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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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einzelner Theile eines Landsitzes.
ständig etwas weniger beträchtliche Gegenstände an, als Sommerhäuser, Hütten
und Brücken.

Indessen aber sind die Gebäude nicht die einzigen Verschönerungen des Spa-
zierganges. In einer ansehnlichen Strecke des Weges wird ihm die Aussicht auf
das Land von einer dicken und hohen Hecke benommen, welche mit Geißblatt, Jas-
min und andern wohlriechenden Gewächsen durchflochten ist, deren Zweige die dich-
rern Aeste der Hecke umwinden. Ein größtentheils mit Sande oder Kies bedeckter
Fußsteig gehet in einer gebogenen Linie bald nahe unter der Hecke, bald in einer klei-
nen Entfernung vor derselben dahin; und der grüne Rasen zu beyden Seiten erhält
von Gruppen niedriger Sträucher, von Tannen, oder den kleinsten Bäumen und
oft von Blumenpflanzungen seine Abwechselung. Diese letztern sind nur allzu ver-
schwenderisch herumgestreut, so daß sie dem Auge beynahe unangenehm werden; im
Gegentheil aber erfüllen sie auch die ganze Gegend mit ihren Gerüchen, und ein je-
des Lüftchen ist mit einem angenehmen Dufte erfüllt. Jedoch ist die Verzierung an
einigen Orten weit gemäßigter: indem der Spaziergang durch größere Gehölze von
immer grünen Waldbäumen, durch Gebüsche von hangenden Sträuchern, oder durch
weit ansehnlichere lichte Pflanzungen dahin läuft. An dem einen Platze ist er voll-
kommen ungekünstelt, ohne einen einzigen Zusatz, ohne Kies, ohne einige niedrige
Umzäunung, welche ihn von der übrigen Flur abschneiden könnten; denn er unter-
scheidet sich nur durch den Reichthum seines belebten Grüns, und durch die Sorg-
falt, welche man auf seine Erhaltung wendet. In den Saatfeldern ist er gleich-
falls grün und berafet, indem er der Richtung der Hecken folgt, welche die verschie-
denen Stücke einschließen. Diese Hecken werden bisweilen durch blühende Gesträu-
che verdicket; und in jedem Winkel, oder offenen Platze, ist ein Rosengebüsch, oder
eine bald dichtere bald zerstreutere Menge von Bäumen, oder auch eine Blumen-
pflanzung. Ist aber der Boden zur Verschönerung der Felder mit großem Fleiß
zugerichtet worden; so hat man auf der andern Seite viele für einen Garten neue Ge-
wächse von der Landgegend entlehnt; und die Sträucher und Blumen, die man der
einen besonders eigen zu seyn glaubt, sind dem andern im reichen Ueberflusse mitge-
theilet worden; und ihre Anzahl scheinet sich vermittelst ihrer Ordnung in so vielen
und so verschiedenen Gegenden zu vervielfältigen. Dennoch aber würde ein einge-
schränkterer Gebrauch derselben besser, und eine weniger ausschweifende Abwechselung
reizender gewesen seyn.

Allein das Uebertriebene zeiget sich blos in den Einfassungen des Spazierweges.
Die Scenen, durch welche er führet, sind wirklich schön, überall reich, und allezeit
angenehm. Eine außerordentliche Munterkeit verbreitet sich über beyde Fluren; und

diese
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einzelner Theile eines Landſitzes.
ſtaͤndig etwas weniger betraͤchtliche Gegenſtaͤnde an, als Sommerhaͤuſer, Huͤtten
und Bruͤcken.

Indeſſen aber ſind die Gebaͤude nicht die einzigen Verſchoͤnerungen des Spa-
zierganges. In einer anſehnlichen Strecke des Weges wird ihm die Ausſicht auf
das Land von einer dicken und hohen Hecke benommen, welche mit Geißblatt, Jas-
min und andern wohlriechenden Gewaͤchſen durchflochten iſt, deren Zweige die dich-
rern Aeſte der Hecke umwinden. Ein groͤßtentheils mit Sande oder Kies bedeckter
Fußſteig gehet in einer gebogenen Linie bald nahe unter der Hecke, bald in einer klei-
nen Entfernung vor derſelben dahin; und der gruͤne Raſen zu beyden Seiten erhaͤlt
von Gruppen niedriger Straͤucher, von Tannen, oder den kleinſten Baͤumen und
oft von Blumenpflanzungen ſeine Abwechſelung. Dieſe letztern ſind nur allzu ver-
ſchwenderiſch herumgeſtreut, ſo daß ſie dem Auge beynahe unangenehm werden; im
Gegentheil aber erfuͤllen ſie auch die ganze Gegend mit ihren Geruͤchen, und ein je-
des Luͤftchen iſt mit einem angenehmen Dufte erfuͤllt. Jedoch iſt die Verzierung an
einigen Orten weit gemaͤßigter: indem der Spaziergang durch groͤßere Gehoͤlze von
immer gruͤnen Waldbaͤumen, durch Gebuͤſche von hangenden Straͤuchern, oder durch
weit anſehnlichere lichte Pflanzungen dahin laͤuft. An dem einen Platze iſt er voll-
kommen ungekuͤnſtelt, ohne einen einzigen Zuſatz, ohne Kies, ohne einige niedrige
Umzaͤunung, welche ihn von der uͤbrigen Flur abſchneiden koͤnnten; denn er unter-
ſcheidet ſich nur durch den Reichthum ſeines belebten Gruͤns, und durch die Sorg-
falt, welche man auf ſeine Erhaltung wendet. In den Saatfeldern iſt er gleich-
falls gruͤn und berafet, indem er der Richtung der Hecken folgt, welche die verſchie-
denen Stuͤcke einſchließen. Dieſe Hecken werden bisweilen durch bluͤhende Geſtraͤu-
che verdicket; und in jedem Winkel, oder offenen Platze, iſt ein Roſengebuͤſch, oder
eine bald dichtere bald zerſtreutere Menge von Baͤumen, oder auch eine Blumen-
pflanzung. Iſt aber der Boden zur Verſchoͤnerung der Felder mit großem Fleiß
zugerichtet worden; ſo hat man auf der andern Seite viele fuͤr einen Garten neue Ge-
waͤchſe von der Landgegend entlehnt; und die Straͤucher und Blumen, die man der
einen beſonders eigen zu ſeyn glaubt, ſind dem andern im reichen Ueberfluſſe mitge-
theilet worden; und ihre Anzahl ſcheinet ſich vermittelſt ihrer Ordnung in ſo vielen
und ſo verſchiedenen Gegenden zu vervielfaͤltigen. Dennoch aber wuͤrde ein einge-
ſchraͤnkterer Gebrauch derſelben beſſer, und eine weniger ausſchweifende Abwechſelung
reizender geweſen ſeyn.

Allein das Uebertriebene zeiget ſich blos in den Einfaſſungen des Spazierweges.
Die Scenen, durch welche er fuͤhret, ſind wirklich ſchoͤn, uͤberall reich, und allezeit
angenehm. Eine außerordentliche Munterkeit verbreitet ſich uͤber beyde Fluren; und

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[133/0141] einzelner Theile eines Landſitzes. ſtaͤndig etwas weniger betraͤchtliche Gegenſtaͤnde an, als Sommerhaͤuſer, Huͤtten und Bruͤcken. Indeſſen aber ſind die Gebaͤude nicht die einzigen Verſchoͤnerungen des Spa- zierganges. In einer anſehnlichen Strecke des Weges wird ihm die Ausſicht auf das Land von einer dicken und hohen Hecke benommen, welche mit Geißblatt, Jas- min und andern wohlriechenden Gewaͤchſen durchflochten iſt, deren Zweige die dich- rern Aeſte der Hecke umwinden. Ein groͤßtentheils mit Sande oder Kies bedeckter Fußſteig gehet in einer gebogenen Linie bald nahe unter der Hecke, bald in einer klei- nen Entfernung vor derſelben dahin; und der gruͤne Raſen zu beyden Seiten erhaͤlt von Gruppen niedriger Straͤucher, von Tannen, oder den kleinſten Baͤumen und oft von Blumenpflanzungen ſeine Abwechſelung. Dieſe letztern ſind nur allzu ver- ſchwenderiſch herumgeſtreut, ſo daß ſie dem Auge beynahe unangenehm werden; im Gegentheil aber erfuͤllen ſie auch die ganze Gegend mit ihren Geruͤchen, und ein je- des Luͤftchen iſt mit einem angenehmen Dufte erfuͤllt. Jedoch iſt die Verzierung an einigen Orten weit gemaͤßigter: indem der Spaziergang durch groͤßere Gehoͤlze von immer gruͤnen Waldbaͤumen, durch Gebuͤſche von hangenden Straͤuchern, oder durch weit anſehnlichere lichte Pflanzungen dahin laͤuft. An dem einen Platze iſt er voll- kommen ungekuͤnſtelt, ohne einen einzigen Zuſatz, ohne Kies, ohne einige niedrige Umzaͤunung, welche ihn von der uͤbrigen Flur abſchneiden koͤnnten; denn er unter- ſcheidet ſich nur durch den Reichthum ſeines belebten Gruͤns, und durch die Sorg- falt, welche man auf ſeine Erhaltung wendet. In den Saatfeldern iſt er gleich- falls gruͤn und berafet, indem er der Richtung der Hecken folgt, welche die verſchie- denen Stuͤcke einſchließen. Dieſe Hecken werden bisweilen durch bluͤhende Geſtraͤu- che verdicket; und in jedem Winkel, oder offenen Platze, iſt ein Roſengebuͤſch, oder eine bald dichtere bald zerſtreutere Menge von Baͤumen, oder auch eine Blumen- pflanzung. Iſt aber der Boden zur Verſchoͤnerung der Felder mit großem Fleiß zugerichtet worden; ſo hat man auf der andern Seite viele fuͤr einen Garten neue Ge- waͤchſe von der Landgegend entlehnt; und die Straͤucher und Blumen, die man der einen beſonders eigen zu ſeyn glaubt, ſind dem andern im reichen Ueberfluſſe mitge- theilet worden; und ihre Anzahl ſcheinet ſich vermittelſt ihrer Ordnung in ſo vielen und ſo verſchiedenen Gegenden zu vervielfaͤltigen. Dennoch aber wuͤrde ein einge- ſchraͤnkterer Gebrauch derſelben beſſer, und eine weniger ausſchweifende Abwechſelung reizender geweſen ſeyn. Allein das Uebertriebene zeiget ſich blos in den Einfaſſungen des Spazierweges. Die Scenen, durch welche er fuͤhret, ſind wirklich ſchoͤn, uͤberall reich, und allezeit angenehm. Eine außerordentliche Munterkeit verbreitet ſich uͤber beyde Fluren; und dieſe R 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/141>, abgerufen am 27.04.2024.