Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Die Klagen lehrt die Noth verachten, Beschämt und ruhmlos läßt sie nicht Die Kraft der Jünglinge verschmachten, Giebt Muth der Brust, dem Geiste Licht; Der Greise Faust verjüngt sie wieder; Sie kömmt wie Gottes Blitz heran, Und trümmert Felsenberge nieder, Und wallt auf Riesen ihre Bahn. Mit ihrem heil'gen Wetterschlage, Mit Unerbittlichkeit vollbringt Die Noth an Einem großen Tage, Was kaum Jahrhunderten gelingt; Und wenn in ihren Ungewittern Selbst ein Elysium vergeht, Und Welten ihrem Donner zittern -- Was groß und göttlich ist, besteht. O du, Gespielin der Kolossen, O weise, zürnende Natur, Was je ein Riesenherz beschlossen, Es keimt in deiner Schule nur; Wohl ist Arkadien entflohen, Des Lebens bess're Frucht gedeiht Durch sie, die Mutter der Heroen, Die eherne Nothwendigkeit. Die Klagen lehrt die Noth verachten, Beſchaͤmt und ruhmlos laͤßt ſie nicht Die Kraft der Juͤnglinge verſchmachten, Giebt Muth der Bruſt, dem Geiſte Licht; Der Greiſe Fauſt verjuͤngt ſie wieder; Sie koͤmmt wie Gottes Blitz heran, Und truͤmmert Felſenberge nieder, Und wallt auf Rieſen ihre Bahn. Mit ihrem heil'gen Wetterſchlage, Mit Unerbittlichkeit vollbringt Die Noth an Einem großen Tage, Was kaum Jahrhunderten gelingt; Und wenn in ihren Ungewittern Selbſt ein Elyſium vergeht, Und Welten ihrem Donner zittern — Was groß und goͤttlich iſt, beſteht. O du, Geſpielin der Koloſſen, O weiſe, zuͤrnende Natur, Was je ein Rieſenherz beſchloſſen, Es keimt in deiner Schule nur; Wohl iſt Arkadien entflohen, Des Lebens beſſ're Frucht gedeiht Durch ſie, die Mutter der Heroen, Die eherne Nothwendigkeit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0011" n="3"/> <lg n="6"> <l>Die Klagen lehrt die Noth verachten,</l><lb/> <l>Beſchaͤmt und ruhmlos laͤßt ſie nicht</l><lb/> <l>Die Kraft der Juͤnglinge verſchmachten,</l><lb/> <l>Giebt Muth der Bruſt, dem Geiſte Licht;</l><lb/> <l>Der Greiſe Fauſt verjuͤngt ſie wieder;</l><lb/> <l>Sie koͤmmt wie Gottes Blitz heran,</l><lb/> <l>Und truͤmmert Felſenberge nieder,</l><lb/> <l>Und wallt auf Rieſen ihre Bahn.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Mit ihrem heil'gen Wetterſchlage,</l><lb/> <l>Mit Unerbittlichkeit vollbringt</l><lb/> <l>Die Noth an Einem großen Tage,</l><lb/> <l>Was kaum Jahrhunderten gelingt;</l><lb/> <l>Und wenn in ihren Ungewittern</l><lb/> <l>Selbſt ein Elyſium vergeht,</l><lb/> <l>Und Welten ihrem Donner zittern —</l><lb/> <l>Was groß und goͤttlich iſt, beſteht.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>O du, Geſpielin der Koloſſen,</l><lb/> <l>O weiſe, zuͤrnende Natur,</l><lb/> <l>Was je ein Rieſenherz beſchloſſen,</l><lb/> <l>Es keimt in deiner Schule nur;</l><lb/> <l>Wohl iſt Arkadien entflohen,</l><lb/> <l>Des Lebens beſſ're Frucht gedeiht</l><lb/> <l>Durch ſie, die Mutter der Heroen,</l><lb/> <l>Die eherne Nothwendigkeit.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [3/0011]
Die Klagen lehrt die Noth verachten,
Beſchaͤmt und ruhmlos laͤßt ſie nicht
Die Kraft der Juͤnglinge verſchmachten,
Giebt Muth der Bruſt, dem Geiſte Licht;
Der Greiſe Fauſt verjuͤngt ſie wieder;
Sie koͤmmt wie Gottes Blitz heran,
Und truͤmmert Felſenberge nieder,
Und wallt auf Rieſen ihre Bahn.
Mit ihrem heil'gen Wetterſchlage,
Mit Unerbittlichkeit vollbringt
Die Noth an Einem großen Tage,
Was kaum Jahrhunderten gelingt;
Und wenn in ihren Ungewittern
Selbſt ein Elyſium vergeht,
Und Welten ihrem Donner zittern —
Was groß und goͤttlich iſt, beſteht.
O du, Geſpielin der Koloſſen,
O weiſe, zuͤrnende Natur,
Was je ein Rieſenherz beſchloſſen,
Es keimt in deiner Schule nur;
Wohl iſt Arkadien entflohen,
Des Lebens beſſ're Frucht gedeiht
Durch ſie, die Mutter der Heroen,
Die eherne Nothwendigkeit.
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/11>, abgerufen am 22.07.2024. |