Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Die heiligen Wälder und all'
Die Saitenspiele zusammt,
Von himmlischer Milde gerühret.
O Land des Homer!
Am purpurnen Kirschbaum, oder wenn,
Von dir gesandt, im Weinberg mir
Die jungen Pfirsiche grünen,
Und die Schwalbe fernher kommt und Vieles er-
zählend
An meinen Wänden ihr Haus baut, in
Den Tagen des Mais, auch unter den Sternen
Gedenk' ich, o Ionia! dein. Doch Menschen
Ist Gegenwärtiges lieb. Drum bin ich
Gekommen, euch, ihr Inseln, zu sehn und euch,
Ihr Mündungen der Ströme, o ihr Hallen der
Thetis,
Ihr Wälder euch, und euch, ihr Wolken des Ida!
Doch nicht zu bleiben gedenk' ich,
Unfreundlich ist und schwer zu gewinnen
Die Verschlossene, der ich entkommen, die Mutter.
Von ihren Söhnen einer, der Rhein,
Mit Gewalt wollt' er an's Herz ihr stürzen und
schwand,
Der Zurückgestoßene, niemand weiß, wohin in die
Ferne.
Doch so nicht wünscht' ich gegangen zu seyn
Von ihr, und nur euch einzuladen
Die heiligen Waͤlder und all'
Die Saitenſpiele zuſammt,
Von himmliſcher Milde geruͤhret.
O Land des Homer!
Am purpurnen Kirſchbaum, oder wenn,
Von dir geſandt, im Weinberg mir
Die jungen Pfirſiche gruͤnen,
Und die Schwalbe fernher kommt und Vieles er-
zaͤhlend
An meinen Waͤnden ihr Haus baut, in
Den Tagen des Mais, auch unter den Sternen
Gedenk' ich, o Ionia! dein. Doch Menſchen
Iſt Gegenwaͤrtiges lieb. Drum bin ich
Gekommen, euch, ihr Inſeln, zu ſehn und euch,
Ihr Muͤndungen der Stroͤme, o ihr Hallen der
Thetis,
Ihr Waͤlder euch, und euch, ihr Wolken des Ida!
Doch nicht zu bleiben gedenk' ich,
Unfreundlich iſt und ſchwer zu gewinnen
Die Verſchloſſene, der ich entkommen, die Mutter.
Von ihren Soͤhnen einer, der Rhein,
Mit Gewalt wollt' er an's Herz ihr ſtuͤrzen und
ſchwand,
Der Zuruͤckgeſtoßene, niemand weiß, wohin in die
Ferne.
Doch ſo nicht wuͤnſcht' ich gegangen zu ſeyn
Von ihr, und nur euch einzuladen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0194" n="186"/>
          <l>Die heiligen Wa&#x0364;lder und all'</l><lb/>
          <l>Die Saiten&#x017F;piele zu&#x017F;ammt,</l><lb/>
          <l>Von himmli&#x017F;cher Milde geru&#x0364;hret.</l><lb/>
          <l>O Land des Homer!</l><lb/>
          <l>Am purpurnen Kir&#x017F;chbaum, oder wenn,</l><lb/>
          <l>Von dir ge&#x017F;andt, im Weinberg mir</l><lb/>
          <l>Die jungen Pfir&#x017F;iche gru&#x0364;nen,</l><lb/>
          <l>Und die Schwalbe fernher kommt und Vieles er-</l><lb/>
          <l>za&#x0364;hlend</l><lb/>
          <l>An meinen Wa&#x0364;nden ihr Haus baut, in</l><lb/>
          <l>Den Tagen des Mais, auch unter den Sternen</l><lb/>
          <l>Gedenk' ich, o Ionia! dein. Doch Men&#x017F;chen</l><lb/>
          <l>I&#x017F;t Gegenwa&#x0364;rtiges lieb. Drum bin ich</l><lb/>
          <l>Gekommen, euch, ihr In&#x017F;eln, zu &#x017F;ehn und euch,</l><lb/>
          <l>Ihr Mu&#x0364;ndungen der Stro&#x0364;me, o ihr Hallen der</l><lb/>
          <l>Thetis,</l><lb/>
          <l>Ihr Wa&#x0364;lder euch, und euch, ihr Wolken des Ida!</l><lb/>
          <l>Doch nicht zu bleiben gedenk' ich,</l><lb/>
          <l>Unfreundlich i&#x017F;t und &#x017F;chwer zu gewinnen</l><lb/>
          <l>Die Ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene, der ich entkommen, die Mutter.</l><lb/>
          <l>Von ihren So&#x0364;hnen einer, der Rhein,</l><lb/>
          <l>Mit Gewalt wollt' er an's Herz ihr &#x017F;tu&#x0364;rzen und</l><lb/>
          <l>&#x017F;chwand,</l><lb/>
          <l>Der Zuru&#x0364;ckge&#x017F;toßene, niemand weiß, wohin in die</l><lb/>
          <l>Ferne.</l><lb/>
          <l>Doch &#x017F;o nicht wu&#x0364;n&#x017F;cht' ich gegangen zu &#x017F;eyn</l><lb/>
          <l>Von ihr, und nur euch einzuladen</l><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0194] Die heiligen Waͤlder und all' Die Saitenſpiele zuſammt, Von himmliſcher Milde geruͤhret. O Land des Homer! Am purpurnen Kirſchbaum, oder wenn, Von dir geſandt, im Weinberg mir Die jungen Pfirſiche gruͤnen, Und die Schwalbe fernher kommt und Vieles er- zaͤhlend An meinen Waͤnden ihr Haus baut, in Den Tagen des Mais, auch unter den Sternen Gedenk' ich, o Ionia! dein. Doch Menſchen Iſt Gegenwaͤrtiges lieb. Drum bin ich Gekommen, euch, ihr Inſeln, zu ſehn und euch, Ihr Muͤndungen der Stroͤme, o ihr Hallen der Thetis, Ihr Waͤlder euch, und euch, ihr Wolken des Ida! Doch nicht zu bleiben gedenk' ich, Unfreundlich iſt und ſchwer zu gewinnen Die Verſchloſſene, der ich entkommen, die Mutter. Von ihren Soͤhnen einer, der Rhein, Mit Gewalt wollt' er an's Herz ihr ſtuͤrzen und ſchwand, Der Zuruͤckgeſtoßene, niemand weiß, wohin in die Ferne. Doch ſo nicht wuͤnſcht' ich gegangen zu ſeyn Von ihr, und nur euch einzuladen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/194
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/194>, abgerufen am 25.11.2024.