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Hobrecht, James: Die modernen Aufgaben des großstädtischen Straßenbaues mit Rücksicht auf die Unterbringung der Versorgungsnetze. In: Centralblatt der Bauverwaltung 10 (1890), Nr. 36, Sp. 353-356, Sp. 375-376, Nr. 37, Sp. 386-388.

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Centralblatt der Bauverwaltung. 13. September 1890.

Die modernen Aufgaben des grossstädtischen Strassenbaues mit Rücksicht auf die
Unterbringung der Versorgungsnetze.

(Schluss.)

[Spaltenumbruch]

Vor allem ist es eine Aufgabe der Grossstädte, nicht länger zu
dulden, dass Versorgungsnetze irgend welcher Art, welche man ja
geradezu als Lebensnerven bezeichnen kann, in Besitz und Ver-
waltung concessionirter Privat-Gesellschaften bleiben, oder dass neue
Concessionen der Art ertheilt werden. Eine Concession, ein Vertrag
gewährt Rechte. Nun ist nie-

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Querschnitt A-B.

mand, auch der gewandteste
Rechtsverständige nicht, dem
die Ausfertigung der Concession
anvertraut wird, imstande, bei
dem Wachsthum der Grossstädte,
dem Auftreten neuer Bedürf-
nisse, der regen Erfindung be-
züglich der technischen Form,
in der den Bedürfnissen ge-
nügt wird, anzugeben, welche
tief einschneidende Bedeutung
solche verliehenen Rechte in
der Zukunft haben können, wie
sehr sie hindern und hemmen
können, welche Opfer gebracht
werden müssen, um sie ge-
gebenenfalls abzulösen. Die Ver-
waltungen der Grossstädte üben
Hoheitsrechte aus, und sie dürfen
auf Strassen und Plä-
tzen, also auf öffent-
[Abbildung]

Grundriss.
Strasse mit Leitungstunnel in London.
(Vgl. hierzu Seite 375 in Nr. 36 d. Bl.)

lichem Grund und
Boden, diese Rechte
mit keinem Privaten
theilen. Dass dieser
im Streitfalle nur
seine Privatrechte
wahrnimmt, ist na-
türlich und von
seinem Standpunkt
auch gerechtfertigt;
dass aber dann die
öffentlichen Inter-
essen darunter leiden,
ist selbstverständlich,
und zuerst diejenigen,
welche bei der Ver-
theilung, Grössenbe-
messung, Trace, Hö-
henlage usw. der Ver-
sorgungs-Leitungen
auftauchen.

Wenn es sich
darum handelt, eine
Stadt mit Leitungen
zu versehen, um ir-
gend eine Art der
Versorgung, z. B. mit
Gas, Wasser, Druck-
luft usw. eintreten
zu lassen, so ist es
üblich, den sogenann-
ten Maximalconsum
für die ganze Stadt
festzustellen.

Es wird die Einwohnerzahl und die jährliche procentualische
Steigerung derselben in der Vergangenheit ermittelt; daraus wird
berechnet, dass nach einer Reihe von Jahren, für welche man noch,
weitgegriffen, die Leistungsfähigkeit des Werkes ausreichend haben
will, die Einwohnerzahl eine solche oder eine solche sein werde.

Diese Zahl, mit einem Maximal-Consum auf den Kopf und Tag
multiplicirt, ergiebt die Stoffmenge, auf welche sich das Versorgungs-
werk einzurichten hat. Dann wird in ähnlicher Weise die Ausdeh-
nung des Leitungsnetzes bestimmt, indem auf Grund der Erfahrungen,
die die Vergangenheit an die Hand giebt, die räumliche Vergrösse-
[Spaltenumbruch] rung der Stadt -- wiederum weit gegriffen und für eine längere Reihe
von Jahren -- in Betracht gezogen wird.

Wenn es sich wirklich um Grossstädte handelt, kann dieses Ver-
fahren nicht als das richtige bezeichnet werden. Es wird zunächst
wohl zugegeben werden können, dass es für Werke derart beziehent-
lich ihrer Grösse technisch
eine Grenze giebt, über die
hinaus financiell ein Vortheil
aus einer Vergrösserung nicht
mehr erwächst, insofern sich
dabei die Kosten für eine ge-
lieferte Stoff-Einheit nicht weiter
vermindern, sondern die gleichen
bleiben. Eine solche Grenze
liegt in der Stärke der ein-
zelnen Maschinen, die über ein
gewisses Mass hinaus gehen zu
lassen unwirthschaftlich sein
würde, in dem Durchmesser der
eisernen Hauptleitungen, in der
bereits erreichten vollkommenen
Ausnutzung der Bedienungs-
und Aufsichtskräfte, der Bau-
lichkeiten und der verfügbaren
Baustelle.

Wenn also, wie
es bei Grossstädten
in der Regel der Fall
sein wird, der Ge-
samtconsum erheb-
lich noch die Lei-
stungsfähigkeit einer
einzelnen solchen be-
grenzten Station über-
steigt, so wird es
schon zulässig, ja in
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wirthschaftlich rich-
tig sein, die Versor-
gung von einer Stelle
aus aufzugeben und
mehrere einzelne
Stationen anzulegen.

Aber es ist für
mich hier nicht Auf-
gabe, die Theilung
aus wirthschaft-
lichen
Gründen zu
empfehlen. Ich habe
hier nur nachweisen
wollen, dass eine
Theilung, die aus
andern Gründen ge-
fordert werden muss,
keinesweges aus
wirthschaftlichen
Gründen unausführ-
bar erscheint. Diese
Gründe bestehen aber
darin, dass die Lei-
stungsfähigkeit eines
Werkes, welches ein räumlich bestimmt abgegrenztes Gebiet
versorgen soll, nicht aus höchst unsicheren Wahrscheinlichkeitszahlen
ermittelt, nicht für einen mehr oder minder langen, schliesslich
doch willkürlich gegriffenen Zeitraum festgestellt zu werden braucht,
sondern dass sie -- wenigstens der Hauptsache nach -- aus einem
stabilen Maximalconsum ermittelt werden kann, und dass die
Leitungen, angemessen in dem räumlich fest begrenzten Bezirk ver-
theilt und danach berechnet, im wesentlichen einer Vermehrung oder
Vergrösserung auch in der Zukunft nicht bedürfen werden.

Ich will hier Beispiele anführen: Es giebt wohl keine Stadt,

Centralblatt der Bauverwaltung. 13. September 1890.

Die modernen Aufgaben des groſsstädtischen Straſsenbaues mit Rücksicht auf die
Unterbringung der Versorgungsnetze.

(Schluſs.)

[Spaltenumbruch]

Vor allem ist es eine Aufgabe der Groſsstädte, nicht länger zu
dulden, daſs Versorgungsnetze irgend welcher Art, welche man ja
geradezu als Lebensnerven bezeichnen kann, in Besitz und Ver-
waltung concessionirter Privat-Gesellschaften bleiben, oder daſs neue
Concessionen der Art ertheilt werden. Eine Concession, ein Vertrag
gewährt Rechte. Nun ist nie-

[Abbildung]

Querschnitt A-B.

mand, auch der gewandteste
Rechtsverständige nicht, dem
die Ausfertigung der Concession
anvertraut wird, imstande, bei
dem Wachsthum der Groſsstädte,
dem Auftreten neuer Bedürf-
nisse, der regen Erfindung be-
züglich der technischen Form,
in der den Bedürfnissen ge-
nügt wird, anzugeben, welche
tief einschneidende Bedeutung
solche verliehenen Rechte in
der Zukunft haben können, wie
sehr sie hindern und hemmen
können, welche Opfer gebracht
werden müssen, um sie ge-
gebenenfalls abzulösen. Die Ver-
waltungen der Groſsstädte üben
Hoheitsrechte aus, und sie dürfen
auf Straſsen und Plä-
tzen, also auf öffent-
[Abbildung]

Grundriſs.
Straſse mit Leitungstunnel in London.
(Vgl. hierzu Seite 375 in Nr. 36 d. Bl.)

lichem Grund und
Boden, diese Rechte
mit keinem Privaten
theilen. Daſs dieser
im Streitfalle nur
seine Privatrechte
wahrnimmt, ist na-
türlich und von
seinem Standpunkt
auch gerechtfertigt;
daſs aber dann die
öffentlichen Inter-
essen darunter leiden,
ist selbstverständlich,
und zuerst diejenigen,
welche bei der Ver-
theilung, Gröſsenbe-
messung, Trace, Hö-
henlage usw. der Ver-
sorgungs-Leitungen
auftauchen.

Wenn es sich
darum handelt, eine
Stadt mit Leitungen
zu versehen, um ir-
gend eine Art der
Versorgung, z. B. mit
Gas, Wasser, Druck-
luft usw. eintreten
zu lassen, so ist es
üblich, den sogenann-
ten Maximalconsum
für die ganze Stadt
festzustellen.

Es wird die Einwohnerzahl und die jährliche procentualische
Steigerung derselben in der Vergangenheit ermittelt; daraus wird
berechnet, daſs nach einer Reihe von Jahren, für welche man noch,
weitgegriffen, die Leistungsfähigkeit des Werkes ausreichend haben
will, die Einwohnerzahl eine solche oder eine solche sein werde.

Diese Zahl, mit einem Maximal-Consum auf den Kopf und Tag
multiplicirt, ergiebt die Stoffmenge, auf welche sich das Versorgungs-
werk einzurichten hat. Dann wird in ähnlicher Weise die Ausdeh-
nung des Leitungsnetzes bestimmt, indem auf Grund der Erfahrungen,
die die Vergangenheit an die Hand giebt, die räumliche Vergröſse-
[Spaltenumbruch] rung der Stadt — wiederum weit gegriffen und für eine längere Reihe
von Jahren — in Betracht gezogen wird.

Wenn es sich wirklich um Groſsstädte handelt, kann dieses Ver-
fahren nicht als das richtige bezeichnet werden. Es wird zunächst
wohl zugegeben werden können, daſs es für Werke derart beziehent-
lich ihrer Gröſse technisch
eine Grenze giebt, über die
hinaus financiell ein Vortheil
aus einer Vergröſserung nicht
mehr erwächst, insofern sich
dabei die Kosten für eine ge-
lieferte Stoff-Einheit nicht weiter
vermindern, sondern die gleichen
bleiben. Eine solche Grenze
liegt in der Stärke der ein-
zelnen Maschinen, die über ein
gewisses Maſs hinaus gehen zu
lassen unwirthschaftlich sein
würde, in dem Durchmesser der
eisernen Hauptleitungen, in der
bereits erreichten vollkommenen
Ausnutzung der Bedienungs-
und Aufsichtskräfte, der Bau-
lichkeiten und der verfügbaren
Baustelle.

Wenn also, wie
es bei Groſsstädten
in der Regel der Fall
sein wird, der Ge-
samtconsum erheb-
lich noch die Lei-
stungsfähigkeit einer
einzelnen solchen be-
grenzten Station über-
steigt, so wird es
schon zulässig, ja in
vielen Fällen auch
wirthschaftlich rich-
tig sein, die Versor-
gung von einer Stelle
aus aufzugeben und
mehrere einzelne
Stationen anzulegen.

Aber es ist für
mich hier nicht Auf-
gabe, die Theilung
aus wirthschaft-
lichen
Gründen zu
empfehlen. Ich habe
hier nur nachweisen
wollen, daſs eine
Theilung, die aus
andern Gründen ge-
fordert werden muſs,
keinesweges aus
wirthschaftlichen
Gründen unausführ-
bar erscheint. Diese
Gründe bestehen aber
darin, daſs die Lei-
stungsfähigkeit eines
Werkes, welches ein räumlich bestimmt abgegrenztes Gebiet
versorgen soll, nicht aus höchst unsicheren Wahrscheinlichkeitszahlen
ermittelt, nicht für einen mehr oder minder langen, schlieſslich
doch willkürlich gegriffenen Zeitraum festgestellt zu werden braucht,
sondern daſs sie — wenigstens der Hauptsache nach — aus einem
stabilen Maximalconsum ermittelt werden kann, und daſs die
Leitungen, angemessen in dem räumlich fest begrenzten Bezirk ver-
theilt und danach berechnet, im wesentlichen einer Vermehrung oder
Vergröſserung auch in der Zukunft nicht bedürfen werden.

Ich will hier Beispiele anführen: Es giebt wohl keine Stadt,

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Zitationshilfe: Hobrecht, James: Die modernen Aufgaben des großstädtischen Straßenbaues mit Rücksicht auf die Unterbringung der Versorgungsnetze. In: Centralblatt der Bauverwaltung 10 (1890), Nr. 36, Sp. 353-356, Sp. 375-376, Nr. 37, Sp. 386-388, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_strassenbau_1890/16>, abgerufen am 28.03.2024.