Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.Anhang. Beschreibungen Der Tempel steht auf einer Erhöhung, umflossen von einem kleinen Wasser, worübereine Brücke führt. Die nahen Waldbäume spiegeln sich in dem Wasser, und vom Winde belebt streut es den Wiederschein seiner spielenden Bewegung an die Decke der mit Gewölken bemalten Kuppel hinauf, die davon, wie vom Hauch der Natur, umherzuwallen scheinen. Von diesem Tempel führt ein Weg zum nahen Philippsberg, der außer der Wir kehren in den Wald des Parks zurück, und sehen wieder manche schöne, mit
Anhang. Beſchreibungen Der Tempel ſteht auf einer Erhoͤhung, umfloſſen von einem kleinen Waſſer, woruͤbereine Bruͤcke fuͤhrt. Die nahen Waldbaͤume ſpiegeln ſich in dem Waſſer, und vom Winde belebt ſtreut es den Wiederſchein ſeiner ſpielenden Bewegung an die Decke der mit Gewoͤlken bemalten Kuppel hinauf, die davon, wie vom Hauch der Natur, umherzuwallen ſcheinen. Von dieſem Tempel fuͤhrt ein Weg zum nahen Philippsberg, der außer der Wir kehren in den Wald des Parks zuruͤck, und ſehen wieder manche ſchoͤne, mit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0192" n="188"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang. Beſchreibungen</hi></fw><lb/> Der Tempel ſteht auf einer Erhoͤhung, umfloſſen von einem kleinen Waſſer, woruͤber<lb/> eine Bruͤcke fuͤhrt. Die nahen Waldbaͤume ſpiegeln ſich in dem Waſſer, und vom<lb/> Winde belebt ſtreut es den Wiederſchein ſeiner ſpielenden Bewegung an die Decke<lb/> der mit Gewoͤlken bemalten Kuppel hinauf, die davon, wie vom Hauch der Natur,<lb/> umherzuwallen ſcheinen.</p><lb/> <p>Von dieſem Tempel fuͤhrt ein Weg zum nahen <hi rendition="#fr">Philippsberg</hi>, der außer der<lb/> Graͤnzlinie des Waldes liegt. Nach einigen uͤber ein Kornfeld zuruͤckgelegten Schrit-<lb/> ten befindet man ſich zwiſchen einigen kleinen Huͤgeln, von einer Gruppe von Eichen<lb/> uͤberſchattet. Man wendet ſich links zu einem freyen Huͤgel hinauf, wo eine wilde<lb/> Laube zum Sitzen einladet. Eine herrliche Ausſicht glaͤnzt auf dieſer Hoͤhe den Bli-<lb/> cken entgegen. Gerade aus verbreitet ſich ein weites Gefilde bis zum Waſſer hinab.<lb/> Zur Linken iſt es von den Waldbaͤumen des Parks in einem halben Zirkel umkroͤnt;<lb/> uͤber dieſen waldigten Kranz ſieht man in der Mitte, wo er ſich mit niedrigem Gebuͤſch<lb/> ſenkt, das Waſſer wieder hervorglaͤnzen, und jenſeits in gerader Ausſicht einen Wald<lb/> ruhn; an ſeiner Seite ſchaut die Stadt <hi rendition="#fr">Sonderburg</hi> aus einer großen Strecke von<lb/> Laͤndereyen heruͤber. Gerade von dem Sitz erblickt man jenſeits des Gewaͤſſers eine<lb/> reich bebauete Landſchaft mit Baͤumen und Gebuͤſchen anmuthig ſchattirt; und zur<lb/> Rechten erheben ſich zwey anſehnliche Waldungen, wohin die blauen Wellen ſpielen,<lb/> die ſeitwaͤrts hin, wo ſich die große Maſſe von Waſſer immer mehr erweitert, an das<lb/> flache Ufer der fernen Landſchaft ſich verlieren. Anmuthig iſt es von dieſem Huͤgel zu<lb/> ſchauen, wie die ſich neigende Sonne unmittelbar uͤber dem Meerbuſen zu hangen<lb/> ſcheint, der ſich in ihren Strahlen badet; wie ſie bald nachher, indem ſie tiefer ſinkt,<lb/> uͤber die Spitzen der beyden entfernten Waldungen eine goldene Beleuchtung ausſtreuet,<lb/> die ſich mit ſanfterm Lichte in den Fluten verlaͤngert; wie darauf die leichten Gewoͤlke<lb/> immer mehr ins Graue hinuͤberdaͤmmern, und herab von dem roſenfarbigten Himmel,<lb/> woran allmaͤlig die blendenden Farben ſterben, ſich in dem ſtillen Gewaͤſſer beſchauen.<lb/> Alles ruhet in der Abendfeyer. Die Landſchaft, das Waſſer und der Himmel ſcheinen<lb/> in dem feyerlichen Schimmer zu zerfließen. Indeſſen erfriſcht ſich die Phantaſie an<lb/> dem Gewaͤſſer und an den wandelbaren Bildern der Gewoͤlke, die ſanfter darinn wie-<lb/> derſcheinen; fliegt dann hinuͤber, ſchwebt uͤber der Dunkelheit der ruhenden Waͤlder,<lb/> und wiegt ſich in holden Traͤumen.</p><lb/> <p>Wir kehren in den Wald des Parks zuruͤck, und ſehen wieder manche ſchoͤne,<lb/> junge, friſch aufſchießende Buchengebuͤſche zwiſchen den majeſtaͤtiſchen Waldbaͤumen,<lb/> aus deren bejahrtem Gipfel die Holztaube ihre Liebesklagen herabgurgelt. Dieſe an-<lb/> muthigen Gebuͤſche verſchließen wieder die Oeffnungen, die hie und da die zweigloſen<lb/> Unterſtaͤmme laſſen; und die einfallenden Lichter beleben das hellere Gruͤn der Buchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [188/0192]
Anhang. Beſchreibungen
Der Tempel ſteht auf einer Erhoͤhung, umfloſſen von einem kleinen Waſſer, woruͤber
eine Bruͤcke fuͤhrt. Die nahen Waldbaͤume ſpiegeln ſich in dem Waſſer, und vom
Winde belebt ſtreut es den Wiederſchein ſeiner ſpielenden Bewegung an die Decke
der mit Gewoͤlken bemalten Kuppel hinauf, die davon, wie vom Hauch der Natur,
umherzuwallen ſcheinen.
Von dieſem Tempel fuͤhrt ein Weg zum nahen Philippsberg, der außer der
Graͤnzlinie des Waldes liegt. Nach einigen uͤber ein Kornfeld zuruͤckgelegten Schrit-
ten befindet man ſich zwiſchen einigen kleinen Huͤgeln, von einer Gruppe von Eichen
uͤberſchattet. Man wendet ſich links zu einem freyen Huͤgel hinauf, wo eine wilde
Laube zum Sitzen einladet. Eine herrliche Ausſicht glaͤnzt auf dieſer Hoͤhe den Bli-
cken entgegen. Gerade aus verbreitet ſich ein weites Gefilde bis zum Waſſer hinab.
Zur Linken iſt es von den Waldbaͤumen des Parks in einem halben Zirkel umkroͤnt;
uͤber dieſen waldigten Kranz ſieht man in der Mitte, wo er ſich mit niedrigem Gebuͤſch
ſenkt, das Waſſer wieder hervorglaͤnzen, und jenſeits in gerader Ausſicht einen Wald
ruhn; an ſeiner Seite ſchaut die Stadt Sonderburg aus einer großen Strecke von
Laͤndereyen heruͤber. Gerade von dem Sitz erblickt man jenſeits des Gewaͤſſers eine
reich bebauete Landſchaft mit Baͤumen und Gebuͤſchen anmuthig ſchattirt; und zur
Rechten erheben ſich zwey anſehnliche Waldungen, wohin die blauen Wellen ſpielen,
die ſeitwaͤrts hin, wo ſich die große Maſſe von Waſſer immer mehr erweitert, an das
flache Ufer der fernen Landſchaft ſich verlieren. Anmuthig iſt es von dieſem Huͤgel zu
ſchauen, wie die ſich neigende Sonne unmittelbar uͤber dem Meerbuſen zu hangen
ſcheint, der ſich in ihren Strahlen badet; wie ſie bald nachher, indem ſie tiefer ſinkt,
uͤber die Spitzen der beyden entfernten Waldungen eine goldene Beleuchtung ausſtreuet,
die ſich mit ſanfterm Lichte in den Fluten verlaͤngert; wie darauf die leichten Gewoͤlke
immer mehr ins Graue hinuͤberdaͤmmern, und herab von dem roſenfarbigten Himmel,
woran allmaͤlig die blendenden Farben ſterben, ſich in dem ſtillen Gewaͤſſer beſchauen.
Alles ruhet in der Abendfeyer. Die Landſchaft, das Waſſer und der Himmel ſcheinen
in dem feyerlichen Schimmer zu zerfließen. Indeſſen erfriſcht ſich die Phantaſie an
dem Gewaͤſſer und an den wandelbaren Bildern der Gewoͤlke, die ſanfter darinn wie-
derſcheinen; fliegt dann hinuͤber, ſchwebt uͤber der Dunkelheit der ruhenden Waͤlder,
und wiegt ſich in holden Traͤumen.
Wir kehren in den Wald des Parks zuruͤck, und ſehen wieder manche ſchoͤne,
junge, friſch aufſchießende Buchengebuͤſche zwiſchen den majeſtaͤtiſchen Waldbaͤumen,
aus deren bejahrtem Gipfel die Holztaube ihre Liebesklagen herabgurgelt. Dieſe an-
muthigen Gebuͤſche verſchließen wieder die Oeffnungen, die hie und da die zweigloſen
Unterſtaͤmme laſſen; und die einfallenden Lichter beleben das hellere Gruͤn der Buchen
mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |