#x0364;ber das Gefild herein<lb/>
Vom lang&#x017F;amen Gewo&#x0364;lk, ihr heißen Stralen<lb/>
Des Mittags, ihr gereifte&#x017F;ten, daß ich<lb/>
An euch den neuen Lebenstag erkenne.<lb/>
Denn anders i&#x017F;ts, wie &#x017F;on&#x017F;t! vorbei, vorbei<lb/>
Das men&#x017F;chliche Beku&#x0364;mmerniß! als wu&#x0364;ch&#x017F;en<lb/>
Mir Schwingen an, &#x017F;o i&#x017F;t mir wohl und leicht<lb/>
Hier oben, hier, und reich genug und froh<lb/>
Und herrlich wohn' ich, wo den Feuerkelch,<lb/>
Mit Gei&#x017F;t gefu&#x0364;llt bis an den Rand, bekra&#x0364;nzt<lb/>
Mit Blumen, die er &#x017F;elber &#x017F;ich erzog,<lb/>
Ga&#x017F;tfreundlich mir der Vater Aetna beut.<lb/>
Und wenn das unterirdi&#x017F;che Gewitter<lb/>
Itzt fe&#x017F;tlich auferwacht, zum Wolken&#x017F;itz<lb/>
Des nahverwandten Donners fliegt hinauf<lb/>
Und zu den Sternen to&#x0364;nt, da wa&#x0364;chst das Herz<lb/>
mir auch.<lb/>
Mit Adlern &#x017F;ing' ich hier Naturge&#x017F;ang.<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0214] Und, wie Gewoͤlk der Flamme, loͤſeten Im hohen Blau die Sorgen mir ſich auf. Pauſanias. O Sohn des Himmels! (Auf dem Aetna.) Empedokles, vom Schlaf erwachend; dann Pauſanias. Euch ruf' ich uͤber das Gefild herein Vom langſamen Gewoͤlk, ihr heißen Stralen Des Mittags, ihr gereifteſten, daß ich An euch den neuen Lebenstag erkenne. Denn anders iſts, wie ſonſt! vorbei, vorbei Das menſchliche Bekuͤmmerniß! als wuͤchſen Mir Schwingen an, ſo iſt mir wohl und leicht Hier oben, hier, und reich genug und froh Und herrlich wohn' ich, wo den Feuerkelch, Mit Geiſt gefuͤllt bis an den Rand, bekraͤnzt Mit Blumen, die er ſelber ſich erzog, Gaſtfreundlich mir der Vater Aetna beut. Und wenn das unterirdiſche Gewitter Itzt feſtlich auferwacht, zum Wolkenſitz Des nahverwandten Donners fliegt hinauf Und zu den Sternen toͤnt, da waͤchst das Herz mir auch. Mit Adlern ſing' ich hier Naturgeſang.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/214
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/214>, abgerufen am 03.05.2024.