Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung mit einem frohen Nachgenuß in den Gemälden der Dichter und der Landschafter wie-der erblickt. Ein Weinberg kann als eine besondre Gattung von Gärten angesehen werden; VI. Dör-
Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung mit einem frohen Nachgenuß in den Gemaͤlden der Dichter und der Landſchafter wie-der erblickt. Ein Weinberg kann als eine beſondre Gattung von Gaͤrten angeſehen werden; VI. Doͤr-
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Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
mit einem frohen Nachgenuß in den Gemaͤlden der Dichter und der Landſchafter wie-
der erblickt.
Ein Weinberg kann als eine beſondre Gattung von Gaͤrten angeſehen werden;
und in manchen Landſchaften ſieht man keine andre, als dieſe. Seine Lage auf ſon-
nigten Anhoͤhen oder an huͤgeligten Abhaͤngen giebt ihm einen Charakter von Heiter-
keit, der ſich ſchon bey der Annaͤherung ankuͤndigt. Man genießt hier eine freye
Ausſicht, und athmet voll Ruhe in einer reinern Luft. Wird das Auge durch den
Anblick eines Sees, der in der Niedrigung dahin wallet, oder eines voruͤberfließen-
den Fluſſes, oder eines Gemiſches von Wieſen und Landhuͤtten, die unter ihm in der
Tiefe ruhen, ergoͤtzt; ſo hat die Lage einen ſo friſchen und doch ſo ſanften Reiz, der
dieſer Gattung uͤberaus angemeſſen iſt. Der Charakter eines Weinbergs iſt Ein-
ſachheit. Er vertraͤgt keine fremden Pflanzungen. Allein die Weinſtoͤcke ergoͤtzen
nicht nur durch das Liebliche der Ueberſchattung und durch die Erwartung der edlen
Fruͤchte; ſie laſſen ſich auch zu kuͤhlen Bogengaͤngen bilden, in welchen die reifenden
Trauben aus dem dichten Laubdach anlockend ſich hervordraͤngen und herabhangen;
an den Seiten koͤnnen andre Spazierwege bald frey, bald leicht uͤberſchattet, dahin
laufen, oder kleine Reblauben ſich woͤlben. Das Vergnuͤgen des Spazierganges
kann ſich hier mit der Ruhe und der ſanften Anmuth der Ausſichten vereinigen.
Auf der Hoͤhe kann ein Tempel, dem wohlthaͤtigen Gott des Weins gewidmet,
und mit den Sinnbildern ſeiner Freuden bezeichnet, oder mit den tanzenden Figuren
der Satyren umgeben, leicht und froͤhlich erbaut, zwiſchen den geſelligen Umarmun-
gen von Epheu und Reben emporſteigen; und unten am Eingange des Weinberges
mag eine Huͤtte, die Wohnung des Winzers, nachlaͤßig ruhen. Der Tempel kann
inwendig zur Bewohnung fuͤr einige Perſonen eingerichtet werden, oder die noͤthigen
Bequemlichkeiten fuͤr einen kurzen Aufenthalt des Beſitzers enthalten. Ruhe und
liebliche Einfalt herrſche durch den ganzen Bezirk. Seine ſchoͤnern Tage ſchenkt
dem Weinberg der Herbſt, in deſſen Scenen er ſelbſt ein uͤberaus intereſſanter Theil
ſeyn kann, indem das mildere Sonnenlicht zwiſchen den duͤnnern, falben, ſich ma-
leriſch aͤndernden Blaͤttern die blauen und gelben Trauben hoͤher faͤrbt, und mit jedem
entwoͤlkten Mittag der Luͤſternheit reizender entgegen ſchwellen laͤßt.
VI. Doͤr-
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