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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Still ists hier; kaum rauscht von fern die geschäf-
tige Mühle,
Und vom Berge herab knarrt das gefesselte Rad.
Lieblich tönt die gehämmerte Senf' und die Stimme
des Landmanns,
Der am Pfluge dem Stier, lenkend, die Schritte
gebeut,
Lieblich der Mutter Gesang, die im Grase sitzt
mit dem Söhnlein,
Das die Sonne des Mais schmeichelt in lächeln-
den Schlaf.
Aber drüben am See, wo die Ulme das alternde
Hofthor
Uebergrünt und den Zaun wilder Holunder um-
blüht,
Da umfängt mich das Haus und des Gartens
heimliches Dunkel,
Wo mit den Pflanzen mich einst liebend mein
Vater erzog,
Wo ich froh, wie das Eichhorn, spielt' auf den
lispelnden Aesten,
Oder in's duftende Heu träumend die Stirne
verbarg.
Heimathliche Natur! wie bist du treu mir ge-
blieben!
Zärtlichpflegend, wie einst, nimmst du den Flücht-
ling noch auf.
Still iſts hier; kaum rauſcht von fern die geſchaͤf-
tige Muͤhle,
Und vom Berge herab knarrt das gefeſſelte Rad.
Lieblich toͤnt die gehaͤmmerte Senf' und die Stimme
des Landmanns,
Der am Pfluge dem Stier, lenkend, die Schritte
gebeut,
Lieblich der Mutter Geſang, die im Graſe ſitzt
mit dem Soͤhnlein,
Das die Sonne des Mais ſchmeichelt in laͤcheln-
den Schlaf.
Aber druͤben am See, wo die Ulme das alternde
Hofthor
Uebergruͤnt und den Zaun wilder Holunder um-
bluͤht,
Da umfaͤngt mich das Haus und des Gartens
heimliches Dunkel,
Wo mit den Pflanzen mich einſt liebend mein
Vater erzog,
Wo ich froh, wie das Eichhorn, ſpielt' auf den
liſpelnden Aeſten,
Oder in's duftende Heu traͤumend die Stirne
verbarg.
Heimathliche Natur! wie biſt du treu mir ge-
blieben!
Zaͤrtlichpflegend, wie einſt, nimmſt du den Fluͤcht-
ling noch auf.
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[151/0159] Still iſts hier; kaum rauſcht von fern die geſchaͤf- tige Muͤhle, Und vom Berge herab knarrt das gefeſſelte Rad. Lieblich toͤnt die gehaͤmmerte Senf' und die Stimme des Landmanns, Der am Pfluge dem Stier, lenkend, die Schritte gebeut, Lieblich der Mutter Geſang, die im Graſe ſitzt mit dem Soͤhnlein, Das die Sonne des Mais ſchmeichelt in laͤcheln- den Schlaf. Aber druͤben am See, wo die Ulme das alternde Hofthor Uebergruͤnt und den Zaun wilder Holunder um- bluͤht, Da umfaͤngt mich das Haus und des Gartens heimliches Dunkel, Wo mit den Pflanzen mich einſt liebend mein Vater erzog, Wo ich froh, wie das Eichhorn, ſpielt' auf den liſpelnden Aeſten, Oder in's duftende Heu traͤumend die Stirne verbarg. Heimathliche Natur! wie biſt du treu mir ge- blieben! Zaͤrtlichpflegend, wie einſt, nimmſt du den Fluͤcht- ling noch auf.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/159>, abgerufen am 24.11.2024.