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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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Siebenter Abschnitt. Gärten, deren Charakter
Frühstück, zur Unterredung, zum Spiel; und in dem letztern kleinern Saal stehen
zwey Billardtische. Diese drey Säle haben durch große Glasthüren mit einander
Verbindung. In dem zweyten und dritten Stockwerk, welches letztere schon die
Mansarde ist, sind auf beyden Seiten große, bequeme und schöne Wohnzimmer, alle
tapezirt; ein breiter heller Gang läuft zwischen diesen Wohnzimmern durch die ganze
Länge des Gebäudes hin und bildet gleichsam einen prächtigen gemeinschaftlichen Vor-
saal. In den Pavillons neben dem Arcadenhause befinden sich ebenfalls gute Woh-
nungen. Vor dem Arcadenhaus liegt ein großer freyer Platz mit Sitzen; und dem-
nächst das Brunnenhaus oder der offene Tempel des Aesculap, unten die minerali-
sche Quelle, oben die Statue des Gottes, von kleinen Kindergruppen umgeben, wel-
che die vier Elemente und den Frühling und Sommer vorstellen.

Um die Gebäude laufen von allen Seiten große Alleen, die Zugänge sind, und
zugleich mit den übrigen Anlagen in Verbindung stehen. Aus den Sälen des Arca-
denhauses tritt man hinten gleich in einen großen schattenreichen Bogengang, der sich
von einem Ende des Gebäudes zu dem andern um einen Rasen herumwindet, und zur
Seite einige Kabinette und Tische hat. Gleich an der linken Seite dieses Gebäudes
schattet eine vierfache Reihe von hohen schönen abendländischen Platanen, die noch be-
sonders für die Zukunft einen herrlichen Spaziergang versprechen. Zur Rechten am
Ende der Gebäude liegt ein sehr ansehnlicher Quincunx von hohen Linden, wo die
Spaziergänger zugleich mit sanften ländlichen Aussichten über eine bebauete Ebene,
und besonders mit dem Anblick einer schönen Meyerey, die in einiger Entfernung ma-
lerisch vor einem dunklen Walde ruht, unterhalten werden.

Wilhelmsbad liegt in einer zwar flachen, aber angenehmen Gegend, in-
dem sie rings umher von Wäldern umkränzt ist. Sowohl von der Vorderseite des
Arcadenhauses an, als auch hinter ihm verbreiten sich die Anlagen der Spaziergänge
fast im Geschmack eines englischen Gartens.

Vor dem Arcadenhause erstreckt sich ein ziemlich ansehnlicher Wald von Eichen,
der jedoch viele große Zwischenräume hat, worinn Pflanzungen von mancherley ein-
heimischen und ausländischen Bäumen und Gesträuchen angelegt und mit Blumen-
stauden vermischt sind. Zur Abwechselung des Spazierganges und der Aussichten
sind Vertiefungen und Anhöhen gemacht. Diese werden sich besser ausnehmen, wenn
erst ihre Bepflanzung angewachsen ist. Die Gänge winden sich zwischen ihnen um-
her, steigen und senken sich wieder, und sind gut mit einander verbunden. Die Pflan-
zung ist noch jung und wird in der Folge den Schatten vermehren helfen, den jetzt die
hohen Eichen um sich her verbreiten. Sie ist, um sich dem Wilden des Waldes zu
nähern, mehr nachläßig hingeworfen, als malerisch angelegt. Die Spaziergänge

sind

Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter
Fruͤhſtuͤck, zur Unterredung, zum Spiel; und in dem letztern kleinern Saal ſtehen
zwey Billardtiſche. Dieſe drey Saͤle haben durch große Glasthuͤren mit einander
Verbindung. In dem zweyten und dritten Stockwerk, welches letztere ſchon die
Manſarde iſt, ſind auf beyden Seiten große, bequeme und ſchoͤne Wohnzimmer, alle
tapezirt; ein breiter heller Gang laͤuft zwiſchen dieſen Wohnzimmern durch die ganze
Laͤnge des Gebaͤudes hin und bildet gleichſam einen praͤchtigen gemeinſchaftlichen Vor-
ſaal. In den Pavillons neben dem Arcadenhauſe befinden ſich ebenfalls gute Woh-
nungen. Vor dem Arcadenhaus liegt ein großer freyer Platz mit Sitzen; und dem-
naͤchſt das Brunnenhaus oder der offene Tempel des Aeſculap, unten die minerali-
ſche Quelle, oben die Statue des Gottes, von kleinen Kindergruppen umgeben, wel-
che die vier Elemente und den Fruͤhling und Sommer vorſtellen.

Um die Gebaͤude laufen von allen Seiten große Alleen, die Zugaͤnge ſind, und
zugleich mit den uͤbrigen Anlagen in Verbindung ſtehen. Aus den Saͤlen des Arca-
denhauſes tritt man hinten gleich in einen großen ſchattenreichen Bogengang, der ſich
von einem Ende des Gebaͤudes zu dem andern um einen Raſen herumwindet, und zur
Seite einige Kabinette und Tiſche hat. Gleich an der linken Seite dieſes Gebaͤudes
ſchattet eine vierfache Reihe von hohen ſchoͤnen abendlaͤndiſchen Platanen, die noch be-
ſonders fuͤr die Zukunft einen herrlichen Spaziergang verſprechen. Zur Rechten am
Ende der Gebaͤude liegt ein ſehr anſehnlicher Quincunx von hohen Linden, wo die
Spaziergaͤnger zugleich mit ſanften laͤndlichen Ausſichten uͤber eine bebauete Ebene,
und beſonders mit dem Anblick einer ſchoͤnen Meyerey, die in einiger Entfernung ma-
leriſch vor einem dunklen Walde ruht, unterhalten werden.

Wilhelmsbad liegt in einer zwar flachen, aber angenehmen Gegend, in-
dem ſie rings umher von Waͤldern umkraͤnzt iſt. Sowohl von der Vorderſeite des
Arcadenhauſes an, als auch hinter ihm verbreiten ſich die Anlagen der Spaziergaͤnge
faſt im Geſchmack eines engliſchen Gartens.

Vor dem Arcadenhauſe erſtreckt ſich ein ziemlich anſehnlicher Wald von Eichen,
der jedoch viele große Zwiſchenraͤume hat, worinn Pflanzungen von mancherley ein-
heimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Geſtraͤuchen angelegt und mit Blumen-
ſtauden vermiſcht ſind. Zur Abwechſelung des Spazierganges und der Ausſichten
ſind Vertiefungen und Anhoͤhen gemacht. Dieſe werden ſich beſſer ausnehmen, wenn
erſt ihre Bepflanzung angewachſen iſt. Die Gaͤnge winden ſich zwiſchen ihnen um-
her, ſteigen und ſenken ſich wieder, und ſind gut mit einander verbunden. Die Pflan-
zung iſt noch jung und wird in der Folge den Schatten vermehren helfen, den jetzt die
hohen Eichen um ſich her verbreiten. Sie iſt, um ſich dem Wilden des Waldes zu
naͤhern, mehr nachlaͤßig hingeworfen, als maleriſch angelegt. Die Spaziergaͤnge

ſind
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[104/0112] Siebenter Abſchnitt. Gaͤrten, deren Charakter Fruͤhſtuͤck, zur Unterredung, zum Spiel; und in dem letztern kleinern Saal ſtehen zwey Billardtiſche. Dieſe drey Saͤle haben durch große Glasthuͤren mit einander Verbindung. In dem zweyten und dritten Stockwerk, welches letztere ſchon die Manſarde iſt, ſind auf beyden Seiten große, bequeme und ſchoͤne Wohnzimmer, alle tapezirt; ein breiter heller Gang laͤuft zwiſchen dieſen Wohnzimmern durch die ganze Laͤnge des Gebaͤudes hin und bildet gleichſam einen praͤchtigen gemeinſchaftlichen Vor- ſaal. In den Pavillons neben dem Arcadenhauſe befinden ſich ebenfalls gute Woh- nungen. Vor dem Arcadenhaus liegt ein großer freyer Platz mit Sitzen; und dem- naͤchſt das Brunnenhaus oder der offene Tempel des Aeſculap, unten die minerali- ſche Quelle, oben die Statue des Gottes, von kleinen Kindergruppen umgeben, wel- che die vier Elemente und den Fruͤhling und Sommer vorſtellen. Um die Gebaͤude laufen von allen Seiten große Alleen, die Zugaͤnge ſind, und zugleich mit den uͤbrigen Anlagen in Verbindung ſtehen. Aus den Saͤlen des Arca- denhauſes tritt man hinten gleich in einen großen ſchattenreichen Bogengang, der ſich von einem Ende des Gebaͤudes zu dem andern um einen Raſen herumwindet, und zur Seite einige Kabinette und Tiſche hat. Gleich an der linken Seite dieſes Gebaͤudes ſchattet eine vierfache Reihe von hohen ſchoͤnen abendlaͤndiſchen Platanen, die noch be- ſonders fuͤr die Zukunft einen herrlichen Spaziergang verſprechen. Zur Rechten am Ende der Gebaͤude liegt ein ſehr anſehnlicher Quincunx von hohen Linden, wo die Spaziergaͤnger zugleich mit ſanften laͤndlichen Ausſichten uͤber eine bebauete Ebene, und beſonders mit dem Anblick einer ſchoͤnen Meyerey, die in einiger Entfernung ma- leriſch vor einem dunklen Walde ruht, unterhalten werden. Wilhelmsbad liegt in einer zwar flachen, aber angenehmen Gegend, in- dem ſie rings umher von Waͤldern umkraͤnzt iſt. Sowohl von der Vorderſeite des Arcadenhauſes an, als auch hinter ihm verbreiten ſich die Anlagen der Spaziergaͤnge faſt im Geſchmack eines engliſchen Gartens. Vor dem Arcadenhauſe erſtreckt ſich ein ziemlich anſehnlicher Wald von Eichen, der jedoch viele große Zwiſchenraͤume hat, worinn Pflanzungen von mancherley ein- heimiſchen und auslaͤndiſchen Baͤumen und Geſtraͤuchen angelegt und mit Blumen- ſtauden vermiſcht ſind. Zur Abwechſelung des Spazierganges und der Ausſichten ſind Vertiefungen und Anhoͤhen gemacht. Dieſe werden ſich beſſer ausnehmen, wenn erſt ihre Bepflanzung angewachſen iſt. Die Gaͤnge winden ſich zwiſchen ihnen um- her, ſteigen und ſenken ſich wieder, und ſind gut mit einander verbunden. Die Pflan- zung iſt noch jung und wird in der Folge den Schatten vermehren helfen, den jetzt die hohen Eichen um ſich her verbreiten. Sie iſt, um ſich dem Wilden des Waldes zu naͤhern, mehr nachlaͤßig hingeworfen, als maleriſch angelegt. Die Spaziergaͤnge ſind

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/112>, abgerufen am 27.04.2024.