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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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Wäre dies auch eine Wirkung der Lektüre?
so grade zu nicht wie schon gesagt, der Grund
liegt tiefer. Wir finden zwar hin und wieder
in Komödien und Romanen die Personen des
ersten Standes ziemlich empörend für den zwei-
ten geschildert, nicht selten als Verführer der Un-
schuld, die sie ihren Vorurtheilen aufopfern dar-
gestellt, ich sehe aber auch nicht ein, warum
man sie nicht zur Schau aufstellen sollte, so gut
wie andere. Laster erwecken Abscheu wo man
sie findet, wo die mehrsten sind, entstehet Ver-
achtung; Tugend wird geschäzt wo sie sich zeigt,
ihr höchster Grad wird bewundert. Die Ver-
nünftigen aus allen Klassen haben ihren Vor-
urtheilen schon längst entsagt, und Vertraulich-
keit wird aufs neue aufleben. Ehre dem Eh-
re gebührt, und sie gebührt der Tugend und
eigenen Vollkommenheiten. Gerechtigkeit ist ei-
ne Tochter des Himmels. Jn einer Jhren be-
liebtesten Monatsschriften haben Sie schon mei-
ne Gedanken hierüber gelesen.



Waͤre dies auch eine Wirkung der Lektuͤre?
ſo grade zu nicht wie ſchon geſagt, der Grund
liegt tiefer. Wir finden zwar hin und wieder
in Komoͤdien und Romanen die Perſonen des
erſten Standes ziemlich empoͤrend fuͤr den zwei-
ten geſchildert, nicht ſelten als Verfuͤhrer der Un-
ſchuld, die ſie ihren Vorurtheilen aufopfern dar-
geſtellt, ich ſehe aber auch nicht ein, warum
man ſie nicht zur Schau aufſtellen ſollte, ſo gut
wie andere. Laſter erwecken Abſcheu wo man
ſie findet, wo die mehrſten ſind, entſtehet Ver-
achtung; Tugend wird geſchaͤzt wo ſie ſich zeigt,
ihr hoͤchſter Grad wird bewundert. Die Ver-
nuͤnftigen aus allen Klaſſen haben ihren Vor-
urtheilen ſchon laͤngſt entſagt, und Vertraulich-
keit wird aufs neue aufleben. Ehre dem Eh-
re gebuͤhrt, und ſie gebuͤhrt der Tugend und
eigenen Vollkommenheiten. Gerechtigkeit iſt ei-
ne Tochter des Himmels. Jn einer Jhren be-
liebteſten Monatsſchriften haben Sie ſchon mei-
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[116/0116] Waͤre dies auch eine Wirkung der Lektuͤre? ſo grade zu nicht wie ſchon geſagt, der Grund liegt tiefer. Wir finden zwar hin und wieder in Komoͤdien und Romanen die Perſonen des erſten Standes ziemlich empoͤrend fuͤr den zwei- ten geſchildert, nicht ſelten als Verfuͤhrer der Un- ſchuld, die ſie ihren Vorurtheilen aufopfern dar- geſtellt, ich ſehe aber auch nicht ein, warum man ſie nicht zur Schau aufſtellen ſollte, ſo gut wie andere. Laſter erwecken Abſcheu wo man ſie findet, wo die mehrſten ſind, entſtehet Ver- achtung; Tugend wird geſchaͤzt wo ſie ſich zeigt, ihr hoͤchſter Grad wird bewundert. Die Ver- nuͤnftigen aus allen Klaſſen haben ihren Vor- urtheilen ſchon laͤngſt entſagt, und Vertraulich- keit wird aufs neue aufleben. Ehre dem Eh- re gebuͤhrt, und ſie gebuͤhrt der Tugend und eigenen Vollkommenheiten. Gerechtigkeit iſt ei- ne Tochter des Himmels. Jn einer Jhren be- liebteſten Monatsſchriften haben Sie ſchon mei- ne Gedanken hieruͤber geleſen.

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/116>, abgerufen am 24.11.2024.