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Hobrecht, James: Entwickelung der Verkehrs-Verhältnisse in Berlin. Berlin, 1893

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"Nur in den Hauptstrassen waren Laternen in genügender
Zahl angebracht, in den Nebenstrassen aber so vereinzelt,
dass sie mehr dazu beitrugen, die Augen zu blenden, als die
Strassen zu erleuchten; sie wurden ausserdem mit so wenig
Oel versehen, dass sie spätestens gegen 12 Uhr in der Nacht
erloschen. Wer dann durch die Strassen wandern wollte,
musste sich mit einer eigenen Laterne versehen, wenn er
nicht in Gefahr gerathen wollte, übergefahren zu werden
oder in die tiefen Rinnsteine und Schmutzlöcher zu stürzen."

"Am 21. April 1825 schloss das Ministerium des Innern
und der Polizei mit einer englischen Gesellschaft einen Vertrag,
durch welchen diese sich verpflichtete, den grössten Theil der
innerhalb der Ringmauern Berlins belegenen Strassen und
Plätze durch Gas zu erleuchten."

"Nach diesem Vertrage belief sich die Zahl der auf-
zustellenden Laternen im Ganzen auf 2719, von denen 1789
durch Gas, 930 mit Oel erleuchtet werden sollten.

"Am 19. September 1826 strahlten unter den Linden die
ersten Gasflammen ihr Licht aus, und damals glaubten die
Berliner, als sie in dichten Schaaren von den Linden bis zur
Schlossbrücke auf und ab wandelten und die prächtigen Gas-
flammen anstaunten, es sei etwas Rechtes geschehen."

Da bald darauf aber die durch die Gesellschaft her-
gestellte Beleuchtung den Anforderungen der Behörden nicht
entsprach, wurde die Stadtverwaltung von der Regierung
aufgefordert, nach Ablauf des Vertrages die Strassenbeleuchtung
am 1. Januar 1847 selbst zu übernehmen. Dieses geschieht.
Die Gesellschaft behielt das Recht gemäss ihrem Vertrage
in denjenigen Strassen, in welchen sie am 1. Januar 1847
Leitungen liegen hatte, auch fernerhin Gas an Private zu
verkaufen, und sie übt dieses Recht heute noch aus, indem sie
drei Gasanstalten im Betrieb hat.

Die Stadt baute in den Jahren 1845--47 zwei Gasanstalten
und zwei Gasbehälteranstalten. Als die Stadt den Betrieb der
Beleuchtung übernahm, brannten 1863 Gasflammen und
1067 Oellampen. Im Jahre 1849 nach Fertigstellung der
Beleuchtungseinrichtung brannten 3216 Gasflammen und

„Nur in den Hauptstraſsen waren Laternen in genügender
Zahl angebracht, in den Nebenstraſsen aber so vereinzelt,
daſs sie mehr dazu beitrugen, die Augen zu blenden, als die
Straſsen zu erleuchten; sie wurden auſserdem mit so wenig
Oel versehen, daſs sie spätestens gegen 12 Uhr in der Nacht
erloschen. Wer dann durch die Straſsen wandern wollte,
muſste sich mit einer eigenen Laterne versehen, wenn er
nicht in Gefahr gerathen wollte, übergefahren zu werden
oder in die tiefen Rinnsteine und Schmutzlöcher zu stürzen.“

„Am 21. April 1825 schloſs das Ministerium des Innern
und der Polizei mit einer englischen Gesellschaft einen Vertrag,
durch welchen diese sich verpflichtete, den gröſsten Theil der
innerhalb der Ringmauern Berlins belegenen Straſsen und
Plätze durch Gas zu erleuchten.“

„Nach diesem Vertrage belief sich die Zahl der auf-
zustellenden Laternen im Ganzen auf 2719, von denen 1789
durch Gas, 930 mit Oel erleuchtet werden sollten.

„Am 19. September 1826 strahlten unter den Linden die
ersten Gasflammen ihr Licht aus, und damals glaubten die
Berliner, als sie in dichten Schaaren von den Linden bis zur
Schloſsbrücke auf und ab wandelten und die prächtigen Gas-
flammen anstaunten, es sei etwas Rechtes geschehen.“

Da bald darauf aber die durch die Gesellschaft her-
gestellte Beleuchtung den Anforderungen der Behörden nicht
entsprach, wurde die Stadtverwaltung von der Regierung
aufgefordert, nach Ablauf des Vertrages die Straſsenbeleuchtung
am 1. Januar 1847 selbst zu übernehmen. Dieses geschieht.
Die Gesellschaft behielt das Recht gemäſs ihrem Vertrage
in denjenigen Straſsen, in welchen sie am 1. Januar 1847
Leitungen liegen hatte, auch fernerhin Gas an Private zu
verkaufen, und sie übt dieses Recht heute noch aus, indem sie
drei Gasanstalten im Betrieb hat.

Die Stadt baute in den Jahren 1845—47 zwei Gasanstalten
und zwei Gasbehälteranstalten. Als die Stadt den Betrieb der
Beleuchtung übernahm, brannten 1863 Gasflammen und
1067 Oellampen. Im Jahre 1849 nach Fertigstellung der
Beleuchtungseinrichtung brannten 3216 Gasflammen und

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[20/0026] „Nur in den Hauptstraſsen waren Laternen in genügender Zahl angebracht, in den Nebenstraſsen aber so vereinzelt, daſs sie mehr dazu beitrugen, die Augen zu blenden, als die Straſsen zu erleuchten; sie wurden auſserdem mit so wenig Oel versehen, daſs sie spätestens gegen 12 Uhr in der Nacht erloschen. Wer dann durch die Straſsen wandern wollte, muſste sich mit einer eigenen Laterne versehen, wenn er nicht in Gefahr gerathen wollte, übergefahren zu werden oder in die tiefen Rinnsteine und Schmutzlöcher zu stürzen.“ „Am 21. April 1825 schloſs das Ministerium des Innern und der Polizei mit einer englischen Gesellschaft einen Vertrag, durch welchen diese sich verpflichtete, den gröſsten Theil der innerhalb der Ringmauern Berlins belegenen Straſsen und Plätze durch Gas zu erleuchten.“ „Nach diesem Vertrage belief sich die Zahl der auf- zustellenden Laternen im Ganzen auf 2719, von denen 1789 durch Gas, 930 mit Oel erleuchtet werden sollten. „Am 19. September 1826 strahlten unter den Linden die ersten Gasflammen ihr Licht aus, und damals glaubten die Berliner, als sie in dichten Schaaren von den Linden bis zur Schloſsbrücke auf und ab wandelten und die prächtigen Gas- flammen anstaunten, es sei etwas Rechtes geschehen.“ Da bald darauf aber die durch die Gesellschaft her- gestellte Beleuchtung den Anforderungen der Behörden nicht entsprach, wurde die Stadtverwaltung von der Regierung aufgefordert, nach Ablauf des Vertrages die Straſsenbeleuchtung am 1. Januar 1847 selbst zu übernehmen. Dieses geschieht. Die Gesellschaft behielt das Recht gemäſs ihrem Vertrage in denjenigen Straſsen, in welchen sie am 1. Januar 1847 Leitungen liegen hatte, auch fernerhin Gas an Private zu verkaufen, und sie übt dieses Recht heute noch aus, indem sie drei Gasanstalten im Betrieb hat. Die Stadt baute in den Jahren 1845—47 zwei Gasanstalten und zwei Gasbehälteranstalten. Als die Stadt den Betrieb der Beleuchtung übernahm, brannten 1863 Gasflammen und 1067 Oellampen. Im Jahre 1849 nach Fertigstellung der Beleuchtungseinrichtung brannten 3216 Gasflammen und

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Zitationshilfe: Hobrecht, James: Entwickelung der Verkehrs-Verhältnisse in Berlin. Berlin, 1893, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_verkehrsverhaeltnisse_1893/26>, abgerufen am 21.11.2024.