Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.einzelner Theile eines Landsitzes. 3. Einige Zeit nachher gab der malerische Watelet *) in Frankreich zuerst eine Die Wohnung, sagt er, soll an dem Abhang eines Hügels liegen, von wel- Diesem Vergnügen überlassen, werde ich gewahr, daß der Hügel auf Wiesen Nach diesem ersten flüchtigen Blicke sehe ich zurück nach dem Fuße des Hügels, Die Verbindung verschiedener Gebäude, Höfe, eingeschlossener Plätze, fes- eine *) Essai sur les Jardins S. 22 u. f.
Fast um eben diese Zeit trug auch der un- genannte Verfasser von der Theorie des [Spaltenumbruch] Jardins S. 113 u. 307 u. f. einige Vor- schriften über diese Gattung von Verschö- nerung vor. einzelner Theile eines Landſitzes. 3. Einige Zeit nachher gab der maleriſche Watelet *) in Frankreich zuerſt eine Die Wohnung, ſagt er, ſoll an dem Abhang eines Huͤgels liegen, von wel- Dieſem Vergnuͤgen uͤberlaſſen, werde ich gewahr, daß der Huͤgel auf Wieſen Nach dieſem erſten fluͤchtigen Blicke ſehe ich zuruͤck nach dem Fuße des Huͤgels, Die Verbindung verſchiedener Gebaͤude, Hoͤfe, eingeſchloſſener Plaͤtze, feſ- eine *) Eſſai ſur les Jardins S. 22 u. f.
Faſt um eben dieſe Zeit trug auch der un- genannte Verfaſſer von der Theorie des [Spaltenumbruch] Jardins S. 113 u. 307 u. f. einige Vor- ſchriften uͤber dieſe Gattung von Verſchoͤ- nerung vor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0143" n="135"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">einzelner Theile eines Landſitzes.</hi> </fw><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">3.</hi> </head><lb/> <p>Einige Zeit nachher gab der maleriſche <hi rendition="#fr">Watelet</hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Eſſai ſur les Jardins</hi> S. 22 u. f.<lb/> Faſt um eben dieſe Zeit trug auch der un-<lb/> genannte Verfaſſer von der <hi rendition="#aq">Theorie des<lb/><cb/> Jardins</hi> S. 113 u. 307 u. f. einige Vor-<lb/> ſchriften uͤber dieſe Gattung von Verſchoͤ-<lb/> nerung vor.</note> in <hi rendition="#fr">Frankreich</hi> zuerſt eine<lb/> ſchoͤne Beſchreibung von einer Meyerey <hi rendition="#aq">(ferme ornée),</hi> die von den Ideen der <hi rendition="#fr">Brit-<lb/> ten</hi> etwas abweicht, aber eine freye, leichte und anmuthige Zuſammenſetzung in ſei-<lb/> nem Gemaͤlde macht.</p><lb/> <p>Die Wohnung, ſagt er, ſoll an dem Abhang eines Huͤgels liegen, von wel-<lb/> chem man die Gebaͤude und die Behaͤltniſſe, wo die Wohlthaten der Natur aufbe-<lb/> wahret und genutzet werden, leicht uͤberſehen kann. Der Genuß des Landes muß<lb/> ein Zuſammenhang von unerkuͤnſtelten Begierden und von leicht erlangten Befriedi-<lb/> gungen ſeyn. Die Wohnung, worinn Nutzbarkeit und Vergnuͤgen ſich vereinigen<lb/> ſollen, muß daher ſo gelegen ſeyn, daß man den ganzen Umfang der angraͤnzenden<lb/> Einrichtungen ohne Hinderniß entdecken kann. Gegen Mitternacht wuͤrde ſie zu oft<lb/> die Strenge eines beſchwerlichen Windes erfahren. Gegen Abend wuͤrde der Glanz<lb/> der brennenden Sonne, deren Strahlen die Graͤnzen des Horizonts blenden, den<lb/> Blick ermuͤden und zuruͤck ſtoßen. Aber die Ausſicht zwiſchen Mittag und Morgen<lb/> wird der Neigung, ſich mit dem Anblicke der Landſchaft zu beſchaͤftigen, keine Hin-<lb/> derniſſe entgegen ſtellen, und dieſe Neigung wird durch die Leichtigkeit des Genuſſes<lb/> genaͤhrt werden.</p><lb/> <p>Dieſem Vergnuͤgen uͤberlaſſen, werde ich gewahr, daß der Huͤgel auf Wieſen<lb/> herunter ſteigt, durch die ein kleiner Bach ſich ſchlaͤngelt; daß der entgegen ſtehende<lb/> Abhang angebauete Plaͤtze, Weinberge darſtellet, und auf dem Gipfel ſehe ich Waͤl-<lb/> der, die nahe genug ſind, um in mir das Verlangen, mich dahin zu begeben, rege<lb/> zu machen. Auf eben dieſem Gipfel ſehe ich, aber in einer groͤßern Entfernung,<lb/> Kornfelder, die mir die Idee ihres Reichthums zubringen, ohne mich durch ihre<lb/> Einfoͤrmigkeit zu beleidigen.</p><lb/> <p>Nach dieſem erſten fluͤchtigen Blicke ſehe ich zuruͤck nach dem Fuße des Huͤgels,<lb/> wo ich mich befinde, und meine Augen verweilen ſich bey der Meyerey.</p><lb/> <p>Die Verbindung verſchiedener Gebaͤude, Hoͤfe, eingeſchloſſener Plaͤtze, feſ-<lb/> ſelt meinen Blick, und erregt meine Aufmerkſamkeit. Ich ſteige vom Huͤgel herab;<lb/> meine Einbildungskraft iſt voll von ſchaͤferiſchen Ideen. Das Verlangen iſt erregt,<lb/> es koͤmmt darauf an, es zu unterhalten und zu befriedigen. Aber je vollkommener<lb/> der Geſchmack in der Geſellſchaft iſt, davon ich einen Theil ausmache, eine deſto fei-<lb/> nere Kunſt muß angewendet werden. Das Nutzbare und das Angenehme muͤſſen auf<lb/> <fw place="bottom" type="catch">eine</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0143]
einzelner Theile eines Landſitzes.
3.
Einige Zeit nachher gab der maleriſche Watelet *) in Frankreich zuerſt eine
ſchoͤne Beſchreibung von einer Meyerey (ferme ornée), die von den Ideen der Brit-
ten etwas abweicht, aber eine freye, leichte und anmuthige Zuſammenſetzung in ſei-
nem Gemaͤlde macht.
Die Wohnung, ſagt er, ſoll an dem Abhang eines Huͤgels liegen, von wel-
chem man die Gebaͤude und die Behaͤltniſſe, wo die Wohlthaten der Natur aufbe-
wahret und genutzet werden, leicht uͤberſehen kann. Der Genuß des Landes muß
ein Zuſammenhang von unerkuͤnſtelten Begierden und von leicht erlangten Befriedi-
gungen ſeyn. Die Wohnung, worinn Nutzbarkeit und Vergnuͤgen ſich vereinigen
ſollen, muß daher ſo gelegen ſeyn, daß man den ganzen Umfang der angraͤnzenden
Einrichtungen ohne Hinderniß entdecken kann. Gegen Mitternacht wuͤrde ſie zu oft
die Strenge eines beſchwerlichen Windes erfahren. Gegen Abend wuͤrde der Glanz
der brennenden Sonne, deren Strahlen die Graͤnzen des Horizonts blenden, den
Blick ermuͤden und zuruͤck ſtoßen. Aber die Ausſicht zwiſchen Mittag und Morgen
wird der Neigung, ſich mit dem Anblicke der Landſchaft zu beſchaͤftigen, keine Hin-
derniſſe entgegen ſtellen, und dieſe Neigung wird durch die Leichtigkeit des Genuſſes
genaͤhrt werden.
Dieſem Vergnuͤgen uͤberlaſſen, werde ich gewahr, daß der Huͤgel auf Wieſen
herunter ſteigt, durch die ein kleiner Bach ſich ſchlaͤngelt; daß der entgegen ſtehende
Abhang angebauete Plaͤtze, Weinberge darſtellet, und auf dem Gipfel ſehe ich Waͤl-
der, die nahe genug ſind, um in mir das Verlangen, mich dahin zu begeben, rege
zu machen. Auf eben dieſem Gipfel ſehe ich, aber in einer groͤßern Entfernung,
Kornfelder, die mir die Idee ihres Reichthums zubringen, ohne mich durch ihre
Einfoͤrmigkeit zu beleidigen.
Nach dieſem erſten fluͤchtigen Blicke ſehe ich zuruͤck nach dem Fuße des Huͤgels,
wo ich mich befinde, und meine Augen verweilen ſich bey der Meyerey.
Die Verbindung verſchiedener Gebaͤude, Hoͤfe, eingeſchloſſener Plaͤtze, feſ-
ſelt meinen Blick, und erregt meine Aufmerkſamkeit. Ich ſteige vom Huͤgel herab;
meine Einbildungskraft iſt voll von ſchaͤferiſchen Ideen. Das Verlangen iſt erregt,
es koͤmmt darauf an, es zu unterhalten und zu befriedigen. Aber je vollkommener
der Geſchmack in der Geſellſchaft iſt, davon ich einen Theil ausmache, eine deſto fei-
nere Kunſt muß angewendet werden. Das Nutzbare und das Angenehme muͤſſen auf
eine
*) Eſſai ſur les Jardins S. 22 u. f.
Faſt um eben dieſe Zeit trug auch der un-
genannte Verfaſſer von der Theorie des
Jardins S. 113 u. 307 u. f. einige Vor-
ſchriften uͤber dieſe Gattung von Verſchoͤ-
nerung vor.
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