Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Lustschlössern, Landhäusern, Gartengebäuden etc.
Es ist in allen seinen Theilen prächtig, aber die Pracht ist von einer edlen Einfalt
begleitet. Der Garten ist in der gewöhnlichen Manier der Italiäner. *)

2.

Indem man sich in den Lagunen befindet, erblickt man auf der einen Seite
Venedig in seiner sonderbaren Lage, auf der andern aber eine anmuthige Küste,
die mit Häusern besäet ist. In dem Canal der Brenta fährt man durch eine un-
unterbrochene Reihe von Dörfern, Landhäusern, Palästen, Gärten und schönen
Wiesen, die auf beyden Seiten in einer reizenden Abwechselung erscheinen. Das
prächtigste unter allen venezianischen Landhäusern an der Brenta liegt in dem
Flecken Stra, fünf Meilen von Padua, und gehört der Familie Pisani; das
Gebäude und der Garten sind von einem ansehnlichen Umfange; dieser ist im Gan-
zen symmetrisch, aber in einigen Theilen abwechselnd.

Padua, das in einer angenehmen fruchtbaren Ebene liegt, ist mit vielen
Landhäusern, zumal an der Brenta, umgeben; die gesunde Luft und die benach-
barten mit den schönsten Weinreben und Oelbäumen bepflanzten Hügel vermehren
hier die Anmuth des Landlebens. Noventa, zwey Meilen von Padua, ist we-
gen des schönen Landhauses der Giovanelli und seines angenehmen Gartens
berühmt.

Die Gegenden um Mayland, um Brescia, um Lucca, um Genna sind
mit prächtigen Landsitzen und kleinen Sommerhäusern verschönert, die fast überall
eine reizende Lage haben. Denn in einem so warmen Lande sucht man bald die An-
höhen, bald die Küsten des Meers, bald die Ufer der Flüsse zum Sommer-
aufenthalt.

Die Gegend von Turin zeichnet sich nicht weniger durch verschiedene anmu-
thige Lustschlösser und Landsitze aus. Das Lustschloß Valentin ist von einer artigen
Architectur und liegt am Ufer des Po. Der Garten ist nach italiänischem Ge-
schmack angenehm. Der Spaziergang von Turin bis ans Schloß ist einer der
anmuthigsten in Italien; er besteht aus verschiedenen Alleen, die mit hohen Bäu-
men in vier Reihen besetzt, und mit kleinen fließenden Bächen eingefaßt sind.

Die Venerie ist das vornehmste von den königlichen Lustschlössern. Der
Garten ist weitläuftig. Er hat große Rasenstücke, mit den Blumen der Jahreszeit
verziert, und mit keinen Gräben umgeben, die zu ihrer Wässerung dienen; allein
die Lustgebüsche haben noch die alte Architecturverkünstelung.

Stupinigi,
*) Jagemann S. 191 u. s. w.
H h 3

Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc.
Es iſt in allen ſeinen Theilen praͤchtig, aber die Pracht iſt von einer edlen Einfalt
begleitet. Der Garten iſt in der gewoͤhnlichen Manier der Italiaͤner. *)

2.

Indem man ſich in den Lagunen befindet, erblickt man auf der einen Seite
Venedig in ſeiner ſonderbaren Lage, auf der andern aber eine anmuthige Kuͤſte,
die mit Haͤuſern beſaͤet iſt. In dem Canal der Brenta faͤhrt man durch eine un-
unterbrochene Reihe von Doͤrfern, Landhaͤuſern, Palaͤſten, Gaͤrten und ſchoͤnen
Wieſen, die auf beyden Seiten in einer reizenden Abwechſelung erſcheinen. Das
praͤchtigſte unter allen venezianiſchen Landhaͤuſern an der Brenta liegt in dem
Flecken Stra, fuͤnf Meilen von Padua, und gehoͤrt der Familie Piſani; das
Gebaͤude und der Garten ſind von einem anſehnlichen Umfange; dieſer iſt im Gan-
zen ſymmetriſch, aber in einigen Theilen abwechſelnd.

Padua, das in einer angenehmen fruchtbaren Ebene liegt, iſt mit vielen
Landhaͤuſern, zumal an der Brenta, umgeben; die geſunde Luft und die benach-
barten mit den ſchoͤnſten Weinreben und Oelbaͤumen bepflanzten Huͤgel vermehren
hier die Anmuth des Landlebens. Noventa, zwey Meilen von Padua, iſt we-
gen des ſchoͤnen Landhauſes der Giovanelli und ſeines angenehmen Gartens
beruͤhmt.

Die Gegenden um Mayland, um Breſcia, um Lucca, um Genna ſind
mit praͤchtigen Landſitzen und kleinen Sommerhaͤuſern verſchoͤnert, die faſt uͤberall
eine reizende Lage haben. Denn in einem ſo warmen Lande ſucht man bald die An-
hoͤhen, bald die Kuͤſten des Meers, bald die Ufer der Fluͤſſe zum Sommer-
aufenthalt.

Die Gegend von Turin zeichnet ſich nicht weniger durch verſchiedene anmu-
thige Luſtſchloͤſſer und Landſitze aus. Das Luſtſchloß Valentin iſt von einer artigen
Architectur und liegt am Ufer des Po. Der Garten iſt nach italiaͤniſchem Ge-
ſchmack angenehm. Der Spaziergang von Turin bis ans Schloß iſt einer der
anmuthigſten in Italien; er beſteht aus verſchiedenen Alleen, die mit hohen Baͤu-
men in vier Reihen beſetzt, und mit kleinen fließenden Baͤchen eingefaßt ſind.

Die Venerie iſt das vornehmſte von den koͤniglichen Luſtſchloͤſſern. Der
Garten iſt weitlaͤuftig. Er hat große Raſenſtuͤcke, mit den Blumen der Jahreszeit
verziert, und mit keinen Graͤben umgeben, die zu ihrer Waͤſſerung dienen; allein
die Luſtgebuͤſche haben noch die alte Architecturverkuͤnſtelung.

Stupinigi,
*) Jagemann S. 191 u. ſ. w.
H h 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0253" n="245"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, Landha&#x0364;u&#x017F;ern, Gartengeba&#x0364;uden &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Es i&#x017F;t in allen &#x017F;einen Theilen pra&#x0364;chtig, aber die Pracht i&#x017F;t von einer edlen Einfalt<lb/>
begleitet. Der Garten i&#x017F;t in der gewo&#x0364;hnlichen Manier der <hi rendition="#fr">Italia&#x0364;ner.</hi> <note place="foot" n="*)">Jagemann S. 191 u. &#x017F;. w.</note></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">2.</hi> </head><lb/>
            <p>Indem man &#x017F;ich in den <hi rendition="#fr">Lagunen</hi> befindet, erblickt man auf der einen Seite<lb/><hi rendition="#fr">Venedig</hi> in &#x017F;einer &#x017F;onderbaren Lage, auf der andern aber eine anmuthige Ku&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
die mit Ha&#x0364;u&#x017F;ern be&#x017F;a&#x0364;et i&#x017F;t. In dem Canal der <hi rendition="#fr">Brenta</hi> fa&#x0364;hrt man durch eine un-<lb/>
unterbrochene Reihe von Do&#x0364;rfern, Landha&#x0364;u&#x017F;ern, Pala&#x0364;&#x017F;ten, Ga&#x0364;rten und &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Wie&#x017F;en, die auf beyden Seiten in einer reizenden Abwech&#x017F;elung er&#x017F;cheinen. Das<lb/>
pra&#x0364;chtig&#x017F;te unter allen <hi rendition="#fr">veneziani&#x017F;chen</hi> Landha&#x0364;u&#x017F;ern an der <hi rendition="#fr">Brenta</hi> liegt in dem<lb/>
Flecken <hi rendition="#fr">Stra,</hi> fu&#x0364;nf Meilen von <hi rendition="#fr">Padua,</hi> und geho&#x0364;rt der Familie <hi rendition="#fr">Pi&#x017F;ani;</hi> das<lb/>
Geba&#x0364;ude und der Garten &#x017F;ind von einem an&#x017F;ehnlichen Umfange; die&#x017F;er i&#x017F;t im Gan-<lb/>
zen &#x017F;ymmetri&#x017F;ch, aber in einigen Theilen abwech&#x017F;elnd.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Padua,</hi> das in einer angenehmen fruchtbaren Ebene liegt, i&#x017F;t mit vielen<lb/>
Landha&#x0364;u&#x017F;ern, zumal an der <hi rendition="#fr">Brenta,</hi> umgeben; die ge&#x017F;unde Luft und die benach-<lb/>
barten mit den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Weinreben und Oelba&#x0364;umen bepflanzten Hu&#x0364;gel vermehren<lb/>
hier die Anmuth des Landlebens. <hi rendition="#fr">Noventa,</hi> zwey Meilen von <hi rendition="#fr">Padua,</hi> i&#x017F;t we-<lb/>
gen des &#x017F;cho&#x0364;nen Landhau&#x017F;es der <hi rendition="#fr">Giovanelli</hi> und &#x017F;eines angenehmen Gartens<lb/>
beru&#x0364;hmt.</p><lb/>
            <p>Die Gegenden um <hi rendition="#fr">Mayland,</hi> um <hi rendition="#fr">Bre&#x017F;cia,</hi> um <hi rendition="#fr">Lucca,</hi> um <hi rendition="#fr">Genna</hi> &#x017F;ind<lb/>
mit pra&#x0364;chtigen Land&#x017F;itzen und kleinen <hi rendition="#fr">Sommerha&#x0364;u&#x017F;ern</hi> ver&#x017F;cho&#x0364;nert, die fa&#x017F;t u&#x0364;berall<lb/>
eine reizende Lage haben. Denn in einem &#x017F;o warmen Lande &#x017F;ucht man bald die An-<lb/>
ho&#x0364;hen, bald die Ku&#x0364;&#x017F;ten des Meers, bald die Ufer der Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zum Sommer-<lb/>
aufenthalt.</p><lb/>
            <p>Die Gegend von <hi rendition="#fr">Turin</hi> zeichnet &#x017F;ich nicht weniger durch ver&#x017F;chiedene anmu-<lb/>
thige Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er und Land&#x017F;itze aus. Das Lu&#x017F;t&#x017F;chloß <hi rendition="#fr">Valentin</hi> i&#x017F;t von einer artigen<lb/>
Architectur und liegt am Ufer des <hi rendition="#fr">Po.</hi> Der Garten i&#x017F;t nach <hi rendition="#fr">italia&#x0364;ni&#x017F;chem</hi> Ge-<lb/>
&#x017F;chmack angenehm. Der Spaziergang von <hi rendition="#fr">Turin</hi> bis ans Schloß i&#x017F;t einer der<lb/>
anmuthig&#x017F;ten in <hi rendition="#fr">Italien;</hi> er be&#x017F;teht aus ver&#x017F;chiedenen Alleen, die mit hohen Ba&#x0364;u-<lb/>
men in vier Reihen be&#x017F;etzt, und mit kleinen fließenden Ba&#x0364;chen eingefaßt &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Venerie</hi> i&#x017F;t das vornehm&#x017F;te von den ko&#x0364;niglichen Lu&#x017F;t&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern. Der<lb/>
Garten i&#x017F;t weitla&#x0364;uftig. Er hat große Ra&#x017F;en&#x017F;tu&#x0364;cke, mit den Blumen der Jahreszeit<lb/>
verziert, und mit keinen Gra&#x0364;ben umgeben, die zu ihrer Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung dienen; allein<lb/>
die Lu&#x017F;tgebu&#x0364;&#x017F;che haben noch die alte Architecturverku&#x0364;n&#x017F;telung.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">H h 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Stupinigi,</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0253] Luſtſchloͤſſern, Landhaͤuſern, Gartengebaͤuden ꝛc. Es iſt in allen ſeinen Theilen praͤchtig, aber die Pracht iſt von einer edlen Einfalt begleitet. Der Garten iſt in der gewoͤhnlichen Manier der Italiaͤner. *) 2. Indem man ſich in den Lagunen befindet, erblickt man auf der einen Seite Venedig in ſeiner ſonderbaren Lage, auf der andern aber eine anmuthige Kuͤſte, die mit Haͤuſern beſaͤet iſt. In dem Canal der Brenta faͤhrt man durch eine un- unterbrochene Reihe von Doͤrfern, Landhaͤuſern, Palaͤſten, Gaͤrten und ſchoͤnen Wieſen, die auf beyden Seiten in einer reizenden Abwechſelung erſcheinen. Das praͤchtigſte unter allen venezianiſchen Landhaͤuſern an der Brenta liegt in dem Flecken Stra, fuͤnf Meilen von Padua, und gehoͤrt der Familie Piſani; das Gebaͤude und der Garten ſind von einem anſehnlichen Umfange; dieſer iſt im Gan- zen ſymmetriſch, aber in einigen Theilen abwechſelnd. Padua, das in einer angenehmen fruchtbaren Ebene liegt, iſt mit vielen Landhaͤuſern, zumal an der Brenta, umgeben; die geſunde Luft und die benach- barten mit den ſchoͤnſten Weinreben und Oelbaͤumen bepflanzten Huͤgel vermehren hier die Anmuth des Landlebens. Noventa, zwey Meilen von Padua, iſt we- gen des ſchoͤnen Landhauſes der Giovanelli und ſeines angenehmen Gartens beruͤhmt. Die Gegenden um Mayland, um Breſcia, um Lucca, um Genna ſind mit praͤchtigen Landſitzen und kleinen Sommerhaͤuſern verſchoͤnert, die faſt uͤberall eine reizende Lage haben. Denn in einem ſo warmen Lande ſucht man bald die An- hoͤhen, bald die Kuͤſten des Meers, bald die Ufer der Fluͤſſe zum Sommer- aufenthalt. Die Gegend von Turin zeichnet ſich nicht weniger durch verſchiedene anmu- thige Luſtſchloͤſſer und Landſitze aus. Das Luſtſchloß Valentin iſt von einer artigen Architectur und liegt am Ufer des Po. Der Garten iſt nach italiaͤniſchem Ge- ſchmack angenehm. Der Spaziergang von Turin bis ans Schloß iſt einer der anmuthigſten in Italien; er beſteht aus verſchiedenen Alleen, die mit hohen Baͤu- men in vier Reihen beſetzt, und mit kleinen fließenden Baͤchen eingefaßt ſind. Die Venerie iſt das vornehmſte von den koͤniglichen Luſtſchloͤſſern. Der Garten iſt weitlaͤuftig. Er hat große Raſenſtuͤcke, mit den Blumen der Jahreszeit verziert, und mit keinen Graͤben umgeben, die zu ihrer Waͤſſerung dienen; allein die Luſtgebuͤſche haben noch die alte Architecturverkuͤnſtelung. Stupinigi, *) Jagemann S. 191 u. ſ. w. H h 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/253
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/253>, abgerufen am 22.11.2024.