Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter
kleine Halbinsel mit einem Sonnenweiser geziert und mit einem angenehmen Sitz
im überschatteten Winkel.

Nicht weit von hier hebt sich ein aufgeworfener Hügel zum Genuß der eröffne-
ten Aussicht nach Hanau über die Ebenen, über die umherlaufenden Alleen und
Wälder hin. Er grünt von Gras, von Blumenpflanzen und Gesträuch, zwischen
welchen sich ein Pfad auf den Gipfel hinaufwindet. Hier steht ein großer halboffe-
ner Sitz, mit einem kleinen Vordach, von zwey Säulen getragen. Man ruhet hier
unter einer angenehmen Aussicht. Zunächst vor dem Auge blühende Pflanzen und
Sträucher; in der Tiefe eine sehr weit ausgebreitete Wiese, die einen trefflichen Ra-
senteppich macht, und rings umher mit Wäldern umkränzt ist; über diese erheben
sich in der Aussicht die Thürme von Hanau, dieser schönen, durch Kunstfleiß beleb-
ten, durch Sitten verfeinerten, und durch ihren Fürsten verschönerten Stadt, und
hinter ihr streckt sich in der Ferne ein hohes dunkles Gebirge empor, das den Ge-
sichtskreis schließt; näher zur Linken hin schaut das Auge über schlanke Pappeln nach
dem Fasanengarten und seinen waldigten Spaziergängen hin. Ein anmuthiger Sitz
am Abend, indem das blendende Licht der Sonne zurückweicht, und ihre sanftere
Beleuchtung von der Seite her über die Wiese und die benachbarten Wälder streift.

Die Gegend hinter dem Arcadengebäude, die fast rings umher von einem na-
hen dunkeln Wald umgeben ist, hat ebenfalls ihre Verschönerungen. Man sieht hier
Gebüsche von meistens einheimischen Hölzern gepflanzt, und darunter bejahrte Eichen
und Buchen, schlängelnde Gänge, kleine Höhen und Vertiefungen, weiß angestri-
chene Bänke, die überall den Müden erwarten, Rasen mit Strauchgruppen ver-
ziert -- einst ein schattenreicheres, noch anmuthigeres Revier. So viel Pracht und
Reiz zeigt jetzt eine Gegend, die noch vor einigen Jahren eine menschenleere Wüste
war. Wilhelmsbad ist ein geliebter Lustplatz für alle umliegende Oerter, besonders
für Hanau und Frankfurt. Man kann hier zugleich alle Arten von fremden Ge-
sundheitswassern zum Trinken, alle Arten von ländlichen Sommerergötzungen sich
wählen. *)

Ems.
*) Eine genaue und mehr ausführliche
Beschreibung dieses Orts nebst der Ge-
schichte des Baues, der Verschönerungen
u. s. w. findet man in den Briefen eines
Schweizers über das Wilhelmsbad. Neue
Aufl. 8. 1780. Demnächst in den Betrach-
[Spaltenumbruch] tungen eines Schweizers im Wilhelmsbad.
8. 1780. Der Verfasser etc. ist kein Schwei-
zer, sondern der hanauische Rath, Herr
Schäffer, ein durch Wissenschaft und
Charakter des Herzens schätzbarer Mann.

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
kleine Halbinſel mit einem Sonnenweiſer geziert und mit einem angenehmen Sitz
im uͤberſchatteten Winkel.

Nicht weit von hier hebt ſich ein aufgeworfener Huͤgel zum Genuß der eroͤffne-
ten Ausſicht nach Hanau uͤber die Ebenen, uͤber die umherlaufenden Alleen und
Waͤlder hin. Er gruͤnt von Gras, von Blumenpflanzen und Geſtraͤuch, zwiſchen
welchen ſich ein Pfad auf den Gipfel hinaufwindet. Hier ſteht ein großer halboffe-
ner Sitz, mit einem kleinen Vordach, von zwey Saͤulen getragen. Man ruhet hier
unter einer angenehmen Ausſicht. Zunaͤchſt vor dem Auge bluͤhende Pflanzen und
Straͤucher; in der Tiefe eine ſehr weit ausgebreitete Wieſe, die einen trefflichen Ra-
ſenteppich macht, und rings umher mit Waͤldern umkraͤnzt iſt; uͤber dieſe erheben
ſich in der Ausſicht die Thuͤrme von Hanau, dieſer ſchoͤnen, durch Kunſtfleiß beleb-
ten, durch Sitten verfeinerten, und durch ihren Fuͤrſten verſchoͤnerten Stadt, und
hinter ihr ſtreckt ſich in der Ferne ein hohes dunkles Gebirge empor, das den Ge-
ſichtskreis ſchließt; naͤher zur Linken hin ſchaut das Auge uͤber ſchlanke Pappeln nach
dem Faſanengarten und ſeinen waldigten Spaziergaͤngen hin. Ein anmuthiger Sitz
am Abend, indem das blendende Licht der Sonne zuruͤckweicht, und ihre ſanftere
Beleuchtung von der Seite her uͤber die Wieſe und die benachbarten Waͤlder ſtreift.

Die Gegend hinter dem Arcadengebaͤude, die faſt rings umher von einem na-
hen dunkeln Wald umgeben iſt, hat ebenfalls ihre Verſchoͤnerungen. Man ſieht hier
Gebuͤſche von meiſtens einheimiſchen Hoͤlzern gepflanzt, und darunter bejahrte Eichen
und Buchen, ſchlaͤngelnde Gaͤnge, kleine Hoͤhen und Vertiefungen, weiß angeſtri-
chene Baͤnke, die uͤberall den Muͤden erwarten, Raſen mit Strauchgruppen ver-
ziert — einſt ein ſchattenreicheres, noch anmuthigeres Revier. So viel Pracht und
Reiz zeigt jetzt eine Gegend, die noch vor einigen Jahren eine menſchenleere Wuͤſte
war. Wilhelmsbad iſt ein geliebter Luſtplatz fuͤr alle umliegende Oerter, beſonders
fuͤr Hanau und Frankfurt. Man kann hier zugleich alle Arten von fremden Ge-
ſundheitswaſſern zum Trinken, alle Arten von laͤndlichen Sommerergoͤtzungen ſich
waͤhlen. *)

Ems.
*) Eine genaue und mehr ausfuͤhrliche
Beſchreibung dieſes Orts nebſt der Ge-
ſchichte des Baues, der Verſchoͤnerungen
u. ſ. w. findet man in den Briefen eines
Schweizers uͤber das Wilhelmsbad. Neue
Aufl. 8. 1780. Demnaͤchſt in den Betrach-
[Spaltenumbruch] tungen eines Schweizers im Wilhelmsbad.
8. 1780. Der Verfaſſer ꝛc. iſt kein Schwei-
zer, ſondern der hanauiſche Rath, Herr
Schaͤffer, ein durch Wiſſenſchaft und
Charakter des Herzens ſchaͤtzbarer Mann.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0114" n="106"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebenter Ab&#x017F;chnitt. Ga&#x0364;rten, deren Charakter</hi></fw><lb/>
kleine Halbin&#x017F;el mit einem Sonnenwei&#x017F;er geziert und mit einem angenehmen Sitz<lb/>
im u&#x0364;ber&#x017F;chatteten Winkel.</p><lb/>
                <p>Nicht weit von hier hebt &#x017F;ich ein aufgeworfener Hu&#x0364;gel zum Genuß der ero&#x0364;ffne-<lb/>
ten Aus&#x017F;icht nach <hi rendition="#fr">Hanau</hi> u&#x0364;ber die Ebenen, u&#x0364;ber die umherlaufenden Alleen und<lb/>
Wa&#x0364;lder hin. Er gru&#x0364;nt von Gras, von Blumenpflanzen und Ge&#x017F;tra&#x0364;uch, zwi&#x017F;chen<lb/>
welchen &#x017F;ich ein Pfad auf den Gipfel hinaufwindet. Hier &#x017F;teht ein großer halboffe-<lb/>
ner Sitz, mit einem kleinen Vordach, von zwey Sa&#x0364;ulen getragen. Man ruhet hier<lb/>
unter einer angenehmen Aus&#x017F;icht. Zuna&#x0364;ch&#x017F;t vor dem Auge blu&#x0364;hende Pflanzen und<lb/>
Stra&#x0364;ucher; in der Tiefe eine &#x017F;ehr weit ausgebreitete Wie&#x017F;e, die einen trefflichen Ra-<lb/>
&#x017F;enteppich macht, und rings umher mit Wa&#x0364;ldern umkra&#x0364;nzt i&#x017F;t; u&#x0364;ber die&#x017F;e erheben<lb/>
&#x017F;ich in der Aus&#x017F;icht die Thu&#x0364;rme von <hi rendition="#fr">Hanau,</hi> die&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nen, durch Kun&#x017F;tfleiß beleb-<lb/>
ten, durch Sitten verfeinerten, und durch ihren Fu&#x0364;r&#x017F;ten ver&#x017F;cho&#x0364;nerten Stadt, und<lb/>
hinter ihr &#x017F;treckt &#x017F;ich in der Ferne ein hohes dunkles Gebirge empor, das den Ge-<lb/>
&#x017F;ichtskreis &#x017F;chließt; na&#x0364;her zur Linken hin &#x017F;chaut das Auge u&#x0364;ber &#x017F;chlanke Pappeln nach<lb/>
dem Fa&#x017F;anengarten und &#x017F;einen waldigten Spazierga&#x0364;ngen hin. Ein anmuthiger Sitz<lb/>
am Abend, indem das blendende Licht der Sonne zuru&#x0364;ckweicht, und ihre &#x017F;anftere<lb/>
Beleuchtung von der Seite her u&#x0364;ber die Wie&#x017F;e und die benachbarten Wa&#x0364;lder &#x017F;treift.</p><lb/>
                <p>Die Gegend hinter dem Arcadengeba&#x0364;ude, die fa&#x017F;t rings umher von einem na-<lb/>
hen dunkeln Wald umgeben i&#x017F;t, hat ebenfalls ihre Ver&#x017F;cho&#x0364;nerungen. Man &#x017F;ieht hier<lb/>
Gebu&#x0364;&#x017F;che von mei&#x017F;tens einheimi&#x017F;chen Ho&#x0364;lzern gepflanzt, und darunter bejahrte Eichen<lb/>
und Buchen, &#x017F;chla&#x0364;ngelnde Ga&#x0364;nge, kleine Ho&#x0364;hen und Vertiefungen, weiß ange&#x017F;tri-<lb/>
chene Ba&#x0364;nke, die u&#x0364;berall den Mu&#x0364;den erwarten, Ra&#x017F;en mit Strauchgruppen ver-<lb/>
ziert &#x2014; ein&#x017F;t ein &#x017F;chattenreicheres, noch anmuthigeres Revier. So viel Pracht und<lb/>
Reiz zeigt jetzt eine Gegend, die noch vor einigen Jahren eine men&#x017F;chenleere Wu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
war. <hi rendition="#fr">Wilhelmsbad</hi> i&#x017F;t ein geliebter Lu&#x017F;tplatz fu&#x0364;r alle umliegende Oerter, be&#x017F;onders<lb/>
fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">Hanau</hi> und <hi rendition="#fr">Frankfurt.</hi> Man kann hier zugleich alle Arten von fremden Ge-<lb/>
&#x017F;undheitswa&#x017F;&#x017F;ern zum Trinken, alle Arten von la&#x0364;ndlichen Sommerergo&#x0364;tzungen &#x017F;ich<lb/>
wa&#x0364;hlen. <note place="foot" n="*)">Eine genaue und mehr ausfu&#x0364;hrliche<lb/>
Be&#x017F;chreibung die&#x017F;es Orts neb&#x017F;t der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte des Baues, der Ver&#x017F;cho&#x0364;nerungen<lb/>
u. &#x017F;. w. findet man in den Briefen eines<lb/>
Schweizers u&#x0364;ber das Wilhelmsbad. Neue<lb/>
Aufl. 8. 1780. Demna&#x0364;ch&#x017F;t in den Betrach-<lb/><cb/>
tungen eines Schweizers im Wilhelmsbad.<lb/>
8. 1780. Der Verfa&#x017F;&#x017F;er &#xA75B;c. i&#x017F;t kein Schwei-<lb/>
zer, &#x017F;ondern der hanaui&#x017F;che Rath, Herr<lb/>
Scha&#x0364;ffer, ein durch Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft und<lb/>
Charakter des Herzens &#x017F;cha&#x0364;tzbarer Mann.</note></p>
              </div><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ems.</hi> </fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0114] Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter kleine Halbinſel mit einem Sonnenweiſer geziert und mit einem angenehmen Sitz im uͤberſchatteten Winkel. Nicht weit von hier hebt ſich ein aufgeworfener Huͤgel zum Genuß der eroͤffne- ten Ausſicht nach Hanau uͤber die Ebenen, uͤber die umherlaufenden Alleen und Waͤlder hin. Er gruͤnt von Gras, von Blumenpflanzen und Geſtraͤuch, zwiſchen welchen ſich ein Pfad auf den Gipfel hinaufwindet. Hier ſteht ein großer halboffe- ner Sitz, mit einem kleinen Vordach, von zwey Saͤulen getragen. Man ruhet hier unter einer angenehmen Ausſicht. Zunaͤchſt vor dem Auge bluͤhende Pflanzen und Straͤucher; in der Tiefe eine ſehr weit ausgebreitete Wieſe, die einen trefflichen Ra- ſenteppich macht, und rings umher mit Waͤldern umkraͤnzt iſt; uͤber dieſe erheben ſich in der Ausſicht die Thuͤrme von Hanau, dieſer ſchoͤnen, durch Kunſtfleiß beleb- ten, durch Sitten verfeinerten, und durch ihren Fuͤrſten verſchoͤnerten Stadt, und hinter ihr ſtreckt ſich in der Ferne ein hohes dunkles Gebirge empor, das den Ge- ſichtskreis ſchließt; naͤher zur Linken hin ſchaut das Auge uͤber ſchlanke Pappeln nach dem Faſanengarten und ſeinen waldigten Spaziergaͤngen hin. Ein anmuthiger Sitz am Abend, indem das blendende Licht der Sonne zuruͤckweicht, und ihre ſanftere Beleuchtung von der Seite her uͤber die Wieſe und die benachbarten Waͤlder ſtreift. Die Gegend hinter dem Arcadengebaͤude, die faſt rings umher von einem na- hen dunkeln Wald umgeben iſt, hat ebenfalls ihre Verſchoͤnerungen. Man ſieht hier Gebuͤſche von meiſtens einheimiſchen Hoͤlzern gepflanzt, und darunter bejahrte Eichen und Buchen, ſchlaͤngelnde Gaͤnge, kleine Hoͤhen und Vertiefungen, weiß angeſtri- chene Baͤnke, die uͤberall den Muͤden erwarten, Raſen mit Strauchgruppen ver- ziert — einſt ein ſchattenreicheres, noch anmuthigeres Revier. So viel Pracht und Reiz zeigt jetzt eine Gegend, die noch vor einigen Jahren eine menſchenleere Wuͤſte war. Wilhelmsbad iſt ein geliebter Luſtplatz fuͤr alle umliegende Oerter, beſonders fuͤr Hanau und Frankfurt. Man kann hier zugleich alle Arten von fremden Ge- ſundheitswaſſern zum Trinken, alle Arten von laͤndlichen Sommerergoͤtzungen ſich waͤhlen. *) Ems. *) Eine genaue und mehr ausfuͤhrliche Beſchreibung dieſes Orts nebſt der Ge- ſchichte des Baues, der Verſchoͤnerungen u. ſ. w. findet man in den Briefen eines Schweizers uͤber das Wilhelmsbad. Neue Aufl. 8. 1780. Demnaͤchſt in den Betrach- tungen eines Schweizers im Wilhelmsbad. 8. 1780. Der Verfaſſer ꝛc. iſt kein Schwei- zer, ſondern der hanauiſche Rath, Herr Schaͤffer, ein durch Wiſſenſchaft und Charakter des Herzens ſchaͤtzbarer Mann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/114
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/114>, abgerufen am 21.11.2024.