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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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erste: so sind sie eben nicht für kluge Männer
zu halten; glauben sie es nicht: so läßt sich ihr
Zweck nicht gut absehen. Ohne Zweck handelt
aber kein vernünftiger Mann, also müssen sie
wol das lezte zur Absicht haben. Jst aber dies:
so müssen sie dazu beitragen die politische Lage
und Verfassung zu ändern, und eine solche her-
vorzubringen, zu welcher sich der Rittergeist
paßt.

Was denken Sie hiervon? vermuthlich
halten Sie es für lauter Sophismen. Jch
mache mich nicht der Unhoflichkeit schuldig Jh-
nen zu widersprechen, ich gebe Jhnen alles zu,
aber unter der Bedingung, daß Sie mir das
folgende einräumen.

Der wahren Gelehrsamkeit, so wie der Re-
ligion schaden die dilettantischen Schriften,
und besonders auch die Rittermähren, dadurch,
daß sie die Gleichgültigkeit gegen sie befördern.
Wahre gelehrte Werke finden keine Verleger
mehr, denn die Buchhändler betrachten jetzt
alles merkantilisch, das ihnen als Kaufleuten
auch nicht zu verdenken ist. Eine Modewaare
gehet immer am Besten ab, und wenn ein gu-
tes Buch herauskömmt: so liest das Publikum
eine Quitessenz daraus in irgend einer Zeitschrift,

erſte: ſo ſind ſie eben nicht fuͤr kluge Maͤnner
zu halten; glauben ſie es nicht: ſo laͤßt ſich ihr
Zweck nicht gut abſehen. Ohne Zweck handelt
aber kein vernuͤnftiger Mann, alſo muͤſſen ſie
wol das lezte zur Abſicht haben. Jſt aber dies:
ſo muͤſſen ſie dazu beitragen die politiſche Lage
und Verfaſſung zu aͤndern, und eine ſolche her-
vorzubringen, zu welcher ſich der Rittergeiſt
paßt.

Was denken Sie hiervon? vermuthlich
halten Sie es fuͤr lauter Sophismen. Jch
mache mich nicht der Unhoflichkeit ſchuldig Jh-
nen zu widerſprechen, ich gebe Jhnen alles zu,
aber unter der Bedingung, daß Sie mir das
folgende einraͤumen.

Der wahren Gelehrſamkeit, ſo wie der Re-
ligion ſchaden die dilettantiſchen Schriften,
und beſonders auch die Rittermaͤhren, dadurch,
daß ſie die Gleichguͤltigkeit gegen ſie befoͤrdern.
Wahre gelehrte Werke finden keine Verleger
mehr, denn die Buchhaͤndler betrachten jetzt
alles merkantiliſch, das ihnen als Kaufleuten
auch nicht zu verdenken iſt. Eine Modewaare
gehet immer am Beſten ab, und wenn ein gu-
tes Buch herauskoͤmmt: ſo lieſt das Publikum
eine Quiteſſenz daraus in irgend einer Zeitſchrift,

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[57/0057] erſte: ſo ſind ſie eben nicht fuͤr kluge Maͤnner zu halten; glauben ſie es nicht: ſo laͤßt ſich ihr Zweck nicht gut abſehen. Ohne Zweck handelt aber kein vernuͤnftiger Mann, alſo muͤſſen ſie wol das lezte zur Abſicht haben. Jſt aber dies: ſo muͤſſen ſie dazu beitragen die politiſche Lage und Verfaſſung zu aͤndern, und eine ſolche her- vorzubringen, zu welcher ſich der Rittergeiſt paßt. Was denken Sie hiervon? vermuthlich halten Sie es fuͤr lauter Sophismen. Jch mache mich nicht der Unhoflichkeit ſchuldig Jh- nen zu widerſprechen, ich gebe Jhnen alles zu, aber unter der Bedingung, daß Sie mir das folgende einraͤumen. Der wahren Gelehrſamkeit, ſo wie der Re- ligion ſchaden die dilettantiſchen Schriften, und beſonders auch die Rittermaͤhren, dadurch, daß ſie die Gleichguͤltigkeit gegen ſie befoͤrdern. Wahre gelehrte Werke finden keine Verleger mehr, denn die Buchhaͤndler betrachten jetzt alles merkantiliſch, das ihnen als Kaufleuten auch nicht zu verdenken iſt. Eine Modewaare gehet immer am Beſten ab, und wenn ein gu- tes Buch herauskoͤmmt: ſo lieſt das Publikum eine Quiteſſenz daraus in irgend einer Zeitſchrift,

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/57>, abgerufen am 30.04.2024.