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Hobrecht, James: Entwickelung der Verkehrs-Verhältnisse in Berlin. Berlin, 1893

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erklärten, die in dem oben angeführten Regulativ auf 7 Mi-
nuten bemessene Sperrungsdauer auf 4 Minuten herabzusetzen.
Ein weiteres war nicht zu erreichen. Erst die Verhandlungen
aus Veranlassung der für den Potsdamer sowohl als für den
Anhalter Bahnhof projectirten Erweiterungsbauten gaben die
Möglichkeit, so viel zu erreichen, dass die Gesellschaften sich
verpflichteten, die Niveaukreuzungen am Schöneberger und
Tempelhofer Ufer in Unterführungen der Strassen umzu-
wandeln. Diese Verpflichtung ist in den Jahren 1870/71
bezw. im Jahre 1879 erfüllt worden.

Auch bei der Stettiner Bahn mussten die Züge behufs
Rangirens über das ursprüngliche Bahnhofsterrain hinaus-
gehen und zu diesem Zwecke wurde dann die Strassenkreu-
zung an der Liesenstrasse für den Verkehr geschlossen.

Im Jahre 1876 entschlossen sich die Staatsbehörden,
von der Bahngesellschaft eine solche Umgestaltung der Gleise
zu verlangen, dass das Rangiren der Züge auf dem Niveau-
übergange gänzlich beseitigt würde.

Bei den in neuerer Zeit angelegten Bahnen: der Ost-
bahn, der Görlitzer, der Berlin-Lehrter, der Dresdener, sind
Niveaukreuzungen von Hause aus vermieden worden.

Die in den Jahren 1850 und 1851 hergestellte, jetzt
beseitigte Verbindungsbahn, welche den Stettiner mit dem
Hamburger, dem Potsdamer, dem Anhaltischen und dem
Bahnhofe der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn verband,
war fast in ihrer ganzen Ausdehnung in den Strassendamm
bestehender, zum Theil sehr frequenter Strassen eingelegt, so-
dass sie Strassen, wie die Invalidenstrasse, den Platz vor dem
Brandenburger Thore, den Potsdamer und den Askanischen
Platz für einen grossen Theil des Tages und der Nacht ihrer
eigentlichen Bestimmung entziehen musste.

Beschwerden wurden abschlägig beschieden; ein solcher
Bescheid war folgendermassen motivirt: "Auch die seiner Zeit
ausserhalb der Stadt angelegten Bahnhöfe liegen bereits im
Innern der Stadt und mit ihnen einige nicht unbedeutende
Strecken der einmündenden Eisenbahnen. Bei der fort-
schreitenden Ausdehnung Berlins wird dies noch in weit

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erklärten, die in dem oben angeführten Regulativ auf 7 Mi-
nuten bemessene Sperrungsdauer auf 4 Minuten herabzusetzen.
Ein weiteres war nicht zu erreichen. Erst die Verhandlungen
aus Veranlassung der für den Potsdamer sowohl als für den
Anhalter Bahnhof projectirten Erweiterungsbauten gaben die
Möglichkeit, so viel zu erreichen, daſs die Gesellschaften sich
verpflichteten, die Niveaukreuzungen am Schöneberger und
Tempelhofer Ufer in Unterführungen der Straſsen umzu-
wandeln. Diese Verpflichtung ist in den Jahren 1870/71
bezw. im Jahre 1879 erfüllt worden.

Auch bei der Stettiner Bahn muſsten die Züge behufs
Rangirens über das ursprüngliche Bahnhofsterrain hinaus-
gehen und zu diesem Zwecke wurde dann die Straſsenkreu-
zung an der Liesenstraſse für den Verkehr geschlossen.

Im Jahre 1876 entschlossen sich die Staatsbehörden,
von der Bahngesellschaft eine solche Umgestaltung der Gleise
zu verlangen, daſs das Rangiren der Züge auf dem Niveau-
übergange gänzlich beseitigt würde.

Bei den in neuerer Zeit angelegten Bahnen: der Ost-
bahn, der Görlitzer, der Berlin-Lehrter, der Dresdener, sind
Niveaukreuzungen von Hause aus vermieden worden.

Die in den Jahren 1850 und 1851 hergestellte, jetzt
beseitigte Verbindungsbahn, welche den Stettiner mit dem
Hamburger, dem Potsdamer, dem Anhaltischen und dem
Bahnhofe der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn verband,
war fast in ihrer ganzen Ausdehnung in den Straſsendamm
bestehender, zum Theil sehr frequenter Straſsen eingelegt, so-
daſs sie Straſsen, wie die Invalidenstraſse, den Platz vor dem
Brandenburger Thore, den Potsdamer und den Askanischen
Platz für einen groſsen Theil des Tages und der Nacht ihrer
eigentlichen Bestimmung entziehen muſste.

Beschwerden wurden abschlägig beschieden; ein solcher
Bescheid war folgendermaſsen motivirt: „Auch die seiner Zeit
auſserhalb der Stadt angelegten Bahnhöfe liegen bereits im
Innern der Stadt und mit ihnen einige nicht unbedeutende
Strecken der einmündenden Eisenbahnen. Bei der fort-
schreitenden Ausdehnung Berlins wird dies noch in weit

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[33/0039] erklärten, die in dem oben angeführten Regulativ auf 7 Mi- nuten bemessene Sperrungsdauer auf 4 Minuten herabzusetzen. Ein weiteres war nicht zu erreichen. Erst die Verhandlungen aus Veranlassung der für den Potsdamer sowohl als für den Anhalter Bahnhof projectirten Erweiterungsbauten gaben die Möglichkeit, so viel zu erreichen, daſs die Gesellschaften sich verpflichteten, die Niveaukreuzungen am Schöneberger und Tempelhofer Ufer in Unterführungen der Straſsen umzu- wandeln. Diese Verpflichtung ist in den Jahren 1870/71 bezw. im Jahre 1879 erfüllt worden. Auch bei der Stettiner Bahn muſsten die Züge behufs Rangirens über das ursprüngliche Bahnhofsterrain hinaus- gehen und zu diesem Zwecke wurde dann die Straſsenkreu- zung an der Liesenstraſse für den Verkehr geschlossen. Im Jahre 1876 entschlossen sich die Staatsbehörden, von der Bahngesellschaft eine solche Umgestaltung der Gleise zu verlangen, daſs das Rangiren der Züge auf dem Niveau- übergange gänzlich beseitigt würde. Bei den in neuerer Zeit angelegten Bahnen: der Ost- bahn, der Görlitzer, der Berlin-Lehrter, der Dresdener, sind Niveaukreuzungen von Hause aus vermieden worden. Die in den Jahren 1850 und 1851 hergestellte, jetzt beseitigte Verbindungsbahn, welche den Stettiner mit dem Hamburger, dem Potsdamer, dem Anhaltischen und dem Bahnhofe der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn verband, war fast in ihrer ganzen Ausdehnung in den Straſsendamm bestehender, zum Theil sehr frequenter Straſsen eingelegt, so- daſs sie Straſsen, wie die Invalidenstraſse, den Platz vor dem Brandenburger Thore, den Potsdamer und den Askanischen Platz für einen groſsen Theil des Tages und der Nacht ihrer eigentlichen Bestimmung entziehen muſste. Beschwerden wurden abschlägig beschieden; ein solcher Bescheid war folgendermaſsen motivirt: „Auch die seiner Zeit auſserhalb der Stadt angelegten Bahnhöfe liegen bereits im Innern der Stadt und mit ihnen einige nicht unbedeutende Strecken der einmündenden Eisenbahnen. Bei der fort- schreitenden Ausdehnung Berlins wird dies noch in weit 3

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Zitationshilfe: Hobrecht, James: Entwickelung der Verkehrs-Verhältnisse in Berlin. Berlin, 1893, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_verkehrsverhaeltnisse_1893/39>, abgerufen am 21.11.2024.