plätzen in Gruppen verstreut, sind gerade die Art von Anpflanzung, die nach dem Beyspiel der Natur hier den Vorzug verdient.
Zwischen den von der Natur oder von der Hand des Fleißes bepflanzten Klumps, Haynen, Gebüschen und Dickigten müssen sich bald Fußsteige, bald Wege zum Fah- ren und Reiten umherwinden. Nichts ist anmuthiger, als in diesen einsamen und ruhigen Waldrevieren seinen Spazierweg zu verfolgen.
Es ist nicht unschicklich, in einem ausgebreiteten Thiergarten besondre Ge- genden zum Vogelfang, oder zur Entenjagd, oder zum Angeln zu bestimmen, und sie zu diesen Ergötzungen einzurichten.
An Gebäuden nimmt ein Thiergarten bald ein kleines Jagdschloß oder Jagd- haus*), bald einen Tempel der Diana auf waldigten Höhen, bald eine dieser Göt- tinn gewidmete Felsengrotte in Winkeln, wo man das Wild bey dem ungestörten Genuß seiner Freyheit nicht ohne Vergnügen belauschet, bald ein rohes von Baum- rinden zusammengeschlagenes Waldhaus auf. Nur muß jedesmal die Gegend mit dem besondern Charakter dieser Gebäude übereinstimmen. Zwischen dicken Wald- massen alter Eichen erhebe sich auf einer steilen Bergspitze ein gothisches Jagdschloß mit seinen halb zertrümmerten Thürmen empor; seine rauhe Gestalt stimmt, zur Verstärkung des Eindrucks, der erhabenen Wildheit der Natur zu, und bringt die Erinnerung der Jahrhunderte roher Jagdbegierde zurück, zu welcher sich bald die für uns so schmeichelhafte Vergleichung unsrer mildern Sitten gesellt. Der Tempel der Jagdgöttinn steige auf einem anmuthigen Hügel zwischen edeln schattenreichen Gruppen, im griechischen Stil, ohne Pracht, mit einer mäßigen Zierlichkeit er- bauet, empor; er möge sich am Eingang mit vier Säulen der jonischen Ordnung und mit einem grauweißlichen Anstrich seiner Außenseiten begnügen; und über dem Eingang kündige ein wohl gewähltes Sinnbild die Bestimmung des Gebäudes an; eine Statue der Diana in einem bedeutungsvollen und interessanten Ausdruck, frey von der gemeinen Vorstellung, die man so oft erblickt, reize beym Eintritt das Auge des Kenners, oder es werde von Gemälden der Jagd gerufen, wo sich die Göttinn mit ihren Nymphen ergötzt. Eine Grotte, der Diana gewidmet, muß der Bau- art getreu seyn, die diese Art von Werken verlangt**). Ein Waldhaus von Baum- rinden zusammengesetzt, erfordert keine edle Lage auf Anhöhen; es erscheint am schick- lichsten in Niedrigungen zwischen Hügeln, die mit verwildertem Gebüsch überkleidet sind, oder in dunkeln Dickigten; und es verlangt in seiner ganzen Anlage durchaus
die
*) Einen Vorschlag zu einem solchen Gebäude s. im 3ten B. S. 37 -- 38.
**) S. 3tes B. S. 84. u. f.
Achter Abſchnitt. Gaͤrtenmaͤßige Verſchoͤnerung
plaͤtzen in Gruppen verſtreut, ſind gerade die Art von Anpflanzung, die nach dem Beyſpiel der Natur hier den Vorzug verdient.
Zwiſchen den von der Natur oder von der Hand des Fleißes bepflanzten Klumps, Haynen, Gebuͤſchen und Dickigten muͤſſen ſich bald Fußſteige, bald Wege zum Fah- ren und Reiten umherwinden. Nichts iſt anmuthiger, als in dieſen einſamen und ruhigen Waldrevieren ſeinen Spazierweg zu verfolgen.
Es iſt nicht unſchicklich, in einem ausgebreiteten Thiergarten beſondre Ge- genden zum Vogelfang, oder zur Entenjagd, oder zum Angeln zu beſtimmen, und ſie zu dieſen Ergoͤtzungen einzurichten.
An Gebaͤuden nimmt ein Thiergarten bald ein kleines Jagdſchloß oder Jagd- haus*), bald einen Tempel der Diana auf waldigten Hoͤhen, bald eine dieſer Goͤt- tinn gewidmete Felſengrotte in Winkeln, wo man das Wild bey dem ungeſtoͤrten Genuß ſeiner Freyheit nicht ohne Vergnuͤgen belauſchet, bald ein rohes von Baum- rinden zuſammengeſchlagenes Waldhaus auf. Nur muß jedesmal die Gegend mit dem beſondern Charakter dieſer Gebaͤude uͤbereinſtimmen. Zwiſchen dicken Wald- maſſen alter Eichen erhebe ſich auf einer ſteilen Bergſpitze ein gothiſches Jagdſchloß mit ſeinen halb zertruͤmmerten Thuͤrmen empor; ſeine rauhe Geſtalt ſtimmt, zur Verſtaͤrkung des Eindrucks, der erhabenen Wildheit der Natur zu, und bringt die Erinnerung der Jahrhunderte roher Jagdbegierde zuruͤck, zu welcher ſich bald die fuͤr uns ſo ſchmeichelhafte Vergleichung unſrer mildern Sitten geſellt. Der Tempel der Jagdgoͤttinn ſteige auf einem anmuthigen Huͤgel zwiſchen edeln ſchattenreichen Gruppen, im griechiſchen Stil, ohne Pracht, mit einer maͤßigen Zierlichkeit er- bauet, empor; er moͤge ſich am Eingang mit vier Saͤulen der joniſchen Ordnung und mit einem grauweißlichen Anſtrich ſeiner Außenſeiten begnuͤgen; und uͤber dem Eingang kuͤndige ein wohl gewaͤhltes Sinnbild die Beſtimmung des Gebaͤudes an; eine Statue der Diana in einem bedeutungsvollen und intereſſanten Ausdruck, frey von der gemeinen Vorſtellung, die man ſo oft erblickt, reize beym Eintritt das Auge des Kenners, oder es werde von Gemaͤlden der Jagd gerufen, wo ſich die Goͤttinn mit ihren Nymphen ergoͤtzt. Eine Grotte, der Diana gewidmet, muß der Bau- art getreu ſeyn, die dieſe Art von Werken verlangt**). Ein Waldhaus von Baum- rinden zuſammengeſetzt, erfordert keine edle Lage auf Anhoͤhen; es erſcheint am ſchick- lichſten in Niedrigungen zwiſchen Huͤgeln, die mit verwildertem Gebuͤſch uͤberkleidet ſind, oder in dunkeln Dickigten; und es verlangt in ſeiner ganzen Anlage durchaus
die
*) Einen Vorſchlag zu einem ſolchen Gebaͤude ſ. im 3ten B. S. 37 — 38.
**) S. 3tes B. S. 84. u. f.
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plaͤtzen in Gruppen verſtreut, ſind gerade die Art von Anpflanzung, die nach dem
Beyſpiel der Natur hier den Vorzug verdient.
Zwiſchen den von der Natur oder von der Hand des Fleißes bepflanzten Klumps,
Haynen, Gebuͤſchen und Dickigten muͤſſen ſich bald Fußſteige, bald Wege zum Fah-
ren und Reiten umherwinden. Nichts iſt anmuthiger, als in dieſen einſamen und
ruhigen Waldrevieren ſeinen Spazierweg zu verfolgen.
Es iſt nicht unſchicklich, in einem ausgebreiteten Thiergarten beſondre Ge-
genden zum Vogelfang, oder zur Entenjagd, oder zum Angeln zu beſtimmen, und
ſie zu dieſen Ergoͤtzungen einzurichten.
An Gebaͤuden nimmt ein Thiergarten bald ein kleines Jagdſchloß oder Jagd-
haus *), bald einen Tempel der Diana auf waldigten Hoͤhen, bald eine dieſer Goͤt-
tinn gewidmete Felſengrotte in Winkeln, wo man das Wild bey dem ungeſtoͤrten
Genuß ſeiner Freyheit nicht ohne Vergnuͤgen belauſchet, bald ein rohes von Baum-
rinden zuſammengeſchlagenes Waldhaus auf. Nur muß jedesmal die Gegend mit
dem beſondern Charakter dieſer Gebaͤude uͤbereinſtimmen. Zwiſchen dicken Wald-
maſſen alter Eichen erhebe ſich auf einer ſteilen Bergſpitze ein gothiſches Jagdſchloß
mit ſeinen halb zertruͤmmerten Thuͤrmen empor; ſeine rauhe Geſtalt ſtimmt, zur
Verſtaͤrkung des Eindrucks, der erhabenen Wildheit der Natur zu, und bringt die
Erinnerung der Jahrhunderte roher Jagdbegierde zuruͤck, zu welcher ſich bald die
fuͤr uns ſo ſchmeichelhafte Vergleichung unſrer mildern Sitten geſellt. Der Tempel
der Jagdgoͤttinn ſteige auf einem anmuthigen Huͤgel zwiſchen edeln ſchattenreichen
Gruppen, im griechiſchen Stil, ohne Pracht, mit einer maͤßigen Zierlichkeit er-
bauet, empor; er moͤge ſich am Eingang mit vier Saͤulen der joniſchen Ordnung
und mit einem grauweißlichen Anſtrich ſeiner Außenſeiten begnuͤgen; und uͤber dem
Eingang kuͤndige ein wohl gewaͤhltes Sinnbild die Beſtimmung des Gebaͤudes an;
eine Statue der Diana in einem bedeutungsvollen und intereſſanten Ausdruck, frey
von der gemeinen Vorſtellung, die man ſo oft erblickt, reize beym Eintritt das Auge
des Kenners, oder es werde von Gemaͤlden der Jagd gerufen, wo ſich die Goͤttinn
mit ihren Nymphen ergoͤtzt. Eine Grotte, der Diana gewidmet, muß der Bau-
art getreu ſeyn, die dieſe Art von Werken verlangt **). Ein Waldhaus von Baum-
rinden zuſammengeſetzt, erfordert keine edle Lage auf Anhoͤhen; es erſcheint am ſchick-
lichſten in Niedrigungen zwiſchen Huͤgeln, die mit verwildertem Gebuͤſch uͤberkleidet
ſind, oder in dunkeln Dickigten; und es verlangt in ſeiner ganzen Anlage durchaus
die
*) Einen Vorſchlag zu einem ſolchen Gebaͤude ſ. im 3ten B. S. 37 — 38.
**) S. 3tes B. S. 84. u. f.
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/164>, abgerufen am 19.07.2024.
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